Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 48
gen von der ÖVP, den Kopf schütteln, wenn ich mir Ihre fast frechen Anträge anschaue: Sie sitzen im Glashaus und werfen mit Steinen?! Sie greifen seit Jahren tief in die Taschen und jetzt schreien Sie: Haltet den Dieb! Wie passt das zusammen?
Wir haben im Wahlkampf ein Fairnessabkommen geschmiedet. Sie hätten die Chance gehabt mitzumachen. Wir haben Sanktionen bei Überschreitung der Obergrenze vorgesehen. Davon wollten Sie aber nichts wissen. Wir könnten heute die teuersten Arbeitslosen in Wien abschaffen, die nicht amtsführenden Stadträte, deren Posten Sie so gerne bekleiden. Aber dagegen wehrt sich die ÖVP im Bund. Und davon wollen Sie auch nichts wissen.
Wir könnten den Wienerinnen und Wienern 1,2 Millionen EUR im Jahr für diese unnötigen Posten sparen. Mehr als der Begriff heuchlerische Scheinheiligkeit fällt mir dazu nicht ein. Dass Sie vor Scham nicht in den Boden versinken, wenn Sie solche Anträge hier vorbringen, wundert mich sowieso. Im Bund hat sich nämlich die ÖVP, seit es die Wahlkampfkostenobergrenze gibt, kein einziges Mal daran gehalten. Kein einziges Mal!
Bei der Nationalratswahl 2013 haben Sie die Grenze von 7 Millionen um stolze 4 Millionen auf über 11 Millionen überschritten. Bei der Nationalratswahl 2017 haben Sie die Grenze von 7 Millionen um 6 Millionen, also fast um das Doppelte auf insgesamt 13 Millionen überschritten, damit auch wirklich jeder Heuballen in Österreich von Ihrer türkisen Heiligenverehrung überzogen werden kann.
2019 haben Sie die Grenze schon wieder um 2 Millionen überzogen, was aber, wie ich glaube, in Ihren Augen schon fast bescheiden gewesen ist, liebe ÖVP. Wenn Sie sich also heute hier herstellen mit Ihren Anträgen und die Worte Transparenz, sparsamer Umgang mit Steuergeld und Parteienfinanzierung in den Mund nehmen, dann sind Sie wirklich komplett unglaubwürdig und nicht ernst zu nehmen!
Wir haben das in diesem Haus schon oft eingebracht, wir haben es in anderen Bundesländern eingebracht, zum Beispiel in Niederösterreich, Sie haben jedoch keinem einzigen Antrag von uns zugestimmt. Auch erst jetzt 2020 in der Steiermark wollten Sie davon nichts wissen. Tun Sie daher jetzt nicht so, als wären Sie auf dieser Seite. Schieben Sie in Österreich weiter kaltherzig Kinder ab! Machen Sie weiter mit Ihrem Impfchaos! Schauen Sie, dass die Budgetzahlen um sechs Nullen nicht stimmen! Schauen Sie, dass die Corona-Hilfen nicht ankommen! Machen Sie weiter mit Ihrem Postenschacher! Ich hingegen bin dafür, dass wir hier in Wien arbeiten und die Bevölkerung entlasten, und ich glaube, das sehen die Wienerinnen und Wiener auch.
Nachdem heute Semesterschluss an den Schulen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen der ÖVP, ich kann Ihnen angesichts dieser Chuzpe nur mitgeben: Nicht genügend! Setzen!
Präsident Ernst Woller: Danke schön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Ellensohn. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Abgeordnete!
Wir unterstützen heute natürlich den Initiativantrag der Regierungsparteien. Die zwei Punkte sind, glaube ich, eh bei allen völlig unstrittig. Es geht um eine Auszahlung, die jetzt analog zu der Förderung im Bund erfolgt, nämlich in zwei Tranchen. Das passt allen. Ich glaube, darüber gibt es jetzt wenige Diskussionen. Und für die Aussetzung der Valorisierung für zwei Jahre haben sich auch alle deutlich ausgesprochen.
Die Anträge, um die es heute geht, kugeln rund um die Wahlkampfkostenobergrenze, und es gibt in Österreich nur zwei Fraktionen - ich gebe jetzt der Vorrednerin recht -, die gegen diese Wahlkampfkostenobergrenzen, die es in manchen Bundesländern gibt - eh nicht in allen -, noch nicht verstoßen haben: Die NEOS und die GRÜNEN haben die Wahlkampfkostengrenze immer eingehalten, alle anderen drei haben unterschiedlich große Schwierigkeiten damit. Es gibt zum Beispiel im Burgenland keine Wahlkampfkostenobergrenze, da kann es die SPÖ quasi auch alleine bestimmen. Also theoretisch könnten die BurgenländerInnen, wenn sie es hätten, noch mehr Geld ausgeben als alle anderen, die haben überhaupt keine Regelung. Die anderen Regelungen gehen von 2 EUR in Vorarlberg bis hinauf zur höchsten singulären Zahl, die 7 Millionen im Bund. Das Höchste, wenn man es pro Kopf umrechnet, ist das, was wir in Wien haben. Wien, Niederösterreich, Oberösterreich 6 Millionen für Landtagswahlkämpfe. Diese Höhe nennt der Landesgeschäftsführer in Oberösterreich weltfremd - wurscht, überall ist es eine andere Diskussion. Und wenn man mit einem Antrag kommt, den wir heute einbringen, 1 EUR pro WählerIn in Wien statt den 6 Millionen, die wir jetzt haben, werden ein paar sagen, so kann man gar nicht wahlkämpfen. Die Steiermark macht es aber so. Und dort kommt der Support nicht nur von den NEOS oder GRÜNEN, das haben die anderen auch beschlossen, alle gemeinsam im Übrigen, dort hat es eine andere Regierung beschlossen. Die kommen aus damit. Die kürzen ein, wie man wahlkämpfen darf.
Und bei uns in Wien ist es mit 6 Millionen das Höchste von allen. Ich habe natürlich das Koalitionspapier gelesen. Neben den 2 Punkten, die wir heute schon beschließen, steht da auf Seite 209, glaube ich, dass das von 6 auf 5 Millionen gesenkt werden soll. Der Antrag von uns ist fast analog zur Steiermark, analog zu dem, was die GRÜNEN von Vorarlberg bis ins Burgenland vertreten: Bei Landtagswahlkämpfen eine Begrenzung des Wahlkampfs auf 1 EUR pro WählerIn. Ich glaube, alle verstehen, dass Parteien Geld haben und arbeiten, wenn sie Anfragen kriegen, wenn sie der Bevölkerung helfen, wenn sie diese unterstützen, aber dass in Wahlkämpfen am Ende einfach auf Tod und Teufel inseriert wird und Plakate draußen hängen, das verstehen nicht alle. Wir GRÜNE haben gelernt, dass man 2019 einen Bundeswahlkampf ohne Plakate geführt hat, der zu einem viel höheren Ergebnis geführt hat als der davor mit ganz vielen Plakaten. Es ist also nicht einmal so, dass das unbedingt jedes Mal zum Erfolg führen würde.
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