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Landtag, 20. Sitzung vom 23.10.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 49

 

der Rechnungshof zur Prüfung aller ausgegliederten Rechtsträger zuständig, an denen der Bund zumindest 50 Prozent beteiligt ist. Wir wünschen uns sehr, dass die Landesparlamente nicht auf ihre Prüffähigkeit gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern, die ja de facto einen Rückengepäcksteil der Verwaltungstätigkeit mitnehmen, verzichten, weil das ja die Konsequenz ist. Ich gebe dem ausgegliederten Rechtsträger einen Teil der verwaltungsbezogenen Tätigkeit mit und sollte als kontrollierendes parlamentarisches Organ nicht auf die damit zwangsläufig einhergehenden Kontrolltätigkeiten verzichten. Ein kleiner Hinweis: Salzburg ist da schon unterwegs, hat unsere Appelle gehört. Wir stellen Ihnen auch jederzeit verfassungsrechtliche Gutachten zur Verfügung und würden uns sehr wünschen, dass diese legislative Aufgabe nicht preisgegeben wird.

 

Es ist uns völlig bewusst - verzeihen Sie, dass ich ein von mir häufig gewähltes Wort auch hier wiederholen darf -, dass es sich um das Bohren harter Bretter handelt, aber man soll die Perspektive nicht fallen lassen, weil sie auf der Hand liegt. Es ist kein Wunschkonzert, das seitens der Volksanwaltschaft diesbezüglich formuliert wird, sondern noch einmal: Es betrifft die ureigenste Tätigkeit des Parlaments, das ist, legislativ tätig zu sein und kontrollierend tätig zu sein. Wir sind Ihr Partner als prüfendes Organ, genauso wie der Rechnungshof Ihr Partner ist, also Ihr beauftragtes Organ, Ihr Vollzugsorgan in einem gewissen ausgelagerten Sinn.

 

Interessant ist natürlich auch die Bedachtnahme auf Probleme, die im Zusammenhang mit der nachbarschaftsrechtlichen Situation mit den Gastgewerbebetrieben entsteht. Das ist ein Spannungsbogen, aus dem wir uns gar nicht verabschieden können, weil er ja gleichfalls auf der Hand liegt. Wir wünschen uns in einer lebendigen Stadt lebendige Gastgewerbebetriebe. Gut. Wir wünschen uns als Nachbarn eines solchen, Ruhe zu haben, das ist auch klar. Dazwischen sind aber die Gäste, die sich vor dem Lokal ansammeln, das sind die Gäste, die wegen des Rauchverbotes herausströmen werden, die allgemeine Atrozität, die mit der Ansammlung von Menschen an einem engeren Ort zwangsläufig auch verbunden ist. Interessant ist es - und alle von Ihnen werden es genau so tun, wie ich es schon vielfach getan habe -, im europäischen Ausland als Tourist zu sein. Die stärksten Raucher, die ich in Europa je kennen gelernt habe, sind neben den Russen ohne Zweifel die Franzosen, also viel heftiger, das ist auch statistisch nachweisbar. Die haben ein beinhartes Lokalrauchverbot eingeführt, und als ich dann zum ersten Mal in Frankreich oder Paris Abendessen gegangen bin, war ich jetzt wohl neugierig, wie die das mit dem Lokalrauchverbot hinkriegen, ob sie das konsequent durchhalten, dass in Italien und Frankreich im Lokal nicht geraucht wird. Interessanterweise funktioniert das, das ist interessant. In Italien und Frankreich gibt es also kein Rauchen im Lokal und auch keine Außenbelästigung, die man wahrnimmt. Jetzt denke ich mir: Was die zusammenbringen, sollten wir eigentlich auch zusammenbringen. Es wird aber natürlich legislativ und verwaltungstechnisch operativ nicht erspart bleiben, sich diesem Thema zuzuwenden. Denn damit, dass wir uns hier nur gegenseitig etwas erzählen, was sein sollte und was nicht sein kann, wird es ja nicht getan sein.

 

Ich werbe also dafür, dass seitens des legislativen Apparates die Verwaltungsebene ein bisschen spitzere Zähne kriegt. Ein Teil des Verwaltungsgeschehnisses besteht ja darin, die von der Legislative errichteten Ordnungsfunktionen in der Realität umzusetzen, wenn ich etwas hinzufügen darf, unter Vermeidung von allerlei Grausamkeiten. Denn das ist ja auch ein Teil des vielleicht von Ihnen als spannend und von uns als spannend beabsichtigten, aber von uns nicht erzeugten Inhaltsstoffes, den wir in der jährlichen Diskussion, die wir hier führen dürfen, bereitstellen. Wir haben 1.216 individuelle Beschwerdeakte, hinter denen menschliche Schicksale stehen, die, und das kommt ja im Verwaltungsrecht nicht vor, zwangsläufig eine Art Grausamkeitsempfindung haben, weil immer das Element der ungerechten Behandlung oder ungerechten Begegnung einhergeht.

 

Abschließend noch ganz kurz zu den Beschwerden in der Erledigung der Staatsbürgerschaft, weil es auch in den Staatsbürgerschaftsverfahren eine Art Wiedergängerfunktion hat. Wir haben uns hier zuletzt am 30. September 2016 gesehen, und der von mir sehr geschätzte Herr Abg. Dr. Stürzenbecher hat gesagt, die Geschichte mit den Beschwerden mit zu wenig Personal bei der MA 35 sind bald aus, weil 40 Neue dazukommen. Ich habe mir das seinerzeitige Redeprotokoll vorsichtshalber ausheben lassen. Im Dezember 2016 habe ich die offizielle Antwort der Stadt Wien erhalten, Geschäftsbereich Interne Revision, die ein bisschen abweichende Ziffern bekundet hat, dass von 24 Referenten 50 Prozent hinzukommen, sodass also realiter nicht 40, sondern 12 als vermehrtes Personal zugewendet wird. Ich kann es Ihnen gerne in Kopie geben.

 

Das Ganze ist jetzt nicht eine persönliche Freude von mir oder in meinem Geschäftsbereich, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sondern es betrifft den Anspruch des Bürgers, dass die Verwaltung keine Rechtsverletzungen begeht. Es hat jeder Antragsteller einen Anspruch, dass seine Sache in sechs Monaten erledigt wird. Wir haben aber Fälle mit sogar 32 Monaten Erledigungszeit, ohne dass ein Strich von irgendeinem Beamten darin getan wird. Das geht natürlich wirklich nicht, das muss man sagen.

 

Ich habe mir ergänzend hierzu das tagesaktuelle Beschwerdevolumen auf dem Gebiet Staatsbürgerschaftsbeschwerden per 23. Oktober ausheben lassen. Da geht es überhaupt nicht um die materielle Erledigung, sondern um die Dauer des Verfahrens. Es ist uns kein Anliegen, irgendeine Schelte im Auge zu haben, wie die materiell-rechtliche Erledigungsart ist, sondern die Dauer des Verfahrens. Im Jahr 2017 haben wir also bis 23. Oktober 144 Beschwerden, davon schon offenkundig berechtigt 52, das heißt, pro Woche eine, als Missstand zu bezeichnende Beschwerde, nicht berechtige Beschwerden 13, offene Akten aus Sicht der Volksanwaltschaft 52. Der Rest von diesen insgesamt 144 betrifft zurückgezogene Beschwerden oder Gerichtsanhängigkeit, wo also die Kompetenz der Volksanwaltschaft ausscheidet.

 

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