«  1  »

 

Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 30

 

sind eine wichtige Unterstützungsleistung in dieser schwierigen Zeit.

 

Eines möchte ich schon auch festhalten, sehr geehrte Damen und Herren: Die gewählte Form hat sogar eine bessere Verteilungswirkung als eine befristete Erhöhung der Nettoersatzrate, eine bessere Verteilungswirkung, weil BezieherInnen von niedrigen Arbeitslosengeldern von einer absoluten Erhöhung mehr profitieren als von einer prozentuellen. Ja, eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist dringend notwendig, nicht erst seit gestern und nicht erst, seit die GRÜNEN in der Bundesregierung sind, sondern auch schon in den letzten 50 Jahren.

 

Und wissen Sie, meine Damen und Herren, wer in den vergangenen 50 Jahren 40 Jahre lang den Bundeskanzler gestellt hat? - Ich gebe Ihnen einen Tipp, es waren nicht die GRÜNEN. Wissen Sie, wer die Nettoersatzrate 1993 von 57,9 Prozent auf 57 Prozent gesenkt hat? - Es war ein Bundeskanzler aus den Reihen einer Partei, die sich gerne als Partei der Arbeit bezeichnet. Wissen Sie, wer die Nettoersatzrate 1995 erneuet von 57 Prozent auf 56 Prozent gesenkt hat? - Hinweis: Auch zu diesem Zeitpunkt war die SPÖ nicht gerade in Opposition. (Zwischenruf.) - Ja, da bin ich jetzt nicht so streng. Die Verantwortung für die Senkung der Nettoersatzrate von 56 auf 55 Prozent gehört nämlich allein der schwarz-blauen Regierung. Aber wissen Sie, wer die Nettoersatzrate nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nicht erhöht hat? - Zuständig für Arbeit und Soziales war ein SPÖ-Minister, zuständig für die Führung der Regierung war ein SPÖ-Kanzler, beide sind nicht ganz unbekannt im Haus.

 

Wer, sehr geehrte Damen und Herren, hat nach der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht einmal eine befristete Unterstützung für jene, die durch die Krise ihren Job verloren haben, auf den Weg gebracht? - Sinowatz, Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Faymann, Kern. Ich weiß nicht, ob Ihnen diese Namen bekannt vorkommen. Keiner dieser Herren hat eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf den Weg gebracht, nein, das Arbeitslosengeld wurde unter sozialdemokratischer Führung sogar gekürzt. Es gab zum Beispiel auch den Finanzminister Edlinger in den 90er Jahren, da wäre es dann gegangen. Die Umstellung von Brutto- auf Nettoersatzrate war der letzte Fortschritt, den die SPÖ beim Arbeitslosengeld umgesetzt hat. Das war allerdings 1989, das war vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Kollege Öztas war da noch elf Jahre nicht geboren, ich war sechs Jahr alt.

 

Ja, eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist dringend notwendig, aber wie glaubwürdig ist diese Forderung von einer Partei, die in den vergangenen Jahrzehnten nichts getan hat, als das Arbeitslosengeld zu kürzen, von einer Partei, die in den vergangenen Jahren mehrere Male die Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft hat, von einer Partei, die nicht mal in der Krise 2008 befristete Unterstützungsleistungen auf den Weg gebracht hat? - Ich sage Ihnen was, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Fraktion: Es freut mich, dass Sie in der Opposition im Bund zurück zu Ihren Wurzeln gefunden haben. Es freut mich, dass Sie die Fehler der Vergangenheit gutmachen wollen. Es freut mich, dass nun GRÜNE und SPÖ für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes eintreten, aber hören Sie bitte nach jahrzehntelanger Untätigkeit von sozialdemokratisch geführten Regierungen in dieser Frage mit dieser falschen Empörung auf und machen Sie das das nächste Mal besser.

 

Die befristete Unterstützung für Arbeitslose, die die GRÜNEN in der Bundesregierung erreicht haben, ist mehr, als Sie in den vergangenen Jahrzehnten jemals in dieser Frage erreicht haben. Das ist zugegeben nicht schwer, weil Sie in den vergangenen Jahren in dieser Frage gar nichts erreicht haben.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, die vorliegende Novelle ermöglicht, dass diese Unterstützung für Arbeitslose auch im vollen Umfang bei arbeitslosen MindestsicherungsbezieherInnen ankommt. Ich möchte aber den Anlass nutzen und noch etwas genauer auf die Zukunft der Wiener Mindestsicherung eingehen. Eine zentrale Geldleistung, die zentrale Geldleistung in Wien ist die Wiener Mindestsicherung. In diesem Zusammenhang bin ich doch ein wenig alarmiert, wenn Kollege Konrad von den NEOS in der Gemeinderatssitzung vom 11.12.2020 sagt: „Eine Umschichtung von Geld in Sachleistungen erscheint uns NEOS in gewissen Bereichen sinnvoll, um die Treffsicherheit zu erhöhen und die Leistungen jenen zu Gute kommen zu lassen, die sie auch wirklich brauchen.“ - Zitat Ende.

 

Diese Wortmeldung, sehr geehrte Damen und Herren, verstärkt unsere Befürchtung, dass die sozial-liberale Koalition Kürzungen bei der Mindestsicherung vornehmen will. Diese Wortmeldung verstärkt die Befürchtung, dass die Richtwertekommission, die die Koalition einrichten will, einzig und allein den Zweck verfolgt, Geldleistungen zu kürzen und auf Sachleistungen umzuschichten, denn was ist eine Umschichtung anderes, als die Kürzung der Geldleistung zu Gunsten der Sachleistung. Offenbar weiß zumindest der Kollege Konrad schon, was bei der wissenschaftlichen Evaluierung der Hilfen rauskommen soll. Und nein, ich habe nichts gegen den Ausbau von Sachleistungen, falls Sie das jetzt glauben. Die Sachleistungen, die zum Beispiel im Bereich der Pflege, der Behindertenhilfe oder Wohnungslosenhilfe erbracht werden, sind enorm wichtig, aber eine gute Sozialpolitik braucht beides: Existenzsichernde Geldleistungen, inklusive Sachleistungen, und noch viel wichtiger, eine breite öffentliche Daseinsvorsorge und gute Arbeit, von der man leben kann.

 

Die Wiener Mindestsicherung, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Armut. Sie ist ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Armut, weil sie hier im Gegensatz zu anderen Bundesländern in den vergangenen Jahren nicht gekürzt oder gedeckelt wurde. Wir haben aber auch auf Bundesebene dafür gesorgt, dass Geldleistungen wieder ausgebaut werden, die Erhöhung der Mindestpension, stark über der Inflationsrate, und daran hat sich auch die Erhöhung der Mindestsicherung zu orientieren, sie ist ein gutes Beispiel dafür. Ist das genug? - Nein. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung? - Ja, das ist es aus unserer Sicht schon.

 

Währenddessen denkt die sozial-liberale Koalition in Wien offenbar darüber nach, Geldleistungen zu kürzen und in Sachleistungen umzuwandeln. Das ist grundsätz

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular