Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 79
Pandemie in der Öffentlichkeit wahrgenommen, noch überwiegt unsere große Freude, Zufriedenheit und auch unser Stolz, und das zu Recht, auf die Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesen letzten Monaten einen unglaublich tollen Job gemacht haben. Klar ist aber, dass schön langsam wohl etwas anderes in den Fokus kommen muss, weil natürlich das Gesundheitssystem auch zusätzliche Mehrausgaben hatte, für die es zur Zeit keine Abdeckung seitens des Bundes gibt.
Das macht mir aber eigentlich noch weniger Sorgen als die wirtschaftliche Situation Österreichs insgesamt und der direkte Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Situation, der Arbeitslosigkeit, dem noch nicht abzuschätzenden, aber jedenfalls zu erwartenden Einbruch von Wirtschaftsbetrieben, denn das hat direkten Einfluss auf die Einnahmen der Sozialversicherungsbeiträge. Die Einnahmen der Sozialversicherungsbeiträge werden wiederum nach einem Schlüssel umgelegt und für den ambulanten Sektor verteilt, aber eben auch für den Spitalssektor.
Schon vor der Corona-Krise - das finde ich doch interessant und angesichts dieser Frage habe ich das wieder herausgesucht - hat es im Februar eine Budgetvorschau, eine Gebarungsvorschau des Generaldirektors der Österreichischen Gesundheitskasse gegeben. Er ist im Februar - da war von Corona noch nicht viel Rede und man konnte nicht abschätzen, dass es solche Auswirkungen haben wird - bei der Gebarungsvorschau von einem Bilanzverlust für das heurige Jahr von 175 Millionen EUR ausgegangen. Die Vorschau bis 2024 war ein Verlust bis zu 0,5 Milliarden EUR. Ehrlich gesagt, das war schon interessant und ist in der hysterischen Diskussion über den Coronavirus ein bisserl untergegangen. Ich finde, das war schon interessant, ich meine, das war die erste Gebarungsvorschau des Generaldirektors der Österreichischen Gesundheitskasse, die ja erst neu geschaffen wurde. Wir alle erinnern uns noch an die Versprechungen der vorigen Regierung, dass die Österreichische Gesundheitskasse durch die unglaublichen Synergien, die sie freischwemmen wird, eine Patientenmilliarde verursachen wird.
Aus der Patientenmilliarde ist die Gebarungsvorschau mit einem Verlust von 0,5 Milliarden EUR geworden. Und erst, wenn wir das als Grundvoraussetzung nehmen, können wir zu Ihrer Frage kommen, nämlich: Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Einnahmenverluste?
Es ist wieder nach einer Aussendung der Österreichischen Gesundheitskasse, nämlich erst von diesen Tagen, vom 23. Juni, davon auszugehen, dass die Einnahmenverluste aus den Sozialversicherungsbeiträgen allein im heurigen Jahr bei der Sozialversicherung zwischen 600 Millionen EUR und 1 Milliarde EUR ausmachen. Das müssen wir jetzt noch zu diesen prognostizierten 175 Millionen EUR dazuzählen, also können wir damit rechnen, dass die Sozialversicherung im heurigen Jahr schon einen Verlust von über 1 Milliarde EUR haben wird. 1 Milliarde EUR, die selbstverständlich, wenn nichts passiert, Auswirkungen auf das gesamte Gesundheitssystem in unserer Republik haben wird.
Eigentlich ist für 15. Mai routinemäßig geplant und auch vereinbart, das ist auch eine klare Vorschrift, dass eine Gebarungsvorschau des Generaldirektors der Österreichischen Gesundheitskasse vorzulegen ist. Es war schon sehr bemerkenswert, wir haben das auch in den Sitzungen zwischen Bund und Ländern durchaus heiß diskutiert, dass dem Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse gestattet worden ist, dass er diese Gebarungsvorschau nicht vorlegen muss. Das ist - ganz im Sinne Ihrer Frage - aus meiner Sicht ein wirklicher Unsicherheitsfaktor für die Weiterentwicklung der Primärversorgungseinheiten in Wien.
Wir müssen davon ausgehen, dass die Einnahmensenkung durch die steigende Arbeitslosigkeit, durch die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Lande dramatische Auswirkungen auf das Gesundheitssystem haben wird. Wenn wir das, was in Österreich passieren wird, auf Wien umlegen, erwarten wir im Wiener Gesundheitsfonds im Vergleich zum Vorjahr mindestens einen Verlust von 300 Millionen EUR. Diese 300 Millionen EUR sind zentraler Bestandteil der Finanzierung unserer Spitäler. Das heißt, der Finanzbedarf ist nicht nur im Bereich des niedergelassenen Systems gestiegen, sondern der Finanzbedarf ist schon auch im intramuralen Bereich, im Spitalsbereich gestiegen.
Es wird wirklich höchste Zeit, es wird wirklich höchste Zeit, dass ernsthafte Gespräche über ein Hilfspaket für das Gesundheitssystem in Österreich beginnen. Die Gespräche müssen jetzt beginnen, nicht im Herbst und schon gar nicht im Winter, denn die Einnahmenverluste sind schon real, die Österreichische Gesundheitskasse hat schon 400 Millionen EUR Einnahmenverlust verbucht, da gibt es auch keinen Nachzieheffekt oder sonst etwas, das ist schon verbucht. Es muss gehandelt werden, es muss jetzt gehandelt werden, und ich kann nur immer wieder darauf aufmerksam machen. Ich nutze auch jede Gelegenheit, die sich dafür ergibt, weil ich glaube, dass es von ganz zentraler Bedeutung ist, dass wir endlich Gespräche über ein Hilfspaket für das gesamte Gesundheitssystem in unserem Lande brauchen.
Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Kops gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dietrich Kops (HC): Danke, Herr Stadtrat, für die ausführliche Beantwortung. Sie haben unbewusst meine Anfrage beantwortet, danke.
Präsident Ernst Woller: Sehr gut! Wir kommen dann zur 2. Zusatzfrage, sie wird von Herrn Abg. Gara gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat!
Zweifelsohne ist die Corona-Krise ein wirklicher Stresstest für unser Gesundheitssystem.
Natürlich werden im Zuge dieses Stresstests auch die bestehenden Schwächen ziemlich brutal aufgedeckt. Ich bin vollkommen bei Ihnen, dass wir genau diese Problematik, diese sektorale Verteilung, intra- und extramuraler Bereich haben, aber ich möchte schon zwei Dinge anmerken. A: Bereits unter Gesundheitsministe
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