Landtag, 6. Sitzung vom 13.09.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 34
dafür fürchten müssen, was sie öffentlich sagen dürfen und was nicht. Und gerade die NEOS forderten immer wieder, dass die Parteipolitik raus aus der Schule müsse, aber auch hier ist das pinke Papier geduldig. Ich kann Ihre Wortmeldungen, die jetzt kommen werden, wahrscheinlich schon antizipieren. Es verlieren nicht viele Schulen, sondern einige, werden Sie sagen, wie Sie es der „Wiener Zeitung“ sagten. Der Unterschied zwischen einige und viele ist durchaus spannend und deshalb würde er uns auch zahlenmäßig interessieren. Es ist der Bund schuld, weil es noch keinen österreichweiten Chancenindex gibt. Dann nennen Sie es bitte nicht Minichancenindex, wenn Sie dann sagen, es ist sowieso nicht machbar! Vielleicht nehmen Sie sich auch ein Beispiel am Projekt „100 Schulen - 1.000 Chancen“, ein Projekt vom Bund, das derzeit zeigt, wie es auch gehen kann, denn euer Minichancenindex ist ein Minuschancenindex.
Sie werden bestimmt sagen, der Bund soll uns mehr LehrerInnen geben. Ja, mehr ist immer gut, keine Frage, und ich will nicht leugnen, dass Wien nicht mit besonderen Herausforderungen zu tun hätte. Dennoch bleibt fraglich, warum Sie mit den 130 LehrerInnen mehr vom Bund Werbung machen, als wären sie Ihre Leistung und nicht den SchülerInnenzuwächsen zu verantworten. Ohne Übergangszuschläge und Förderpakete des Bundes würde es an den Wiener Schulen jetzt noch schlimmer aussehen. Das wissen Sie. Die volle Härte Ihrer Reform wird sich nämlich erst zeigen. Das wissen Sie ganz genau.
Zusammenfassend: Was ist unsere Kritik? Es darf nicht sein, dass man ohne die Betroffenen derartige Reformen vornimmt. Und es darf nicht sein, dass man als Reform verkauft, was sich in fünf Wörtern zusammenfassen lässt: Große Klassen belohnen, inhaltliche Arbeit bestrafen. Wir möchten nicht, dass Schulen belohnt werden, weil sie ihre Klassen größer machen müssen. Wir möchten nicht, dass Schulen bestraft werden, wenn sie Projekte durchführen wollen. Wir haben aber auch gelernt, dass man jahrelang Bildung schreien kann und wenn es ums Umsetzen geht, dann von Bildung wirklich sehr, sehr weit entfernt ist. Wo Bildung draufsteht, ist nicht immer Bildung drin. Eure Schulreform ist eine Verwaltungsreform ohne Inhalte. Euer Bildungsprogramm ist ein Schulneubautenprogramm und euer Minichancenindex erhöht bestenfalls die Chancen der Reichen. Bitte lassen Sie das nicht zu! Bitte gehen Sie noch einmal in sich und stimmen Sie heute unseren Anträgen, die zahlreiche Verbesserungen enthalten, zu. Wir jedenfalls setzen uns für eine gute Bildung für alle ein. Wir schätzen die reformpädagogischen Ansätze, wir kämpfen für Inklusion, Integration und kleinere Klassen. Das ist auch der Grund für unseren heutigen Sonderlandtag. Ich möchte Ihnen auch im Namen unserer Fraktion noch ein kleines Geschenk überreichen, damit Sie sich an Ihre Bildungspolitik immer wieder erinnern, und ja, vielleicht einmal neue Inhalte wieder finden. Vielen herzlichen Dank.
Präsident Ernst Woller: Ich möchte mitteilen, dass Abg. Seidl ab sofort entschuldigt ist.
Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner in der Fraktion 20 Minuten beträgt, die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als nächster Redner hat sich StR Nepp zu Wort gemeldet, ich erteile es ihm.
StR Dominik Nepp, MA: Meine sehr geehrten Damen und Herren, schönen guten Morgen!
Interessante Themenwahl von den GRÜNEN, und eigentlich gleich in den ersten fünf Sätzen war es ja schon entlarvend offen und entlarvend ehrlich, dass sich die GRÜNEN hier eigentlich selbst ins Knie schießen, denn wenn man jetzt hier sagt, es ist der erste Sonderlandtag, den man seit elf Jahren macht, und der beschäftigt sich gleich mit Bildung, na, dann frag‘ ich mich: Was ist denn die letzten zehn Jahre passiert, als Sie in der Wiener Stadtregierung waren? Haben Sie sich hier nicht um die Bildung gekümmert, da war alles in Ordnung? Und kaum ist man draußen, gibt‘s auf einmal ein Problem.
Sie sind auch selbst Teil der Bundesregierung, einer eher glücklosen Bundesregierung. Aber auch hier hätten Sie ja auch Maßnahmen setzen können, die für Wien förderlich sind und positiv wären, wie Deutschlernklassen zu forcieren, Integration zu forcieren. All das torpedieren Sie ja auch im Bund. Auffällig geworden sind Sie in letzter Zeit beim Thema Bildung eigentlich nur, weil Sie anscheinend die letzten Jahre und Jahrzehnte Bildung als Querschnittsmaterie verstanden haben, quasi Bildung eine Fächerkombination ist, eine grüne Fächerkombination bestehend aus Bildung, Flächenwidmung und Entwicklungshilfe in Südafrika. Das war Ihre Bildungspolitik, wo der Herr Chorherr hier hergekommen ist, Spenden kassiert hat, Flächen umgewidmet hat, und dann hat man sich um Schulen in Südafrika gekümmert. Die Wiener Schüler und Schülerinnen, die haben Sie die letzten zehn Jahre im Stich gelassen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN!
Die Probleme, die Sie da jetzt auch anprangern, die sind ja nicht neu. Fassen wir es einmal zusammen. Ich sag‘, wenn man sich das Bildungssystem in Wien anschaut, dann gibt es normale Probleme, die seit Jahren in Wien bestehen und nicht angegriffen werden und auch nicht gelöst werden. Und es gibt jetzt neue Probleme, die auf Grund von Corona offenbar geworden sind, wo es krankt im Wiener Bildungssystem. Die normalen Probleme sind eh alle bekannt: Wir haben zu große Klassen. Wir haben Klassenzusammenlegungen. Wir haben einen Kulturkampf in Brennpunktschulen, wo sich besonders im Migrationsbereich hier Banden bilden, wo österreichische Schüler sich nicht mehr in die Schule trauen. Wir haben einen eklatanten Lehrermangel. Wir haben eine schlechte Bezahlung der Lehrer. In Wiener Schulen wird kein Deutsch mehr gesprochen. Die Lehrer sind demotiviert und wollen gar nicht mehr. Und wenn Sie mir jetzt vielleicht nicht glauben, dann glauben Sie doch jemandem, der sich damit auskennen müsste, dem Herrn Glattauer, der eben heute auch in der Zeitung schreibt, dass in elf Wiener Bezirken die Hälfte der Volksschüler zu Hause nicht mehr Deutsch spricht. Andersrum: In 12
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