Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 48
gen, auch an. Das ist mir sehr wichtig, diese Vorgehensweise, weil es die Grundlage für eine tatsächlich sinnvolle Verbesserung von Problemen ist, dass man sich eine Situation auch differenziert anschaut. Zu dieser differenzierten Betrachtung gehört neben der Beachtung der besonderen Herausforderungen, die eine Großstadt nun einmal hat, auch die Tatsache, dass die Wiener Kinder- und Jugendhilfe sozialpolitisch auch aus einer ganz anderen Tradition kommt, als es in anderen Bundesländern der Fall ist.
Bei uns ist es zum Beispiel so, dass auch die stationäre Betreuung von Kindern mit Behinderung oder von Kindern mit schweren psychischen Problemen in die Fremdunterbringung einberechnet wird. Aber ja, auch wenn man das alles berücksichtigt, bleibt trotzdem der Stand der Fremdunterbringung in Wien sehr hoch, keine Frage. Es ist nur auch klar, dass Kinder niemals aus Jux und Tollerei aus den Familien genommen werden, sondern in aller Regel nur dann, wenn gelindere Maßnahmen nicht ausreichen, um das Kindeswohl sicherzustellen. In den Einzelfällen sind das wirklich oft extrem schwierige Situationen und schwere Entscheidungen, weil stellen Sie sich vor, was passiert, wenn die Kinder- und Jugendhilfe nicht tätig wird, man ein Kind nicht aus der Familie herausnimmt und es später dann zu einer Eskalation der Situation kommt, möglicherweise Gewalterfahrungen in der Familie gemacht werden müssen oder im schlimmsten Fall sogar der Fall, den Sie eh in Ihrem Bericht zitieren, was mit den zwei Mädchen geschehen ist. Ich sag‘s Ihnen ganz ehrlich, ich will diese Entscheidungen nicht treffen müssen. Es ist nur jedenfalls so, dass alle Beteiligten in diesem Prozess ein großes Interesse daran haben, Kinder möglichst nicht fremdunterbringen zu müssen, und zwar sowohl aus inhaltlichen, also für das Kind persönlichen Gründen, als auch aus finanziellen Gründen für die öffentliche Hand.
Um sicherzustellen, dass genügend Ressourcen für die Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen, haben wir im Regierungsprogramm festgeschrieben und auch als ersten Schritt schon im Budget für heuer beschlossen, dass wir die Kinder- und Jugendhilfe weiter ausbauen werden, und zwar sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Wir wollen sowohl mehr sozialtherapeutische, sozialpsychiatrische Plätze in den WGs und auch mehr Plätze in den Krisenzentren zur Verfügung stellen als auch mehr ambulante Plätze, mehr Familienarbeit. Wir brauchen nämlich ein Sowohl-als-auch, weil beides ist Präventionsarbeit. Beides ist Präventionsarbeit dafür, dass jedes Kind in unserer Stadt in Schutz und Geborgenheit aufwachsen kann und genau die Unterstützung bekommt, die es auch braucht.
Abschließend möchte ich noch kurz auf mein persönliches Lieblingsthema zu sprechen kommen, das Sie auch in Ihrem Bericht erwähnen, nämlich die Hilfen für junge Erwachsene, also Unterstützung für junge Menschen, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgewachsen sind, dort volljährig werden und dann in der Regel mit 18 in ein selbstständiges Leben wechseln, teilweise wechseln müssen, sogenannte Care Leaver. Sie fordern dabei völlig zu Recht eine Ausweitung der Hilfen für junge Erwachsene, also eine Unterstützung, eine vermehrte Unterstützung auch nach dem 18. Geburtstag. Das wäre wirklich wichtig, weil wir eben wissen, dass viele von ihnen auf Grund der erfahrenen Traumata in den Familien mit 18 einfach noch nicht so weit sind, selbstständig und selbstbestimmt gut leben zu können. Nur, auch hier möchte ich eine kleine Anmerkung zu Ihren Ausführungen machen: Der Bundesländervergleich, den Sie in Ihrem Bericht ziehen, der hinkt nämlich massiv. Es gibt in Wien schon jetzt Unterstützungsleistungen für diese Zielgruppe, die über die klassischen Hilfen für junge Erwachsene aus der Kinder- und Jugendhilfe hinausgehen, zum Beispiel betreutes Wohnen oder eine Fortführung der Fremdunterbringung im Rahmen der Wohnungslosenhilfe oder der Behindertenunterstützung im Rahmen des FSW. Oder aber auch die Tatsache, dass in Wien allen Care Leavers die Miete einer Gemeindewohnung ermöglicht wird. Glauben Sie mir, ich beschäftige mich wirklich sehr, sehr intensiv seit vielen Jahren mit diesem Thema und diese Leistungen können Sie in anderen Bundesländern wirklich sehr lange suchen. Ich kann Ihnen aber auch ganz persönlich versichern, dass wir diese Gruppe wirklich speziell im Blick haben, und das ist auch der Grund, warum wir eine Ausweitung der Hilfen für junge Erwachsene auch im Regierungsprogramm festgehalten haben. Damit möchte ich jetzt einen Punkt unter meine Ausführungen machen.
Ich bedanke mich abschließend noch einmal für Ihre gewissenhafte Arbeit. Bitte auch von meiner Seite das an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Bericht, der schon alleine auf Grund des schweren Jahres 2020 sicher in einem besonderen Licht zu sehen sein wird. Alles Gute für Ihre Arbeit daran!
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Berger, ich erteile es ihm.
Abg. Stefan Berger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Sitzungsaal! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen!
Ich möchte im Rahmen des Berichtes der Volksanwaltschaft an den Wiener Landtag zu zwei Punkten sprechen und gewissermaßen auch mit demselben Thema, mit demselben Punkt beginnen wie schon mein Vorredner, der Herr Kollege Gremel. Ich sehe ihn jetzt leider Gottes nicht mehr hier im Raum. Ah doch, da drüben sitzt er, entschuldige, tief im Gespräch. Ja, es geht um das Thema der Heimopferentschädigungen, das ja grundsätzlich nicht neu ist, das wir auch schon einmal in einem Bericht entsprechend hatten und wo sich nun schon gewissermaßen die Frage stellt - also ich beziehungsweise wir, meine Fraktion, halten die Institution der Volksanwaltschaft für wirklich sehr, sehr wichtig, und es sollte, glaube ich, auch im Interesse des Landes beziehungsweise auch der Stadt sein, entsprechend hier den Vorschlägen zu folgen. Insofern ist es aus unserer Sicht entsprechend unverständlich, wieso hier insbesondere
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