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Landtag, 4. Sitzung vom 25.03.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 52

 

darauf, was da in Zukunft in diesem Zusammenhang kommt. Danke schön.

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Kickert. Ich erteile es ihr.

 

12.28.10

Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren - einige im Saal, die zuhören und hoffentlich auch einige Interessierte an den Bildschirmen!

 

Meine Vorrednerin ist sehr kompakt und sehr kurz gewesen und hat eigentlich nur darauf hingewiesen, dass es eine rasche Umsetzung gegeben hätte. Aus ihrer Sicht ist das nachvollziehbar, weil sie ja noch nicht lange dabei ist. Es ist ebenso nachvollziehbar, aus der Verantwortung des Herrn Landesrates, dass er die Umsetzung schnell gemacht hätte, weil es jetzt erst März ist und er auch noch nicht so lange in dieser Geschäftsgruppe tätig ist.

 

Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass die ersten Vorlagen zu dieser Sammelnovelle und zur Änderung dieser Gesetze im Jahre 2016 vorgelegen sind. Das heißt, es war eine zähe Arbeit, so weit zu kommen, und welche Punkte in dieser zähen Arbeit immer noch nicht so umgesetzt worden sind, wie wir glauben, dass sie umzusetzen sind, darauf werde ich eingehen.

 

Trotzdem möchte ich mich für die Gespräche der letzten Wochen und auch für die amikale Zusammenarbeit bedanken. Wie gesagt, die Zusammenarbeit war durchaus freundschaftlich, in der Sache aber - wie soll ich sagen - sehr bestimmend in dem Sinne, dass die Vorschläge, die wir gebracht haben, und auch die vielen eingebrachten Stellungnahmen bei Weitem nicht umgesetzt worden sind.

 

Es ist richtig, Herr Landesrat, dass Sie in der Anfragebeantwortung schon auf den Sinn oder den Geist der Aarhus-Konvention eingegangen sind. Warum aber gibt es diese Aarhus-Konvention überhaupt? Es gibt nämlich in dieser Aarhus-Konvention einen wesentlichen Punkt, nämlich das Recht jeder einzelnen Person auf ein Leben in einer der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt. Dieses Recht zu schützen, ist der Sinn der Aarhus-Konvention.

 

Um dieses Recht auf ein Leben in einer, nennen wir es einfach, intakten Umwelt haben zu können, gibt es das Recht auf Zugang zu Information, das Recht auf Öffentlichkeitsbeteiligung und dann natürlich das Recht auf den Zugang zu Gerichten in all diesen umweltrelevanten Verfahren. Es bezieht sich also nicht nur auf Umweltorganisationen, sondern auf das Recht jeder einzelnen Person. Das ist einer der Punkte, die in dieser Novelle nicht erfasst werden.

 

Es werden die Rechte auf Information und auch auf Beteiligung auf Umweltorganisationen eingeschränkt, die laut der Umweltverträglichkeitsprüfung anerkannt sind. Das sind zur Zeit genau 27 Organisationen. Das ist zugegebenermaßen ein Fortschritt, aber entspricht aus unserer Sicht und übrigens auch aus der Sicht der Stellungnahmen vieler Juristinnen und Juristen nicht der Aarhus-Konvention. Übrigens vertritt diese Meinung auch die Arbeiterkammer Wien, nachzulesen in ihrer Stellungnahme zum ersten Entwurf aus dem Juli oder August letzten Jahres.

 

Der zweite Punkt, den wir seit Jahren einfordern und nicht nur wir, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit, die im Geist der Aarhus-Konvention ja beteiligt werden sollte, ist die Einschränkung auf bestimmte Verfahren, nämlich nur auf die „europarechtlich determinierten“ heißt es so schön, also auf die europarechtlichen Verfahren. Das sind die Auswirkungen der Ziele auf den Nationalpark Lobau, Eingriffe in sogenannte Europaschutzgebiete und Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten.

 

Das heißt, nicht vorgesehen ist die Einbindung der Zivilgesellschaft in alle Verfahren, die Naturschutzgebiete betreffen oder die Landschaftsschutzgebiete betreffen oder die geschützte Landschaftsteile betreffen, also ein ziemlicher großer Teil. Das ist schade, weil wie der Landesrat schon erwähnt hat, stehen in Wien eigentlich gar nicht so viele Verfahren an, an denen die Öffentlichkeit ein Interesse an Beteiligung hat. Das heißt, Wien hätte es sich ganz leicht leisten können, dem Geiste und den Buchstaben der Aarhus-Konvention weiter nachzukommen und tatsächlich ein Vorbild für alle anderen Bundesländer zu sein. In manchen Bereichen ist es sogar weniger fortschrittlich oder restriktiver, als andere Bundesländer es umgesetzt haben.

 

Also nochmals, die hier erfolgte Umsetzung beschränkt sich wirklich nur auf einen Teil, nämlich auf den unionsrechtlich bestimmten Teil des Umweltrechts und lässt sehr, sehr viele andere Teile aus. Aus meiner Sicht entspricht das jetzt nicht nur nicht dem Geiste, sondern es wird daher ziemlich sicher zu Einsprüchen kommen und daher kann man wirklich sagen, dass Wien der völkerrechtlichen Verpflichtung der Aarhus-Konvention - die auch Wien eingehen muss, so wie Österreich - nicht nachgekommen ist.

 

Der dritte Bereich, der mir wichtig ist und zu dem ich dann auch einen Abänderungsantrag einbringe, sind die wirklich knappen Fristen und das, was sich als Zustellfiktion bezeichnet. Der Entwurf sieht vor, dass Bescheide, die zum Beispiel artenschutzrechtliche Verbote betreffen, lediglich für vier Wochen auf einer Plattform bereitgestellt werden und schon ab dem ersten Tag der Bereitstellung als zugestellt gelten.

 

Diese Geltung, nämlich Zustellung ab dem ersten Tag - sobald es da ist, gilt es als zugestellt, egal, ob du auf diese Plattform reinschaust oder nicht -, ist gemessen an der sehr knappen Frist von nur vier Wochen wirklich knapp und wirklich wesentlich restriktiver als alle einschlägigen Bundesgesetze oder auch andere Landesgesetze. Diese Regelung erscheint nicht nur mir, sondern auch namhaften Juristen wie Daniel Ennöckl fraglich - ob die Fiktion bei so einer knappen Frist ab der sofortigen Zustellung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist -, weil damit die sogenannte Rechtsmittelfrist von Umweltorganisationen im Vergleich zu herkömmlichen Parteien im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes verkürzt wird.

 

Das ist jetzt sehr juristisch, aber bei Gesetzen muss man halt auch darauf achtgeben, weil sonst schafft man

 

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