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Landtag, 47. Sitzung vom 31.08.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 40

 

meine Fragestellung ist: Sehen Sie hier eine Overstafftheit, also ein zu großes Ausmaß an Mandatsträgern, oder halten Sie gerade auf Bezirksebene die Tätigkeit der dort vorhandenen Mandatare für ganz wesentlich für unser demokratisches Verständnis?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ich halte es für ganz wichtig, dass die Wählerinnen und Wähler Gelegenheit haben, auch gemeinsam mit politischen Mandatarinnen und Mandataren, die ja in den verschiedenen Gebietskörperschaften auch die Interessen der Bevölkerung zu vertreten haben, in den Diskurs einzutreten. Ich war selber einige Jahre hindurch auch Bezirksvertreter in meinem Heimatbezirk, in Floridsdorf, und weiß deshalb, dass gerade jene Frauen und Männer, die in der Bezirksvertretung tätig sind, einen sehr unmittelbaren Kontakt zur Bevölkerung haben. Das ist ganz, ganz wertvoll für die Demokratie, und ich bin sehr dafür, dass man alle Lebensbereiche mit Demokratie durchflutet. Das gilt für die Tätigkeit in den politischen Gebietskörperschaften, das gilt aber natürlich auch im Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft, das gilt in vielen anderen Lebensbereichen. Gerade im Bezirk hat die Kommunalpolitik eine ganz besondere Bedeutung, weil hier der Kontakt gegeben ist.

 

Wir haben in Österreich, wie ich meine, zu Recht ein sogenanntes Verhältniswahlrecht - im Unterschied zu Mehrheitswahlrechten, die es vor allem im angelsächsischen Raum gibt, wo dann sehr oft eine Partei, die vielleicht knapp vor anderen liegt, alle Mandate für sich in Anspruch nehmen kann, aber den gesamten Wählerwillen meines Erachtens nicht korrekt abbildet. Ich halte es für wichtig, dass auch kleinere Parteien vorkommen - in allen Gebietskörperschaften, das gilt auch für Bezirksvertretungen -, und ich bin mir nicht sicher, ob sich die NEOS etwas Gutes damit tun würden, wenn man die Gesamtmandatszahl reduziert und damit in Wirklichkeit kleinere Parteien aus dem Willensbildungsprozess ausschließt.

 

Von daher macht es also Sinn, finde ich, dass es eine möglichst ausreichende Breite gibt, um auch den Gesamtwillen der Bevölkerung abzubilden, und von daher, glaube ich, hat Demokratie einen so hohen Stellenwert, dass man natürlich immer auf Effizienz achten muss - es sind immer Steuergelder, die wir da zum Einsatz bringen -, dass einem aber bewusst sein muss, dass Demokratie auch Geld kosten muss und dass wir zumindest eine gewisse geringfügige Abgeltung für Menschen, die sich für die Allgemeinheit engagieren, finden müssen. Und ich weiß, dass das gerade bei Bezirksmandatarinnen und Bezirksmandataren für die Leistung, die sie erbringen, die Zeit, die sie aufwenden - sehr oft auf Kosten der Familie, der eigenen Gesundheit -, maximal ein Anerkennungsbeitrag ist und in Wirklichkeit nicht unter die Kategorie Einkommen fällt. Wie im Übrigen, würde ich behaupten, auch alle anderen politischen Mandatarinnen und Mandatare, verglichen mit Bezügen, die beispielsweise in der Wirtschaft üblich sind, keine besonders üppigen Zuwendungen erhalten.

 

Dass das in der Bevölkerung anders ankommt, hängt leider auch mit dem politischen Diskurs, den wir führen, zusammen. Ich bedaure es sehr, dass man da sehr oft auch unter den politischen Mandatarinnen und Mandataren versucht, Vorteile zu erzielen, indem man die politische Arbeit schlechtredet. Das halte ich in einer Demokratie für nicht gut. Es sollten sich immer die Besten bemühen, auch politische Mandate zu übernehmen. Das wird aber nicht gelingen, wenn man die politische Tätigkeit generell schlechtredet und versucht, mit möglichst weitem Drücken von Einkommen und Bezügen darzustellen, dass die Leistung, die Politikerinnen und Politiker erbringen, eigentlich nichts wert ist. Ich glaube, damit tun wir der Demokratie nichts Gutes.

 

Von daher gebe ich Ihnen völlig recht: Es macht Sinn, dass man auch die Tätigkeit in den Bezirken - aber ich würde anmerken: auch im Gemeinderat und Landtag - durchaus aufwertet, denn ich persönlich freue mich sehr, dass es in der Demokratie Menschen gibt, die auch bereit sind, Zeit, Kraft, Energie einzusetzen, um für das Gemeinwohl einzutreten.

 

Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Ellensohn gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.04.53

Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Landeshauptmann, Herr Bürgermeister! Wir hatten jetzt Ausführungen betreffend die Höhe der Wahlkampfkosten. Jetzt gibt es im Bund eine Strafbestimmung dazu, die zwar sehr mager ist, sodass es für Parteien wie früher für die Partei des Millionärs, des Herrn Stronach, und für andere Parteien auch, auch schon egal ist, um wie viel man die Grenze dann überschreitet, in Wien haben wir eine 6-Millionen-Grenze, allerdings keine einzige Strafbestimmung. Also wenn jetzt jemand doppelt so viel Geld hätte - wie die Volkspartei beim letzten Nationalratswahlkampf -, dann hat es keine weiteren Folgen.

 

Glauben Sie, dass wir über Strafbestimmungen nachdenken sollten? Denn eine 6-Millionen-Grenze, bei der es eh wurscht ist, wenn ich sie nicht einhalte, führt dazu, dass diejenigen, die das können - wir GRÜNEN haben damit kein Problem, denn wir werden eher nur ein Viertel von 6 Millionen EUR ausgeben -, mitunter darüber hinausgehen. Das ist also kein Problem für die GRÜNEN, aber für andere Parteien, die finanzstärker sind, ist es ein Leichtes, manchmal darüber hinauszugehen.

 

Glauben Sie, wir sollten uns, alle Fraktionen im Haus, zusammensetzen und über Strafbestimmungen nachdenken?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte schön, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ja, es sind natürlich alle Bestimmungen immer so zu treffen, dass ihre Einhaltung auch kontrolliert werden kann und sich notfalls auch entsprechende Sanktionsmöglichkeiten mit anschließen. Ich habe schon erwähnt, dass das eine Angelegenheit der Parteien beziehungsweise der politischen Klubs ist, sich darauf zu verständigen und zu einigen. Ich glaube, mich erinnern zu können, dass der Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke schon einmal eine Aussage in der Richtung getroffen hat, dass man durchaus auch bereit sein sollte, entsprechende Sanktionsmöglichkeiten

 

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