Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 89
Mag. Manfred Juraczka: Wollen Sie eine Erhöhung?) - Ja, das wird schon noch kommen. Es könnte sein, dass ich das will. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich frag ja nur!)
Sie haben das ja anders formuliert. Die ÖVP hat formuliert: Wohlstand für alle, das darf es auf keinen Fall sein! - Ich sage: Armut für irgendjemanden soll es nicht sein! - Sie sagen: Wohlstand für alle darf es nicht sein. - Ich mache die Grenze woanders. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Ich hab gesagt, den kann man nicht staatlich verordnen! - Zuhören! Zuhören!)
Nein, weil der Mensch ein Mensch ist, hat er verdient, dass es Mindeststandards gibt, über die alle kommen!
So, jetzt nehme ich die Gabriele Fischer, das ist die Vorsitzende der Plattform für Alleinerziehende. Jetzt müssen wir alle Gruppen durchdeklinieren. Es sind viele Gruppen betroffen bei der Mindestsicherung. Besonders schnell bist du betroffen, wenn du alleinerziehend bist. Da genügt es schon, alleinerziehend mit einem Kind zu sein. Beinahe die Hälfte der AlleinerzieherInnen lebt in Österreich unter der Armutsgrenze. Das sind zu 90 Prozent Frauen, ja. Das sind schon einmal viele.
Mittlerweile haben wir auch durch die zitierte Wifo-Studie, die nicht - das war ein Irrtum von meinem Vorredner - irgendwie im freischaffenden Raum gemacht wurde, sondern die in Auftrag gegeben wurde von der MA 24, einen Haufen zusätzliche Informationen, die da versickern. Die Fakten interessieren aber vielleicht andere, zum Beispiel: Wie viele kriegen denn mehr als 1.500 EUR im Monat? - Na praktisch alle, denn alle haben 10 oder 11 Kinder und was weiß ich. - Nein: 2 Prozent von allen Bedarfsgemeinschaften kriegen 1.500 EUR, und 98 Prozent kriegen eben weniger. Da sieht man schon, dass man gar nicht über das Volumen und über die Einsparungsmöglichkeiten redet, sondern dass das eine Attacke prinzipiell auf das Instrument der Mindestsicherung, auf das Instrument Armutsverhinderung ist. Denn ums Geld geht es dort nicht. Wissen Sie, wie viel das in manchen Bundesländern ausmacht, wie etwa in Vorarlberg? - So wenig! Da ist kein Geld mehr dort! - Bei uns, bei 2 Prozent ist alles Geld, das ist schon richtig. Aber mich würde ja interessieren, mit wie viel Geld Ihrer Meinung nach eine Familie, die sechs Kinder hat, auskommen soll. Ich weiß es nicht. Sollen die weniger haben, als Sie haben? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Sie wissen aber schon, dass bei den 1.500 die Familienbeihilfe dazukommt?)
Soll eine Familie, die sechs Kinder hat, weniger Einkommen haben als der Herr Blümel alleine? Soll das so sein? Zu sechst, zu siebent? (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Es darf Unterschiede geben!) - Ja, natürlich gibt es Unterschiede. Aber mit wie wenig soll denn jemand auskommen müssen? Das definieren Sie nie! Sie greifen einfach das System an, und dann wird es zusammengeschossen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Ja, weil wir es nicht für alle …) Nur: Es wird ja auch nicht fertiggedacht, was am Ende herauskommen soll, denn Einsparungen werden das ja am Ende keine sein, aber das ist wieder ein anderer Kaffee.
So, die Gabriele Fischer, Vorsitzende der Plattform für Alleinerziehende, sagt: 16 Prozent aller Bezieherinnen der Mindestsicherung sind alleinerziehend, jede zweite Alleinerziehende ist armutsgefährdet; und das - und das ist interessant bei dieser Studie - obwohl Frauen, die alleinerziehend sind, eine höhere Erwerbsquote haben als Frauen in Partnerschaften. Das habe ich auch nicht gewusst und hätte ich auch nicht geglaubt. Das hängt natürlich damit zusammen, dass du, wenn du alleine bist und nichts arbeitest, überhaupt nicht mehr davonkommst, dass sich gar nichts mehr ausgeht. Die sind nicht alle Vollzeit tätig, aber die haben eine höhere Erwerbsquote - um ein paar Prozentpunkte, aber tatsächlich eine höhere Erwerbsquote - als Frauen in Partnerschaften, weil man eben mit eineinhalb Einkommen besser über die Runden kommt, als wenn man alleine zuständig ist. Das ist schon mal eine kleine Überraschung, und es kann sich jeder vorstellen, was das bedeutet, wenn man alleine ein Kind erzieht und dann noch arbeitet, wie viel Zeit da noch übrig bleibt für irgendetwas wie ein Privatleben, abseits der Familie zu Hause.
Diese Gabriele Fischer hat tatsächlich den Nerv - das klingt wahrscheinlich unverschämt für viele - zu sagen, die Mindestsicherung gehört - wobei sie das auf die Alleinerziehenden bezogen hat - erhöht. Es ist ja momentan total unverschämt, so etwas auch nur zu denken, geschweige denn, dass jemand sagt, sorry, ihr gebt mir so wenig, ich habe echte Schwierigkeiten damit, ich komme nicht durch.
Jetzt müsste man natürlich eine ganze Litanei machen mit Vermögen, mit Steuerbetrug und dann von mir aus mit Sozialmissbrauch. Dann kommt man mit allen Studien quer durch Europa. Ja, das gibt es, überall, wo man etwas anbietet, gibt es irgendjemanden, der etwas tut, was er nicht tun darf. Es ist einfach. Es fahren Leute schnell Auto, es fahren Leute alkoholisiert. Ich bringe auch nicht alle Beispiele.
Es gibt Politiker, über die man jetzt in der Zeitung schreibt, die 4.500 EUR pro Monat wahrscheinlich bekommen haben, um das Glücksspielgesetz zu befördern. Heute haben wir über Wettbüros geredet und haben uns die Frage gestellt: Wer hat denn etwas davon? Ich weiß nicht, ob es alle schon gelesen haben. Lesen Sie „News“ morgen! Wieder mal ein Blau-Oranger. Wurscht, hat damit nichts zu tun. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Wie ist das bei den Widmungen?) Ist wurscht, die Fakten interessieren ja wenige. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Macht ja nichts. Sie können es ja nachlesen, einer mehr in der langen Liste. Vermutlich irgendwann gesiebte Luft, wir werden sehen.
Wie frech ist das von Gabriele Fischer, wenn sie sagt, eigentlich bin ich der Meinung, dass Menschen wie ich mehr Geld bekommen sollten, wenn ich nicht in der Lage bin, es selber aufzustellen?! Und Sie schützen gleichzeitig die Steueroasen auf der Welt. Jedes Mal, wenn man in Österreich auch nur andenkt, ob man eventuell überlegen könnte, ob man von dem 1 Prozent der Allerreichsten - 1 von 100, es sind nicht einmal hier herinnen viele dabei, die zu den obersten 1 Prozent gehören - etwas wegnimmt, ohne auch nur eine Zahl zu nennen, geht es sofort los.
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