Landtag, 42. Sitzung vom 28.01.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 72
Ich sage es immer wieder gerne, Wien ist eine wachsende Stadt. Das ist an sich erfreulich, es ist aber jedenfalls eine riesengroße Herausforderung, das wissen wir alle, und das ist natürlich auch in vielen Bereichen so. Im Bildungsbereich ist es eine besonders relevante Tatsache. Die MA 23 hat in ihrer Reihe „Wien in Zahlen“ die Bevölkerungsprognose 2018 herausgegeben und darin sind auf Basis wissenschaftlicher Grundlage die Prognosen bis 2048 enthalten und aufbereitet. Und dabei ist ein Umstand unbestritten, erstens, das Wachstum der Bevölkerung in Wien geht in den nächsten Jahrzehnten weiter, gedämpft, aber es geht weiter, und zweitens, es ist vor allem bei den Kindern und Jugendlichen, wo man mit einer ansteigenden Zahl rechnen kann und damit auch mit einer ansteigenden Schülerinnen- und Schülerzahl. Das ist ein Trend, der setzt sich natürlich auch in der Schülerinnen- und Schülerzahl im heurigen Schuljahr fort, und ich darf ihnen die brandaktuellen Zahlen dazu nennen: Im Schuljahr 2019/20 gibt es an den Wiener Schulen in Summe 229.611 Schüler und Schülerinnen. Das ist ein Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 2018/19. Davon entfallen 113.354 Schülerinnen und Schüler auf die allgemeinbildenden Pflichtschulen in öffentlicher und privater Trägerschaft, das ist ein Wachstum von über 3 Prozent. Ein moderates Wachstum - das hängt ein bisschen mit dem Stocken beim Ausbau zusammen - gibt es in der AHS Unter- und Oberstufe mit einem Plus von 0,9 Prozent auf 64.325 Schülerinnen und Schüler, und 51.932 Jugendliche besuchen eine berufsbildende Schule. Also im Vergleich zum vorherigen Schuljahr ein Wachstum/Zuwachs an Schülerinnen und Schülern in allen Schultypen.
Besonders aufregend ist der Beginn des Schuljahrs natürlich für die sogenannten Taferlklassler, und da ist es so, dass im September 2019 rund 18.000 Kinder in unserer Stadt den 1. Schultag in einer Schule begonnen haben. Die aktuelle Schülerinnen- und Schülereinschreibung ist noch nicht abgeschlossen, aber es kann wiederum mit einer Zunahme gerechnet werden. Ich möchte mich auf diesem Weg wirklich von ganzem Herzen bei allen Wiener Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die Schuleinschreibung ein positives Erlebnis ist. Und das möchte ich Ihnen gerade aktuell auch dazusagen. Es gibt diesen berühmten Spruch, es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck, und ich glaube, gerade bei den Kleinsten sollte man sich das wirklich zu Herzen nehmen. Es ist so, dass aus meiner Sicht der erste Schultag keine Prüfung sein sollte, wo der Eindruck vermittelt wird, dass Schüler oder Kinder vermessen oder gewogen werden, weil Schulreife als Fähigkeit, an einem Unterricht teilzunehmen, nicht nur kognitive Kompetenzen beinhaltet, sondern auch soziale und kommunikative Fähigkeiten. Und ob dann diese Testungen wirklich idealerweise an einem Tablet erhoben werden sollen oder können, das möchte ich einmal dahinstellen, ich möchte es sogar an dieser Stelle bezweifeln.
Was ich noch sagen möchte, ist, am Freitag beginnen für die Wiener Schülerinnen und Schüler die Semesterferien und für viele SchülerInnen in der 2. und 3. Klasse Volksschule ist es das erste Schuljahr, dass sie Noten im Zeugnis haben, und das oft, obwohl das von der Schulgemeinschaft vor Ort nicht gewünscht wurde. Ich sehe das als Zwangsbeglückung. Es ist auch eine Zwangsbeglückung, die laut Aussagen des jetzigen Bildungsministers der politische Wunsch des ehemaligen Koalitionspartners war. Ich hoffe, dass sich in der neuen Konstellation auf Bundesebene vielleicht eine neue Mehrheit für eine Stärkung der Schulpartnerschaft finden lässt.
Den Schülerinnen und Schülern möchte ich jedenfalls sagen: Lasst euch nicht entmutigen, wenn das Zeugnis nicht perfekt ist, ihr seid so viel mehr als eine Note! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Baron. - Bitte.
Abg. Karl Baron (DAÖ): Guten Morgen, Herr Stadtrat! Glaubt man den Medien, so ist der Anteil von Schülern mit nicht deutscher Muttersprache, die Neubeginner sind, bei mittlerweile fast 60 Prozent. Meine Frage lautet: Wie hoch ist heuer der Anteil der beginnenden Schülern mit nicht deutscher Muttersprache, und was gedenken Sie dagegen zu tun, damit unsere Muttersprache in den öffentlichen Schulen nicht zur Fremdsprache wird? Welche Maßnahmen werden Sie dagegen ergreifen, damit wir in den PISA-Studien irgendwann wieder aufholen können?
Präsidentin Veronika Matiasek: Herr Stadtrat. - Bitte.
Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Die konkrete Zahl kann ich jetzt aus der Hüfte geschossen nicht nennen, ich kann sie aber gerne nachreichen. Sie ist aber im Trend der letzten Jahre. Es ist auch so, dass eine andere Muttersprache als Deutsch keine verlässliche Aussage darüber zulässt, ob ein Kind, ein Schüler, eine Schülerin nicht gut Deutsch kann oder dem Unterricht nicht folgen kann, sondern das ist eher ein Zeichen für eine Stadt, einen Ballungsraum als multisprachlicher Ort. Und das ist Wien seit Jahrzehnten gewesen, es ist sogar ein Schatz, dass Wiener Kinder, Wiener Schülerinnen und Schüler mehrere Sprachen sprechen. Es ist übrigens mein erklärtes Ziel, dass jedes Kind in Wien drei Sprachen sprechen kann: Deutsch als gemeinsame Unterrichts-, Lebens- und Gesellschaftssprache, Englisch als Lingua franca, wenn man so will, und eine weitere Sprache. Manche Schülerinnen und Schüler mit einer zweiten Muttersprache oder mit einer anderen Muttersprache haben in diesem Zusammenhang sogar einen Vorteil.
Unabhängig davon, ob es jetzt ein Vorteil ist oder nicht, wenn es den Bedarf gibt, Deutschkenntnisse zu fördern, Kinder dabei zu fördern, so schnell wie möglich, so umfassend wie möglich Deutschkenntnisse zu haben, dann muss der gedeckt werden, und zwar voll umfänglich und mit den Maßnahmen, die es dazu braucht. Ich sehe das völlig pragmatisch. Es gibt wissenschaftliche Erkenntnisse, wie man Deutschförderung gut machen kann, so sollten wir es machen. Und es ist in der Regel so, dass man in den Schulen vor Ort am besten weiß, wie man das organisatorisch umsetzen kann. Es war immer mein Credo und übrigens auch meine Kritik an
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