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Landtag, 6. Sitzung vom 13.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 34

 

cenverteilungsfragen, hat etwas mit Umverteilung zu tun, und so wie es ist, so bleibt es nicht. Das heißt, wenn ich einen Bereich mit Menschen habe, die in der Vergangenheit sehr durchsetzungsfähig gewesen sind und sich einen guten Stand und Ressourcen erworben haben, der ihnen gegönnt sei, und man dann hergeht und versucht so etwas wie - Gerechtigkeit ist ein relativer Begriff - eine Gleichstellung herbeizuführen, dann führt das zu einer Umverteilung.

 

Dass das die ÖVP nicht will, weiß ich, die FPÖ schon gar nicht. Die GRÜNEN sind ja an sich für Umverteilung und in Wirklichkeit ginge es ja darum, eine objektive Grundlage zu schaffen, um dann gemeinsam für mehr Ressourcen zu kämpfen, dass alle auf einem guten Stand sind. That’s the way. Darum geht es da und darum verstehe ich die Diskussion, die hier geführt wird, nicht.

 

Ich habe das unlängst mit Kollegen besprochen: Wir sind noch nicht auf die Idee gekommen - das ist ja nicht unsere Art -, dass wir in Favoriten und Simmering Menschen zusammentrommeln, damit sie in Wien eine Demonstration machen. Das wären aber viele. Das wären aber viele, nur ist das nicht unser Weg. Unser Weg ist, dass wir das konstruktiv angehen wollen, wobei ich Ihnen schon eines sage: Dass 80 Prozent der Kinder nicht lesen und schreiben können, ist ein Unfug, aber es gibt eine Studie, dass 40 Prozent der Kinder männlichen Geschlechts mit türkischem Migrationshintergrund in meinem Heimatbezirk Favoriten ärgste Probleme mit Lesen und Schreiben haben. Das ist ein Unzustand.

 

Meine Damen und Herren, Herr Stadtrat, Sie wissen, dass wir damit unzufrieden sind. Wir hätten gerne, dass der Weg - und der kostet natürlich auch mehr Ressourcen - mit mehr ganztägigen Schulformen, mit einem kostenlosen Mittagessen, besonders in meinem Heimatbezirk Favoriten raschestmöglich umgesetzt wird. Jetzt mache ich das einmal mit den Partikularinteressen: Da sind mir die anderen Bezirke wurscht, ich hätte es gerne bei mir daheim und zwar schnell. Das haben wir uns auch verdient, denn wir sind ein großer Teil von Wien und unsere Kinder sind arm, wenn nicht die ärmsten in dieser Stadt.

 

Daher ersuche ich Sie von GRÜN um Ihre Unterstützung, na ja, von GRÜN, das wäre gut zu finden. Es geht ja bekanntlich nicht um die Erhaltung des Würschtlstandes, so wichtig der manchmal ist, es geht um das gemeinsame Interesse der Konstruktion einer besseren Zukunft, und darum würde ich Sie ersuchen. Dazu gehört auch noch etwas anderes, wenn wir heute über Bildungspolitik reden.

 

Meine Damen und Herren, niemandem in diesem Saal sind die Entwicklungen in Afghanistan entgangen. Es ist daher dringend notwendig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen und das ist, blöder Sager, die erste Gelegenheit, die erste Möglichkeit, das zu tun. Darum werde ich heute gemeinsam mit meiner Freundin Marina Hanke, meiner Freundin Dolores Bakos und meiner Freundin Bettina Emmerling einen Antrag zum Thema Afghanistan einbringen. Ich meine dabei nicht das Land, sondern die Menschen, um die es ja in dieser Frage geht.

 

Bevor ich ihn ausführlich begründe, ein Gedankengang dazu: Wir haben in der Vergangenheit auch in diesem Haus öfters Diskussionen über die Frage geführt, jedenfalls in den Seitengängen, ob es gerechtfertigt ist, dass die NATO dort auf - unter Anführungszeichen - imperialistische Art und Weise aktiv ist. Mein Parteigenosse Peter Struck, der einmal Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland gewesen ist, hat einen Sager getätigt, der ihm sehr vorgeworfen worden ist, nämlich dass die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland auch am Hindukusch verteidigt wird.

 

Damit hat er nicht gemeint, dass Berlin bedroht ist, sondern er hat damit das Wertesystem der Europäischen Union und das, wofür wir uns einsetzen, gemeint. Beispiel Mädchenschulen in Kundus: Diese Mädchenschulen in Kundus wurden unter Opfern, auch Menschenopfern, verteidigt, und das ist richtig, weil wir - wir auch ein bisschen, die Bundesrepublik und insgesamt die NATO mehr - damit einen globalen Standard an Menschen- und Mädchenrechten durchgesetzt haben.

 

Das ist jetzt beendet worden, und ich bin verwundert bis betrübt, dass diejenigen, die dauernd die Beendigung gefordert haben, am Tag darauf darüber geklagt haben, dass dieser Schutz nicht mehr da ist und damit indirekt ja quasi den Rückeinmarsch gefordert haben. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis, in diese und in die andere Richtung. Diesen Rückeinmarsch wird es natürlich nicht geben. Was es schon geben wird, ist eine solidarische Auseinandersetzung mit der Situation von Menschen in Afghanistan.

 

Der Herr Bürgermeister hat sich in dieser Frage schon geäußert, und wir haben uns mit der Situation auseinandergesetzt, nicht nur, aber besonders mit der Frage, wie es Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten dort geht. Menschenrechtsverteidigerinnen, die in NGOs mitgearbeitet haben, Frauen aus dem Bereich des öffentlichen Lebens - der Herr Bürgermeister hat Richterinnen angesprochen - und besonders auch des Bildungswesens, Journalistinnen, Mitarbeiterinnen humanitärer Organisationen, Personen, die mit den Organisationen der internationalen Gemeinschaft, also auch Österreich, zusammengearbeitet haben und Personen wie zum Beispiel LGBTIQ-Aktivistinnen und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten werden verfolgt und sind durch die Einführung der Scharia in ihrer rigiden Auslegung, ich sage das ausdrücklich, an Leib und Leben und Freiheit bedroht.

 

Zum Antrag der FPÖ: Dass Ihnen das wurscht ist, finde ich bedauerlich, es überrascht mich aber nicht. Der Herr Bürgermeister hat eingeladen, das heißt nicht Flüchtlinge, so wie Sie es da anwenden, das ist eine Frage von Resettlement und das hat in Österreich eine gute Tradition. Über 90 Staaten aus dem Bereich der internationalen Gemeinschaft haben das angeboten, Österreich nicht. Österreich hat das abgelehnt.

 

Ich könnte jetzt hoffen, dass durch den Druck der kleineren Regierungspartei ein Umdenken erfolgen könnte. Ich glaube das nicht. Nichtsdestotrotz haben wir diesen Antrag gestellt, denn er ist notwendig und er stellt im Kern die Forderung an die Bundesregierung dar, uns die

 

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