Landtag, 24. Sitzung vom 23.03.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 52
auf der Bundesebene die Idee von Kelsen 1920, dass man nämlich eine solche Verfassung einführt, wo drinnen ist, wie das Ganze funktioniert und welche Rechte man hat. Zusätzlich gehört dazu natürlich ein Grundrechtskatalog, auf den man sich damals nicht einigen konnte, aber im Wesentlichen geht es darum, dass man die Spielregeln der Demokratie und des Staates dort festschreibt. Genau so etwas haben wir Gott sei Dank in unserer Wiener Verfassung.
Da jetzt alle Wünsche, alle Zielvorstellungen, und so weiter einzuführen, halte ich aus rechtlicher, verfassungsrechtlicher, aber auch aus politischer Sicht nicht für sinnvoll. Wir haben im Bund, glaube ich - und das ist wirklich eine Debatte, die man führen muss -, keine guten Erfahrungen damit gemacht, dass man dann irgendwann vereinzelt Staatszielbestimmungen hineinschreibt, weil man nie weiß, wie die Rechtsordnung dann darauf reagiert. Irgendwann sagt ein Richter oder eine Richterin in ihrer Urteilsbegründung: Der Umweltschutz steht in der Verfassung, deshalb genehmige ich jetzt die 3. Piste nicht. Es ist zu Recht vom Verfassungsgerichtshof diese Interpretation aufgehoben worden.
Aber ich sage, eine Verfassung ist nicht dazu da, Wünsche, Träume, Zielvorstellungen dieser Art exzessiv festzuschreiben, das bringt nur Rechtsunsicherheit. Was wirklich an einzelnen Maßnahmen durchgesetzt werden soll, soll primär einfachgesetzlich festgelegt werden, und die Verfassung soll die Spielregeln dafür bieten. Insofern halte ich diesen Vorschlag der ÖVP nicht für günstig. Er würde unsere ausgezeichnete Wiener Verfassung, die wirklich in hohem Maße sich über Jahrzehnte als tauglich erwiesen hat, verschlechtern. Deshalb lehnen wir diesen Vorschlag ab. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Insgesamt glaube ich, dass wir gut weiterdiskutieren können, mit allen Parteien. Ich hoffe, es sind auch alle für eine Weiterentwicklung der Spielregeln für die Untersuchungskommissionen. Es wäre nur falsch gewesen, jetzt mit der Einsetzung zu warten, bis wir uns einigen. (Lhptm-Stv. Dominik Nepp, MA: Sie spielen auf Zeit! Vertuschungsordnung! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wann einigen wir uns? Vielleicht hätten wir uns im Juni geeinigt, vielleicht hätten wir uns erst im Herbst geeinigt. Darauf zu warten, wäre, glaube ich, nicht sinnvoll gewesen.
In diesem Sinn sage ich: Die Kontrollrechte gehören ausgebaut, wir sind da auf einem guten Weg. Heute machen wir das, was unbedingt notwendig ist, damit auch die NEOS hineinkommen. Aber wie schon ausgeführt worden ist: Wir haben ein hohes Niveau an Kontrollrechten, mehr als alle Bundesländer, ist auch schon ausgeführt worden. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Ist auch schon ausgeführt worden!)
Nebenbei erwähnt, von den insgesamt 28 EU-Staaten - wenn man Großbritannien dazurechnet, obwohl sie gerade im Austrittsprozess sind -, gibt es in 26 nicht einmal ein Minderheitsrecht für Untersuchungsausschüsse oder -kommissionen. Das gibt es erfreulicherweise bei uns und in der Bundesrepublik Deutschland. Wir in Wien waren da Vorreiter. Wir werden schauen, dass wir hier noch besser werden und die Minderheitenrechte noch mehr ausbauen. Hier sind wir auf einem guten Weg. Wir laden Sie herzlich dazu ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Als Nächste ist Frau Abg. Hebein zu Wort gemeldet. - Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Werter Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen!
Wir haben gestern und heute bereits ausführlich über das vorliegende Gesetz diskutiert. Es ist für mich selbstverständlich, dass ich das unterstütze, dass alle Fraktionen in zukünftigen Untersuchungskommissionen und -ausschüssen vertreten sind. Ich halte nach wie vor daran fest, dass Kontrolle und Transparenz für unsere Demokratie enorm wichtig sind. Ebenso wichtig für unsere Demokratie ist auch unsere Sicherheit. Daher erlaube ich mir jetzt, einen Beschluss- und Resolutionsantrag einzubringen und das kurz zu begründen.
Meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen, in weniger als 100 Tagen beginnt der österreichische EU-Vorsitz. Allein in Wien werden ein Dutzend hochrangiger Gipfeltreffen in der zweiten Jahreshälfte stattfinden. Das heißt, es werden etwa im Wochentakt europäische und internationale Regierungsdelegationen in Schwechat landen. Das ist unter anderem natürlich eine enorme Herausforderung auch für die Sicherheitsbehörden. Allen voran ist hier das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gefordert. Hier laufen sehr viele Aufgaben zusammen. Die Abwehr von Terroranschlägen, das Einschätzen der Sicherheitslage, Personenschutz, und so weiter. Gerade jetzt, während wir hier diskutieren, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
Sie können sich natürlich vorstellen, dass das, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Exekutive, insbesondere des BVT, sehr betroffen gemacht hat, beziehungsweise ist das auch an ihnen nicht spurlos vorübergegangen. Vergessen wir nicht, das Innenministerium selbst hat nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit massiv an Vertrauen verloren, sondern diese Vertrauenskrise hat auch den Sicherheitsapparat selbst erfasst. Ich würde Ihnen wirklich auch empfehlen, hier mit Beamten und Beamtinnen zu sprechen. Das sitzt ihnen wirklich tief in den Knochen.
Was ist in den letzten Tagen und Wochen passiert? Wir müssen leider festhalten, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Justiz und des Innenministeriums hier nicht wirklich zu einer Aufklärung beigetragen hat. Ich erinnere Sie kurz: Entgegen ersten Behauptungen wurden doch Falldaten aus der Extremismusabteilung beschlagnahmt. Dann hat es wieder geheißen, es geht nur um 19 Gigabyte. Inzwischen heißt es, wie wir gestern nachlesen und hören konnten, es gehe um 40.000 Gigabytes. Also so genau weiß man das noch nicht, wird verkündet, aber man weiß schon, dass keine Daten aus Deutschland weitergegeben worden sind. Das muss mir einmal jemand allein von der Logik her erklären.
Man weiß auch, dass die Aktivitäten des Generalsekretärs und des Kabinetts des Innenministers direkt der Auslöser für die Hausdurchsuchungen waren. Dieses
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