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Landtag, 23. Sitzung vom 26.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 52

 

Das heißt, die Menschen rutschen in Armut ab. Aber nicht nur das. Wir reden ja nicht nur von den Ärmsten der Armen. Laut Statistik der Oesterreichischen Nationalbank, die einmal zu lesen ich Ihnen sehr empfehle, hat die Hälfte der arbeitslosen Menschen durchschnittlich maximal ein Vermögen von 2.200 EUR. Und den anderen passiert es dann, dass sie in relativ rascher Zeit auf das verzichten müssen, was sie sich über Jahre hart erarbeitet haben, vielleicht ein kleines Eigentum und das Auto, ein bisschen Geld, den Notgroschen auf der Seite. Das müssen sie vorher ausgeben, bevor sie überhaupt Mindestsicherung in Anspruch nehmen dürfen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich untermauere die Dringlichkeit jetzt mit einer Zahl. Laut einer Studie des Finanzministeriums wurde eine Hartz IV-Simulation mit den Zahlen von 2015 durchgeführt, und das Resultat lautet, dass das mit Familienmitgliedern 220.000 Menschen in Wien betrifft.

 

Werte ÖVP und FPÖ! Argumentieren Sie mir das einmal! 220.000 Menschen in Wien sind davon betroffen, wenn Sie die Notstandshilfe streichen! Halten Sie sich das einmal vor Augen! Sie treffen auch den Mittelstand, werte ÖVP! Im Grunde bedeutet das mehr Armut und weniger Chancen für die Menschen in Wien! Das ist Ihre Verantwortung! Das sind Ihre Pläne!

 

Genau kennt man sich ja nicht aus. Einmal heißt es, dass man nicht aufs Auto verzichten muss, dann wieder doch, dann heißt es wieder, dass ein Vermögen nicht betroffen wäre, dann wieder doch. Man weiß ja nicht einmal, wer bei Ihnen in der neuen Bundesregierung das Sagen hat! Die Sozialministerin hat eine Aussendung gemacht, in der sie sagt: Nein, ich werde nicht auf das Vermögen zurückgreifen. Ein paar Tage später wurde sie aber schon wieder zurückgepfiffen beziehungsweise zumindest korrigiert, denn „zurückgepfiffen“ sagt man ja nicht.

 

Sie verunsichern hier Menschen in großem Ausmaß. Eine Alleinerziehende hat angerufen - sie arbeitet 25 Stunden, erhält keine Mindestsicherung, schwieriger Alltag - und fragt nach: Was passiert jetzt, wenn ich das Pech habe und die Arbeit verliere, es nicht mehr gut auf die Reihe kriege, was muss ich alles hergeben? Diese Menschen verunsichern Sie. Es rufen ältere Menschen an, Ältere, bei denen Sie genau wissen, wenn die ihren Job verlieren, haben sie es sehr schwer, mit über 50 Jahren einen neuen Job zu finden.

 

Diese Menschen verunsichern Sie. Das ist Ihre Verantwortung, dass Sie hier Pläne auf den Tisch legen, die zu mehr Armut führen. Sie verraten hier die Armutsbetroffenen, Sie verraten arbeitslose Menschen, Menschen in Notsituationen und Sie erhöhen zusätzlich den Druck auf die arbeitenden Menschen. Zusätzlich! Diese müssen sich zukünftig noch mehr gefallen lassen. Das ist Ihre Politik, und Rot-Grün in Wien sagt ganz klar: Hände weg von der Notstandshilfe! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich werde Sie noch mit ein paar Zahlen konfrontieren. Von den 66.000 Notstandshilfebeziehern und -bezieherinnen in Wien sind 22.000 über 50 Jahre alt. Das Erste, was Schwarz-Blau gemacht hat, ist, die Aktion 20.000 zu streichen, einmal kurz mit einem Umlaufbeschluss. Da nimmt man einmal kurz tausenden Menschen ein Stück Hoffnung und Perspektive. Das, was man auch wissen muss, ist, dass 43 Prozent der Notstandshilfebezieher und -bezieherinnen österreichweit in Wien leben. Das heißt, im Grunde werden hier nur Kosten verlagert, im Grunde schleicht sich hier die Bundesregierung nur aus einer sozialen Verantwortung und verlagert die Kosten nach Wien. Vielleicht können Sie sich erinnern, seit zwei Jahren führen wir eine Diskussion darüber, dass die Zahlen der Mindestsicherung steigen. Ein Minimum an würdevoller Existenz: Wenn Menschen nicht lange genug gearbeitet haben, erhalten sie die Mindestsicherung in Notsituationen, wenn Menschen nicht genügend Existenz haben, also unter 860 EUR, erhalten sie die Aufzahlung in der Mindestsicherung, wenn sie zu wenig verdienen oder zu wenig Arbeitslosengeld erhalten. Das heißt, wir haben seit zwei Jahren einen Diskurs, einen sehr menschenunwürdigen seitens ÖVP und FPÖ, und jetzt sorgt man mit neuen Plänen dafür, dass sich die Mindestsicherungszahlen in Wien verdoppeln, und natürlich auch die Ausgaben.

 

Das, was Wien tun wird, ist natürlich - das hat der Herr Bürgermeister angekündigt, das hat die Frau Vizebürgermeisterin angekündigt -, wir werden alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten in Anspruch nehmen, um das zu verhindern. Das heißt, ÖVP und FPÖ können mit einfacher Mehrheit ein Grundsatzgesetz machen, in dem sie uns in der Mindestsicherung vorschreiben, dass man auf Kosten der Ärmsten kürzt. Das werden wir nicht zulassen, und wir werden alles tun, dass auch die Abschaffung der Notstandshilfe nicht kommt.

 

In Wien gehen wir den Weg des sozialen Miteinanders. Wir haben jetzt ein neues Mindestsicherungsgesetz ab 1. Februar, mit dem wir sagen, die Menschen in Notsituationen sollen ein Minimum an Existenz erhalten, die Menschen in Notsituationen müssen heraus aus der Mindestsicherung. Daher investieren wir in Ausbildung und Qualifikation. Dieses Gesetzt ist ab 1. Februar gültig. Die Frau Stadträtin hat heute darüber schon gesprochen und wir müssen jetzt alles tun, dass - da die Mindestsicherung eigentlich für Notsituationen gemacht wurde und nicht dafür, arbeitssuchende Menschen zu schikanieren - die Notstandshilfe auch erhalten bleibt.

 

Ich kann an die Oppositionsparteien nur appellieren, hier umzudenken. Sie machen mit den Plänen eine katastrophale Politik auf dem Rücken der Ärmsten, auf dem Rücken der arbeitslosen Menschen, auf dem Rücken der Menschen, die das Pech haben, ihre Arbeit zu verlieren. Sie machen mit diesem Schritt eine Politik, mit der Sie noch mehr Druck auf die arbeitende Bevölkerung ausüben, dass die sich noch mehr gefallen lassen oder arbeitslose Menschen jeden Job annehmen müssen. Das ist eine fatale Politik, die Betroffene trifft. Es betrifft im Grunde uns alle, weil Sie damit ein Stück weit unsere Gesellschaft noch mehr auseinanderdividieren. Das heißt, im Grunde trifft diese Politik uns alle, und wir werden alles tun, um das zu verhindern. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

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