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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 93

 

Auch hier bin ich einverstanden, aber wie erklären Sie mir, dass Sie den Beschäftigungsbonus plus ersatzlos streichen, der genauso ein Sprungbrett sein könnte?

 

Ich kann hier nur feststellen, dass Sie offenbar die eigene Bekenntnislyrik im Beschlussantrag nicht gelesen oder verstanden haben, bevor Sie den Initiativantrag eingebracht haben. Wir fordern Sie auf, dieses unsoziale Gesetzesvorhaben zurückzuziehen, und wir verlangen, dass eine etwaige Form der Wiener Mindestsicherung einer Begutachtung unterzogen wird, transparent für die Bevölkerung und offen für Stellungnahmen der Zivilgesellschaft und nicht husch pfusch im Hinterzimmer. - Danke für die Aufmerksamkeit.

 

Präsident Christian Meidlinger: Als Nächster ist Herr Abg. Gasselich zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihm.

 

15.21.36

Abg. Mag. Patrick Gasselich (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender! Sehr geehrter Landesrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wir haben in den letzten Wochen, Monaten, ja, sogar Jahren wirklich schon sehr viel über die Mindestsicherung geredet und auch heute wurde schon genug darüber geredet. Kurz zur inhaltlichen Diskussion hier: Für uns war es immer schon das Ziel, Leute aus der Armut herauszuholen. Wir wollen keine Anreize setzen, damit jemand in staatlicher Abhängigkeit bleibt, wir wollen nämlich ein Sprungbrett in die Selbstständigkeit schaffen und Wien nicht als Sozialmagnet etablieren. Der Kollege Seidl hat beispielsweise schon einige Statistiken gebracht, ich möchte es vielleicht um eine ergänzen, nämlich die durchschnittliche Bezugsdauer, und die ist in Wien im Österreichvergleich mit Abstand am höchsten. Und natürlich, nach Corona, wenn diese Pandemie vorbei ist, wird es noch wichtiger werden, hier die Leute aus der Armut herauszuholen, da nämlich genau das das Ziel von uns ist.

 

Was allerdings nicht geht, und das wurde auch schon oft angesprochen, ist die formale Vorgehensweise. Wir haben einen Initiativantrag, im Ausschuss lag dann plötzlich noch einmal ein Abänderungsantrag auf den Tischen, und alleine heute gehen Dreiviertel der Tagesordnungspunkte über Initiativanträge. Das ist einfach eine Kultur ohne ordentliches Gesetzgebungsverfahren, was wir so auf jeden Fall nicht unterstützen können.

 

Der Grund dafür ist allerdings relativ klar: Man will einfach keine Stellungnahmen haben, denn was würden diese Stellungnahmen sagen? - Dass das Wiener Mindestsicherungsgesetz verfassungswidrig ist und jetzt mittlerweile seit eineinhalb Jahren verfassungswidrig ist. Und wenn ich da kurz auf die NEOS noch eingehen kann, und den Kollegen Konrad, der gesagt hat, die einen sind dagegen, die anderen auch, also ist es ganz gut, was wir machen. - Na ja, es ist halt verfassungswidrig, was ihr macht. Das finde ich nicht gut, da aus eurer Sicht irgendwo in der Mitte zu sein, ihr setzt einfach das Gesetz nicht um, und das ist verfassungswidrig.

 

Ich habe auch schon in der Landtagssitzung im Dezember etwas versucht und werde es heute wieder versuchen. Es ist klar, SPÖ, NEOS und GRÜNE sehen das auf eine bestimmte Art und Weise, FPÖ, ÖVP auf eine andere Art und Weise. Das ist ganz normal in einer Demokratie, aber dafür gibt es Spielregeln, an die man sich dann zu halten hat. Und wenn wir jetzt einfach einmal diese inhaltlichen Differenzen außen vor lassen und uns das nur aus verfassungsrechtlicher Sicht anschauen? Es ist so absurd, dass wir das … (Zwischenruf.) - Ja, wir halten uns wenigstens an die Urteile vom VfGH, nicht so wie anderen hier. (Zwischenrufe.) Okay, aber wir können gerne auch über das reden, wenn Sie wollen, das ist überhaupt kein Problem. Es ist aber alleine diese Chuzpe von der SPÖ, zuerst eineinhalb Jahre mit den GRÜNEN und dann mit den NEOS die Verfassung zu brechen. Die Volksanwaltschaft sagt sogar, ihr brecht die Verfassung. Und ihr traut euch wirklich irgendein Wort über Verfassung hier zu sagen? Also das ist ja wirklich unfassbar!

 

Es ist absurd, dass wir jedes Mal wieder über die Verfassung reden müssen, da diese das wichtigste Merkmal einer Demokratie ist, Grundlage des staatlichen Handelns, und hier einfach mit Füßen getreten wird. Und diese Anwandlungen, weil man inhaltlich eine andere Meinung hat, das sind Anwandlungen von einem antidemokratischen Verhalten. Ich sehe es ja die ganze Zeit, diese Scheinheiligkeit und dieses Lächeln im Gesicht, und wie man ausgelacht wird, ist wirklich ein Wahnsinn. Der Herr Landesrat macht es jetzt wieder. Mir konnte bisher niemand verfassungsrechtlich erklären, wieso das eigentlich in Ordnung ist, was hier passiert. Ich habe es leider bis heute immer noch nicht gehört. (Zwischenruf von Abg. Kurt Wagner.) - Herr Wagner, ich habe das Gesetz von Anfang an hier mitbegleitet, keine Sorge, ich glaube, ich kenne mich hier ganz gut aus in dem Gesetz.

 

Da ich in dem Antrag von SPÖ und NEOS gelesen habe: „Fragmente einer Grundsatzgesetzgebung.“ Das ist schon wieder der nächste Schlag ins Gesicht von der Verfassung. Das gilt. Es ist umzusetzen. Punkt. Das ist ganz einfach. Wenn man unterschiedlicher Meinung ist, okay, soll so sein, aber wieso man das nicht umsetzt, ist einfach unfassbar. Es ist einfach ein absolutes No-go, dass hier die Verfassung weiterhin nicht umgesetzt wird. Unser Landesparteiobmann hat am Anfang davon gesprochen, dass das ein Verfassungsbruch mit Anlauf ist, was hier passiert. Und mittlerweile leben wir jetzt schon seit eineinhalb Jahren mit diesem Verfassungsbruch, jetzt ist es nicht mehr wirklich mit Anlauf, sondern ich finde, der ist eher mit so einem Lächeln im Gesicht. Alleine schon, wenn wir im Ausschuss sitzen und wie darüber geredet wird, auch vom Herrn Landesrat, was er zur Volksanwaltschaft sagt. Es ist einfach unglaublich, was man zu dem Bericht der Volksanwaltschaft sagt, dass man sagt, man nimmt den zur Kenntnis, wenn die sagen, man hat hier ein verfassungswidriges Gesetz. Und was passiert hier? Die SPÖ-Wien, LR Hacker stellen sich über die Verfassung, stellen sich über den Verfassungsgerichtshof. Und man stellt sich auch über eine Institution wie die Volksanwaltschaft. Und gleichzeitig wird das auch alles noch ein bisschen lächerlich gemacht. Und immer, wenn ich über die Verfassung rede, muss ich, ohne das wirklich vergleichen zu wollen, irgendwie an diesen Sturm vom Capitol denken und wie

 

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