Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 93
einzugehen und auch Konsequenzen für die Autoritätspersonen zu setzen, denn in Wien hat Diskriminierung jeglicher Art keinen Platz.
Und der dritte Punkt, den ich hervorheben möchte, ist die Frage nach der Deradikalisierung - denn Deradikalisierungsarbeit ist Demokratiearbeit. Junge Menschen, die in der Selbstfindungsphase sind, sind anfälliger für radikales Gedankengut. Diese jungen Menschen gilt es, in unsere demokratische Gesellschaft wieder zurückzuholen. Denken wir darüber nach, nicht nur den betroffenen Jugendlichen aktiv zu helfen, sondern auch dem familiären Umfeld, denn zumeist sind die Angehörigen und Freunde über die Vorhaben der eigenen Kinder, der eigenen Freunde, der eigenen Geschwister nicht informiert und sind genauso überrascht. Mein Kollege Kunrath beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema und kann aus Erfahrung sagen: Es braucht Betreuung der Familie, der Freunde und der Bekannten.
Deradikalisierungsarbeit alleine reicht aber nicht, es braucht auch präventive Arbeit. Denken wir darüber nach, Demokratieunterricht im Wirkungsbereich der Stadt Wien einzuführen, um das demokratische Selbstbewusstsein von jungen Menschen zu stärken!
Summa summarum ist der Bericht ein Signal an uns PolitikerInnen. Er zeigt auf, wo in der Stadt Wien bei Kinder- und Jugendfragen der Schuh drückt, wo wir als Politik Aufholbedarf haben. Nehmen wir uns diesen Bericht zu Herzen und erarbeiten wir gemeinsam Konzepte für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt Wien!
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Zierfuß. Ich erteile es ihm.
Abg. Harald Zierfuß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Kinder- und Jugendanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir werden den Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft zur Kenntnis nehmen. Ganz leicht fällt uns das nicht, und man muss schon sagen - der Kollege von der FPÖ hat das ein bisschen ausgeführt, wir sagen es vielleicht nicht ganz in dieser Deutlichkeit -, der Bericht ist leider über weite Strecken dann doch ideologisch eingefärbt. Und das finden wir schade.
Besonders kommt das bei der Passage über die Deutschförderklassen zum Ausdruck. Wir wissen, dass das Modell in der Vergangenheit in Wien nicht gut funktioniert hat. Alle Ergebnisse zeigen uns, dass wir enorme Probleme bei den Sprachkenntnissen von Kindern haben, gerade in der Mittelschule, und es ist auch klar, warum: Man braucht gewisse Grundkenntnisse in der deutschen Sprache, damit man dem Unterricht folgen kann und auch, damit man die Deutschkenntnisse dann im bilateralen Gespräch verbessern kann.
Das hat sogar Rot-Grün in Berlin erkannt, und wir sind wahrlich nicht nahe dieser Regierungsform, aber auch dort gibt es Willkommensklassen. Man nennt sie halt anders. Ich verstehe nicht ganz, warum sich Wien so sträubt, und vor allem verstehe ich nicht, warum eine Kinder- und Jugendanwaltschaft auf diesen Zug aufspringen muss.
Wenn man etwas für die Kinder und deren Zukunft machen möchte, dann muss man schauen, dass sie bestmöglich Deutsch lernen. Deswegen bin ich froh, dass es die Bundesregierung gegeben hat, die Deutschförderklassen eingeführt hat, und wir werden weiterhin daran festhalten.
In einem Bereich war ich dann doch überrascht: Mittlerweile anerkennt sogar die Kinder- und Jugendanwaltschaft in Wien, dass wir ein massives Problem im Integrationsbereich haben. Ich habe Überschriften gelesen wie „Dschihadismus in Europa“, „Gewalt in Favoriten“, „Jugendliche im Einflussbereich islamistischer und türkisch-nationaler Gruppen“, und das in einem Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien. Das zeugt dann schon davon, wie weit wir hier in Wien sind, wie lange die Wiener Stadtregierung geschlafen haben muss und leider auch noch weiterhin schläft.
Durch den Bericht ziehen sich aber auch Probleme, die unbestritten sind, Probleme während Corona. Ja, das ist ein riesiges Thema in den Schulen, in der Jugendarbeit, im Privatleben und damit in der Psyche der jungen Menschen in Wien. Wir hatten ja gestern auch das Thema Impfungen, wo wir froh sind, dass die Stadt endlich eingelenkt hat und auch jungen Menschen Impfungen zur Verfügung stellt und damit auch ihren Beitrag dazu leistet, dass das Leben der Jugendlichen in Wien wieder ein Stückchen weit normaler wird. Besser spät als nie.
Wir bringen abschließend noch einen konkreten Antrag ein, weil die Stadt nach wie vor versucht, den Heimskandal unter den Tisch zu kehren. Im Sinne der Betroffenen braucht es endlich eine offizielle Entschuldigungszeremonie, und die fordern wir mit dem Antrag ein. - Vielen Dank.
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Danke schön. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Hanke. Ich erteile es ihr.
Abg. Marina Hanke, BA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Kinder- und Jugendanwältin und sehr geehrter Kinder- und Jugendanwalt!
„Kinderrechte kennen keinen Lockdown“, schreiben Sie in der Einleitung von diesem wunderbaren Bericht, der uns vorliegt, und mahnen damit ein, dass es höchst an der Zeit ist, Kinderrechte ganz klar in den Fokus zu rücken.
Wir haben in diesem Raum schon öfter darüber gesprochen: Es ist gerade das vergangene Jahr der Covid-19-Pandemie, das insbesondere Kinder und Jugendliche natürlich überdurchschnittlich betroffen hat.
Lockdown und Ausgangsbeschränkungen, deren Missachtung gerade zu Beginn zum Teil auch bei Jugendlichen mit oft sehr hohen Strafen geahndet wurde - Strafen, die sich mittlerweile als verfassungswidrig herausgestellt haben -, aber auch Homeschooling, Distance Learning, die bestehende Ungleichheiten im Bildungssystem einfach noch viel deutlicher zu Tage treten haben lassen, verlorene Lehrstellen, nicht zu findende neue Lehrstellen, Jugendarbeitslosigkeit, aber auch ganz schwierige Situationen betreffend Obsorge oder auch das Kontaktrecht - das alles sind zahlreiche Probleme,
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