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Landtag, 38. Sitzung vom 27.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 63

 

nalen Standard Treatment Options, aber dann, wenn wieder und wieder ein Rezidiv auftritt, haben Sie nahezu freie Hand und können - ich sage das jetzt aus meiner Erfahrung und ein bisschen boshaft - eigentlich alles, was teuer ist, reinschütten, und meistens mit einer anderen Dosis, die nicht erprobt ist, bei Patientengruppen, die nicht rekrutiert wurden.

 

Das heißt, wenn wir schon über Scheinmedikamente reden, dann müssten wir sicher auch darüber reden, wo man Hochpreismedikamente einsetzt und wo nicht. Also an der Diskussion über Hochpreismedikamente werden wir nicht vorbeikommen. Da gibt es genaue Indikationen, und hier schätze ich an sich die USA mit ihren sehr rigiden Vorschriften schon. Da gibt es eigentlich keinen Trick und da kann man sich nicht vorbeischwindeln.

 

Gangbetten: Ja, nach ein paar Jahrzehnten als Stationsoberarzt habe ich natürlich Gangbetten immer lässiger gesehen - denn entweder wartet man oder man hat ein Gangbett. Es gibt eine sehr einfache Möglichkeit, Gangbetten zu vermeiden, nämlich indem man von vornherein sagt, ich erlaube mir leere Betten. Und ich finde das gut. Ich finde es gut, wenn ein Spital eine Bettenauslastung von 82 Prozent hat. Das bedeutet, dass sie im Falle einer Katastrophe, einer Grippewelle, einfach die Kapazität haben, die Patienten aufzunehmen. Ich weiß, ich höre von der ÖVP, von der geschätzten Kollegin Korosec immer, man sollte die Auslastung möglichst hoch halten. Ich persönlich halte nichts davon, denn man braucht einfach in der Realität leere Betten, um diese leeren Betten, wenn es sein muss, aufzufüllen. Damit kann man eigentlich einen großen Teil der Gangbetten vermeiden, wenn man einfach leere Betten hat. Das ist einfach ein Zimmer, das eben halb leer ist, und dann kommen halt viele Patienten und man muss nicht irgendwie herumzaubern. - Also wie gesagt, es darf meiner Überzeugung nach durchaus der Belagsspiegel niedrig sein, das würde mich überhaupt nicht stören.

 

Dann wird es ideologisch, und da, muss ich sagen - es geht um die PRIKRAF-Spitäler, um diese Privatkrankenanstalten -, der PRIKRAF ist ja seit einer ASVG-Änderung im Jahr 2001 eigentlich kein Fonds der Privatkrankenanstalten mehr, sondern es werden ja öffentliche Gelder verwendet. Es heißt zwar Privatkrankenanstalt, aber so richtig privat ist es eigentlich auch nicht mehr. Und das ist halt eine politische Entscheidung gewesen. Ich persönlich bin kein Freund von Privatkrankenanstalten - ist ja kein Wunder, denn nach jahrzehntelanger Tätigkeit in einem öffentlichen Spital ist man nicht ein Freund der Privatkrankenanstalten, das ist schon logisch -, aber es ist Tatsache, man muss damit leben, ob man will oder nicht. Nun hätten aber, wenn sie das jetzt aus ideologischen Gründen nicht wollen, die Sozialdemokraten an sich zehn Jahre Zeit gehabt, es zu sperren, zu deckeln oder abzuschaffen. Seit 2007 war eigentlich die SPÖ zehn Jahre hindurch die bestimmende Partei in Österreich, und wenn das wirklich so schlimm und so schlecht ist, hätten Sie sagen können: Nein, wir wollen das nicht, wir deckeln das! - Wenn Sie es nicht abschaffen wollen, hätte man dem Ganzen ja Zügel anlegen können oder müssen. Anstatt jetzt zu monieren, dass jetzt vermehrt Gelder in den PRIKRAF fließen, hätte man das deckeln können. Das wäre kein Problem gewesen. Sie hätten sagen können, als Sie die beste politische Situation hatten: Wir deckeln das auf einen bestimmten Prozentsatz der gesamten Fonds, mehr gibt es einfach nicht, ob man es will oder nicht! - Dann hätten Sie sich das Ganze eigentlich ersparen können. Aber wie gesagt, wir haben die Privatkrankenanstalten, und ich glaube, das wird sich nicht grundsätzlich ändern.

 

Man darf natürlich eines nicht vergessen: Da sich - aus meiner Sicht aus vor allem bürokratischen Gründen - die Wartezeit doch in vielen Bereichen erhöht, werden die sogenannten Privatkrankenanstalten immer interessanter. Das ist natürlich auch ein Zeichen dafür, dass es in den öffentlichen Spitälern nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte. Das hängt natürlich bei Wien auch damit zusammen, dass Wien die am schnellsten wachsende Millionenstadt Europas ist und die muss man natürlich versorgen und hat gleichzeitig eine Pensionierungswelle - das ist mir schon klar.

 

Grundsätzlich hat, wenn sich eine Zweiklassenmedizin aufbaut, irgendjemand anderer seinen Job nicht richtig gemacht - ich sage das jetzt einmal ein bisschen pointiert. Das ist aus meiner Sicht vor allem die Wiener Gebietskrankenkasse, die im Bereich der allgemeinmedizinischen Versorgung schwer säumig war. Deshalb verstehe ich auch überhaupt nicht, dass sie noch irgendjemand verteidigt, aber ich höre es immer wieder - da scheint es irgendwelche alten Sympathien zu geben. Und diese Problematik mit der Allgemeinmedizin schlägt natürlich bis in den Krankenanstaltenverbund rein. Aber wir haben jetzt ein Privatspital, das eine 24-Stunden-Ambulanz anbietet, und das ist natürlich ein Hammer. Also wenn einmal ein Privatspital eine 24-Stunden-Notfallambulanz anbietet, dann heißt das, es funktioniert irgendwo anders nicht. Da müsste man sich wirklich moderne Sachen überlegen, aber zum Notfallbereich komme ich dann sowieso noch.

 

Notfallambulanzen: Der sehr geehrte Herr Gesundheitsstadtrat hat uns gestern in sehr pointierter Weise über das Manchester-Triage-System aufgeklärt - das ist ein Sichtungsverfahren, gemäß dem man in einem Fünf-Stufen-System einen Patienten/eine Patientin bezüglich der Therapiewürdigkeit, bezüglich des Zeitaufwandes einschätzt. Es ist - wie zu erwarten - in England entwickelt worden, deshalb heißt es auch Manchester-Triage-System. Da muss man natürlich hinzufügen: In England gibt es auch das „four hour target of emergency departments“ - das gibt es bei uns nämlich nicht -, gemäß dem eigentlich alle öffentlichen Spitäler angehalten sind, maximal vier Stunden für die Bearbeitung eines Patienten zu haben. Deshalb kann man das nicht so ganz bei uns übernehmen.

 

Und was hinter dieser formellen Erstbegutachtung - meistens erfolgt diese durch eine sehr gut ausgebildete Krankenschwester - steht, das hat man natürlich im Manchester-Triage-System nicht. Sie können jetzt hinter dieser Sichtung zwei Untersuchungsstraßen haben, Sie können drei Untersuchungsstraßen haben, Sie können eine haben oder zwei, von denen nur eineinhalb bestückt

 

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