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Landtag, 6. Sitzung vom 13.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 34

 

Verlierern - Schulen mit dem höchsten Indexwert genauso. Das heißt, die mit den meisten Herausforderungen verlieren auch. Wir fragen uns: Wie gibt es das? Wie kann das sein? Wie kann es sein, dass eine Schule mit einem der höchsten Indexwerte Wiens überhaupt Stunden und LehrerInnen verliert? Mein Kollege Felix Stadler wird später noch auf die Zahlen eingehen und Ihnen vorrechnen, warum wir hier weiter von einem Bildungsraub sprechen werden. Ihr habt den Schulen, die es am dringendsten bräuchten, auch Stunden gekürzt, die LehrerInnen weggenommen.

 

Es ist also in den Augen vieler Kinder eigentlich auch ein LehrerInnenraub, wenn Sie diese so von heute auf morgen an andere Standorte versetzen.

 

In einer Antwort in den sozialen Medien schreiben Sie, Herr Bildungsstadtrat: „Jede Lehrerin, jeder Lehrer kann weiter beschäftigt werden. Es kann sein, dass manche Lehrkräfte die Schule wechseln, ein Vorgang, der aber immer wieder aus verschiedensten Gründen möglich ist.“ Faktisch richtig, praktisch ignoriert diese Aussage jeden sozialen Aspekt von Schule. Ich frage mich wirklich: Wie kann man so technisch über Schule schreiben? Pädagogische Arbeit ist immer auch Beziehungsarbeit. Ihr nehmt den Kindern die LehrerInnen weg, mit denen sie bisher gut zusammengearbeitet haben. Ihr stört mit eurer Reform funktionierende Klassengemeinschaften und ihr reißt sie auseinander. Warum macht ihr das? Warum macht ihr das? Nichts an eurer Reform ist transparent. Das Einzige, was jetzt transparent ist, weil es die Konsequenz eures Bildungsabbaus ist, ist: Größere Klassen ist gleich mehr Geld, gute pädagogische Projekte ist gleich weniger Geld. Das wissen wir jetzt. Diese Reform ist eine Verwaltungsreform. Ihr habt euch dabei nie die Frage nach Bildungsinhalten gestellt. Ihr habt euch nie über den Wert von Reformpädagogik unterhalten. Ihr habt euch mit Schulen rein technisch auf einer Verwaltungsebene auseinandergesetzt, nie inhaltlich. Ihr habt euch nie nach sozialen Komponenten von Schule gefragt. Das ist kein Bildungsversprechen, das ist ein Bildungsgebrechen, und das ist fahrlässig!

 

Auf all diese Kritik angesprochen, und sie kommt ja nicht nur von uns, sondern von vielen Eltern und LehrerInnen, die schon gegen die NEOS-Bildungspolitik demonstriert haben, meinten Sie, Herr Bildungsstadtrat, dass es durch Ihre Reform Gewinner und Verlierer geben werde. Wie Sie bemerkt haben, finden Sie auf Ihren Plätzen in den kleinen Schachteln eine Überraschung. Wie haben wir ausgewählt, wer gewinnt, wer verliert? So wie Sie sich diese Reform vorstellen: Die Hälfte gewinnt, die Hälfte verliert, intransparent und ungerecht, ganz ohne Feedback auf Ihre inhaltliche Arbeit als Abgeordnete so wie eben auch die Schulen keine Kriterien erfahren und kein Feedback auf ihre eingereichten Projekte bekommen. Würde ich so unterrichten, wie Sie hier mit den Schulen umgehen, hätte ich in kürzester Zeit einen Termin bei meiner Vorgesetzten, meine Damen und Herren! Wenn Sie nichts in der Schachtel vorgefunden haben, so zumindest ein Pflaster, denn ich darf zitieren, Herr Bildungsstadtrat: „Bei mutigen Reformen tut es immer kurzfristig weh. Das ist, wie wenn man ein Pflaster runterreißt.“ Nein, Herr Wiederkehr, eine gute Reform tut niemals weh, ganz im Gegenteil.

 

Eine gute Reform, eine Reform, die gut aufgesetzt wäre, bräuchte auch keine Notmaßnahmen für Härtefälle. Dazu später mehr. Wir möchten ja wirklich gerne daran glauben, dass Sie es grundsätzlich gut meinen. Und in all dieser Bildungsmisere in Wien darf man ganz sicher nicht ignorieren, dass Sie mit einer Partei koalieren, die nicht sehr viel erreichen will, weil eh alles gut ist in Wien - ist plakatiert im Rathaus. Aber zwischen nichts machen und die Situation sogar zu verschlimmern, besteht ein Unterschied. Sie können leider keine Reform aufsetzen, die länger als drei Wochen hält. Vielleicht schickt auch Ihr Regierungspartner Sie vor, wir wissen das nicht so ganz genau, um Dinge umzusetzen, die er selbst nicht angreifen will. Wir wissen es nicht. Was sagt der Koalitionspartner dazu? Warum hält sich die SPÖ aus all dieser Thematik so raus, immerhin seid ihr zusammen in einer Regierung? Leider muss ich auch Sie, liebe SPÖ, hier ganz klar adressieren: Auch Sie haben diesen Bildungsabbau mit zu verantworten.

 

Daher sagen wir: Wenn Sie es nicht können, gehen Sie bitte zurück zum Start. Bitte nehmen Sie diese Reform, die keine ist, zurück! Holen Sie sich ExpertInnen an den Tisch, wenn schon nicht aus unserem Klub, in dem immerhin drei LehrerInnen mit einem guten Einblick in das System sind! Wir bringen heute entsprechende Anträge ein, die Kürzungen zurückzunehmen, die Reform, die keine ist, unter Mitwirkung derer, die davon betroffen sind, vor allem auch die DirektorInnen zu reformieren.

 

Wenn Sie sagen, dass manche gewinnen, so muss ich Ihnen antworten: Ja, das stimmt, es gibt tatsächlich Schulen, die von Ihrer Reform profitieren. Vor allem bekommen aber auch Privatschulen mehr Mittel und proportional gesehen eigentlich recht viele Mittel. Auch auf diese Frage wird mein Kollege später noch eingehen. Und ja, auch wir finden, dass in den Privatschulen tolle Arbeit geleistet wird, in den freien Schulen beispielsweise. Aber wenn wir ehrlich sind, sind dort in den allermeisten Fällen die Kinder jener Eltern, die sich diese Privatschule auch leisten können. Von Ihrer Reform profitieren mehr Privatschulen, während es bei den öffentlichen Schulen viel mehr Verlierer gibt. Wir können das nicht zulassen. Wir können es doch nicht zulasssen, dass Privatschulen im Vergleich mehr Mittel der öffentlichen Hand bekommen als öffentliche Schulen. Das kann ja auch eine Sozialdemokratie nicht wollen. Bitte überdenken Sie das!

 

Ein letzter Punkt noch. Nicht nur Personen, die einen Einblick in die Praxis haben, sagen es, auch Medienberichte deuten darauf hin: Die im Schulsystem tätigen Personen tun sich schwer, Dinge offen anzusprechen. Ich kann Ihnen nur sagen, wir haben noch nie mit so vielen DirektorInnen und Eltern gesprochen wie in den letzten Wochen. Viele wollen ungenannt bleiben, befürchten Sanktionen, vor allem DirektorInnen. Solche Entwicklungen sind bedenklich. Diese Entwicklungen zeigen aber auch, wie sehr das System Schule immer noch von der Parteipolitik durchzogen ist. Wir wollen keine Situation, in der sich Direktorinnen und Direktoren

 

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