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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 84

 

Ich möchte gerne auf eine Sache eingehen, weil sie mir wirklich am Herzen liegt. Sie gehen sehr hart mit der Bundesregierung ins Gericht. Sie haben Forderungen und eine Reaktion auf das neue Regierungsprogramm. Da ist mir etwas aufgefallen, worüber ich gerne mit Ihnen reden würde. Sie schreiben vom einseitigen Familienbild. Da steht: „Auch das Familienbild der beiden Parteien,“ - also ÖVP und FPÖ - „die sogenannte Kernfamilie von Frau und Mann mit gemeinsamen Kindern, entspricht weder der Realität vieler Menschen in Österreich, noch ist dieses Modell, welches im Programm als natürliche Keimzelle und Klammer für eine funktionierende Gesellschaft bezeichnet wird, eine Garantie, dass Kinder behütet aufwachsen können. Sinnvolle Politik kann nur gemacht werden, wenn sich ein Regierungsprogramm an den Lebensrealitäten der Menschen und nicht an den vorgestrigen Normvorstellungen orientiert.“ (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Wenn wir diese Kinder- und Jugendanwaltschaft nicht hätten!)

 

Ich versuche es einmal ganz sachlich. Die Keimzelle sehen wir männlich und weiblich, weil einfach Leben daraus entsteht. Wir schreiben aber niemandem vor, was ein gutes Familienbild ist. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Das ist der Punkt!) Wir sagen, wie Familie funktioniert. Ob es Väter, Mütter, nur Vater, nur Mutter, Vater/Mutter ist oder sind, hat uns gleich zu sein. (Abg. Peter Kraus, BSc: Genau!) Aber natürlich braucht es etwas Männliches, etwas Weibliches, Mann und Frau - so steht es auch im Regierungsprogramm -, um Leben zu zeugen. (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das lässt die Frau Hebein gerade noch durchgehen! Wirklich!) Was wir darin stehen haben, ist, für uns stehen vor allem die Kinder im Mittelpunkt. Familie soll ein Ort sein, wo sie behütet aufwachsen können und gut auf das Leben vorbereitet werden. Also, es steht darin mit keinem Wort, dass für uns das großartige Familienbild Vater/Mutter/Kind ist, sondern es steht das Kindeswohl über allem. Ich bitte Sie wirklich, dass Sie gerade als Kinder- und Jugendanwältin sehr vorsichtig und sehr genau mit Ihren Worten sind. Denn solche Worte können auch ein Gegeneinander bringen.

 

Es ist auch nicht wahr, wenn ich jetzt die Seite des konservativen Familienbildes hernehme, dass es eine vorgestrige Normvorstellung ist. Allein in Wien leben 195.000 heterosexuelle Paare mit Kindern, wo die Kinder noch zu Hause im Verbund sind. Das ist keine Randgruppe. (Abg. Peter Kraus, BSc: Das hat auch niemand behauptet!) Das ist noch ein gängiges Modell. Es geht aber nicht darum zu werten. Es geht nicht darum, irgendein Familienbild zu werten. Ich würde bitten, dass auch Sie das nicht machen und sagen, das eine ist eine Norm, das andere ist keine Norm. Ich glaube, gerade in der Familie sollte man nicht von Normen sprechen, weil man nichts normen kann.

 

Wir können diesem Bericht leider nicht zustimmen. Ich danke Ihnen aber trotzdem für Ihre Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Peter Kraus zum Wort gemeldet. Bitte.

 

15.28.00

Abg. Peter Kraus, BSc (GRÜNE)|: Vielen Dank, Frau Präsidentin! Lieber Kinder- und Jugendanwalt! Liebe Kinder- und Jugendanwältin!

 

Vielen Dank auch von meiner Seite für den Bericht.

 

Ich muss jetzt eingehend sagen, ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass die ÖVP nach jahrzehntelangen Debatten darüber, was Familie ist, jetzt sagt, sie will nicht mehr normieren, was Familie ist, auch wenn es die ÖVP war, die zum Beispiel im Eingetragenen Partnerschaft-Gesetz dafür gekämpft hat, dass Eingetragene Partner keinen Familiennamen bekommen, weil das keine Familie ist, und sie einen Nachnamen bekommen sollen. Das hat die ÖVP damals noch ins Namensrecht hineinverhandelt. Ich freue mich darüber, dass jetzt andere Zeiten angebrochen sind! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - Abg. Dr. Jennifer Kickert: Juhu!)

 

Ich komme jetzt zum Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft, der sehr umfassend ist und auch zeigt, wie viele Themenfelder die Kinder- und Jugendanwaltschaft betreut.

 

Ich möchte eines herausnehmen, nämlich das ganze Thema 25 Jahre Kinderrechte. Letztes Jahr, der Bericht behandelt das Jahr 2017, 25 Jahre Kinderrechte. Es war nach 25 Jahren das ganz große Thema, was Kinder überhaupt brauchen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können. Ein Aspekt daraus ist die Armutsgefährdung von Kindern. Darauf geht der Bericht auch ein und sagt, dass jedes Kind das Recht auf materielle Absicherung hat, egal, ob es das erste, zweite, dritte Kind einer Familie ist, egal, ob die Eltern hier geboren sind oder nicht. Für Kinderrechte ausschlaggebend ist, dass ein Kind ein Kind ist und dass es in Wien ist. Dann hat das Kind Kinderrechte. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Sie können sich vielleicht alle noch an diese kleine Broschüre hier erinnern. (Der Redner zeigt eine Broschüre.) Diese haben wir alle letztes Jahr bekommen. Auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition haben sie letztes Jahr bekommen.

 

Das haben uns die Kinder der Volksschule Wichtelgasse gegeben. Ich glaube, am Tag der Kinderrechte war es oder aus Anlass des Tages der Kinderrechte. Ich habe mir das als Vorbereitung jetzt wieder durchgelesen und würde gerne zwei Zitate, eines jetzt und eines dann am Ende meiner Rede, vorlesen. Das eine ist von Isabella. Isabella ist, das steht darin, damals aus der Klasse 2B gewesen, jetzt wahrscheinlich in der 3B. Isabella schreibt zu den Kinderrechten: „Ich finde, es ist sehr traurig, wie Kinder und Erwachsene heutzutage leben müssen. Tausende von Kindern leben arm. Kinder haben viele Rechte, aber nicht alle. Es sollen alle Kinder Essen und Trinken haben. Ich sage, dass Kinder in die Schule gehen müssen, weil Kinder haben Rechte.“

 

Ich selber habe zwar noch keine Kinder, aber ich habe einen Neffen, der jetzt acht Jahre alt ist. Er ist mir sehr wichtig. Morgen hat er Geburtstag. Er feiert morgen auch Geburtstag. Wir organisieren eine kleine Geburtstagsfeier. Ich weiß, was es heißt, wenn dann Schulfreunde nicht zu dieser Geburtstagsfeier kommen können, weil sich die Eltern zum Beispiel das Geschenk nicht leisten können. Das ist jetzt vielleicht keine sehr sichtba

 

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