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Landtag, 11. Sitzung vom 20.10.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 32

 

Am Montag war noch nicht die Rede davon, und ja, in diesem Zusammenhang habe ich auch gesagt, dass es für die Verschiebung der Wahl keine Rechtsgrundlage gibt. Ich hatte nicht die Information, wie viele Wahlkartenwähler tatsächlich betroffen waren. Ich hatte diese Information nicht! Ich hatte nur die Information, die sozusagen in den offiziellen Statements verlautbart war. Die Dimension ist mir auch erst dann am Wahlabend beziehungsweise am Tag danach bewusst geworden; das muss ich ganz offen sagen. Aus diesem Grund habe ich zu dem Zeitpunkt noch nicht vorgeschlagen, dass wir eine Rechtsgrundlage für eine Verschiebung der Wahl schaffen, aber ich habe vorgeschlagen, alles in der Macht des Magistrats Stehende zu tun, um die Bürgerinnen und Bürger aktiv zu informieren. - Diese Schritte wurden damals nicht gesetzt.

 

Tags darauf, am Dienstag, dem 9. September, hatten wir Kulturausschusssitzung, und ich habe Sie, Herr StR Mailath-Pokorny, in diesem unter dem Tagesordnungspunkt „Allfälliges“ erneut aufgefordert, hier aktive Information zu machen, aktiv auf alle Wahlkartenbezieherinnen und Wahlkartenbezieher zuzugehen und Vorschläge zu bringen, wie man jetzt in der Sache vorgeht. Es haben mir auch manche erzählt, dass sie sich das dann auch haben protokollieren lassen, dass das eh als gültig gewertet wird. Das heißt, zu diesem Zeitpunkt war schon eine Verunsicherung der Bevölkerung gegeben.

 

Tags darauf, so glaube ich zumindest, oder vielleicht war es am Donnerstag, wurde erst öffentlich bekannt, dass jetzt dieser Klebstoff nicht nur sozusagen ein Produktionsfehler ist, der bei manchen Wahlkarten vorhanden ist, sondern dass sich dieser offensichtlich auch nachträglich auf dem Postweg oder auch im Magistratischen Bezirksamt auflöst und das Kuvert sich wieder öffnet.

 

Wir haben darüber auch intern diskutiert, weil es ja auch die Bundespräsidentenwahl betrifft, und haben dann als Neos festgelegt, dass wir sagen, wir müssen beide Wahlen verschieben, wir müssen in beiden Fällen eine Rechtsgrundlage schaffen.

 

Am Freitagvormittag war noch die Information der Stadt Wien, man warte einmal ab, was auf Bundesebene passiert, und dann werde eine Entscheidung getroffen. Das war der Moment, als ich den Herrn Landtagspräsidenten und auch Sie, Herr StR Mailath-Pokorny, telefonisch erreicht und gebeten habe, die Wahl zu verschieben, weil wir auch schon auf Grund der ersten Meldungen und Mails, die zu uns gekommen sind, zumindest abschätzen konnten, dass das ein Problem einer größeren Dimension ergibt. Ich habe dann am nächsten Tag auch ein E-Mail mit der Bitte, das zu unterstützen, an alle Klubobleute geschickt.

 

Leider haben Sie das nicht gemacht. Sie haben, indem Sie ein Rechtsgutachten präsentiert haben, gesagt, dass eine beschädigte Wahlkarte gar keine Wahlkarte, sondern ein rechtliches Nullum ist. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das aus einer sehr hohen Höhe des juristischen Elfenbeinturms hergeholt ist, denn ein rechtliches Nullum ist es ja nicht, denn wenn es ein rechtliches Nullum gewesen wäre, hätten wir die beschädigten Wahlkarten ja auch wegschmeißen können. Ich meine, es hat keinen Sinn, dazu jetzt juristische Debatten zu führen, da geht es ja um politische Fragen, noch dazu, da ja explizit in der Gemeindewahlordnung steht, dass Duplikate für beschädigte oder abhanden gekommene Wahlkarten keinesfalls ausgestellt werden können. Jetzt kann man darüber reden, in welcher Sphärenseite die Beschädigung passiert sein muss, damit das Gültigkeit erlangt, aber die Wahlordnung an sich geht ja schon von dem Fall aus, dass es möglicherweise beschädigte Wahlkarten gibt. In diesem Fall steht explizit drinnen, dass keine Duplikate ausgestellt werden können. Ich weiß schon, Sie sagen, das ist kein Duplikat, denn es ist ja ein rechtliches Nullum. Ich halte das für reichlich konstruiert. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Der Herr Prof. Mayer …) - Ja, der Herr Prof. Mayer, wissen Sie … - Eine nette Anekdote am Rande: In der Diskussion am Wochenende davor bei den Fragen „Rechtsgrundlage, ja oder nein?“ Kann man verschieben, ja oder nein?“, haben wir gesagt, es gibt keine Rechtsgrundlage, das jetzt zu schaffen. Da muss man schauen.

 

Da gibt es den Mailverkehr, in dem sogar geschrieben wurde: Aber wir wetten, dass der Herr Prof. Mayer wieder mit einem Thema daherkommt. - Schauen Sie, in anderen Fragen hat Herr Prof. Mayer auch schon nicht recht gehabt; so ist es eben. Ich habe eine andere Auffassung, und Sie wissen auch, dass es entgegenstehende Meinungen von Rechtsprofessoren und nicht nur von einfachen JuristInnen, wie ich es bin, gibt.

 

Am Montag hat Innenminister Sobotka bekannt gegeben, dass die Bundespräsidentenwahl verschoben wird, dass hierzu eine Rechtsgrundlage geschaffen wird. Wien hat, wie gesagt, gesagt, wir ziehen das durch. Ich möchte schon sagen, dass der Herr Innenminister dann etwas später in einem Interview gesagt hat: „Ich hätte die Wahl in der Leopoldstadt nicht durchgeführt, sondern verschoben. Die Wahl trotzdem durchzuführen, wenn man von Haus aus nicht garantieren kann, dass die Wahl ordnungsgemäß abläuft, halte ich für mutig.“ (Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Wie hätte er denn verschieben sollen?)

 

Dann kam der Wahltag, und tags darauf war die Sitzung der Stadtwahlbehörde. Die Bilanz: 3.170 Ersatzwahlkarten wurden bereitgestellt, 2.371 wurden abgeholt. Das macht also 799 Wähler, die im Wording der Aussendung, die ich gelesen habe, dieses Service nicht in Anspruch genommen haben. Meine Damen und Herren, das ist meiner Meinung nach eine reichlich euphemistische Beschreibung dafür, dass hier Menschen tatsächlich - so kann man das auch sagen - um ihr Wahlrecht gebracht wurden, darum gebracht wurden, dass ihre Stimme nicht zählt, weil es geht ja nicht immer darum, ein Service nicht in Anspruch zu nehmen, sondern möglicherweise gar nicht mehr die Möglichkeit zu haben, dieses Service in Anspruch zu nehmen. Ich möchte aber an der Stelle sagen, dass ich mich ganz ausdrücklich und explizit bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern insbesondere der MA 62 bedanke (Beifall bei den NEOS.), denn, und das werde ich auch noch aufzählen, sie haben Großartiges geleistet in dem Versuch, alle zu

 

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