Landtag, 7. Sitzung vom 23.09.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 62
Also wir sehen eines ganz deutlich, dass wir bei der Tätigkeit in der MA 35 sehr stark gebunden sind nicht nur an die österreichische Gesetzgebung, sondern auch nach europäischen und internationalen Rechtsgrundlagen zu agieren haben und dass die Verfahren auch sehr komplex sind. Aber es gibt generell meinen Wunsch, dass wir hier bei allen Fällen, wo es möglich ist, die österreichische Staatsbürgerschaft aberkennen. Ich habe das auch in der Öffentlichkeit in verschiedensten Stellungnahmen und Interviews bekundet. Ich war einer der Ersten in Österreich, der dieses thematisiert hat, weil ich hier kein Verständnis hab‘ für Menschen, die in einer anderen Armee dienen als der österreichischen und in internationalen Konflikten auch militärisch mit eingebunden sind. Insbesondere dann, wenn es sich um terroristische Organisationen handelt. Wir sehen aber auch, dass die österreichische Staatsbürgerschaft nur dann abzuerkennen ist, wenn es eine andere Staatsbürgerschaft gibt. Das, was nach dem Völkerrecht nicht zulässig ist, ist, dass man durch die Aberkennung einer Staatsbürgerschaft die Menschen in die Staatenlosigkeit bringt. Also von daher sind wir auch, was diese Entscheidung betrifft, sehr stark an internationale Rechtsnormen gebunden. Danke.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg. Berger. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Stefan Berger (FPÖ): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann!
Vorweg einmal danke für die Beantwortung dieser Frage. Meine Zusatzfrage bezieht sich darauf, und zwar Ihre politische Heimat, die SPÖ, setzt sich ja für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts in Österreich ein. Man hört da durchaus die abenteuerlichsten Dinge. Ein Aspekt würde mich beziehungsweise da würde mich Ihre Meinung persönlich interessieren, und zwar ist es immer wieder auch so, dass Auslandsösterreicher aus beruflichen oder familiären Gründen dann im Ausland die Staatsbürgerschaft des Gastlandes annehmen und dementsprechend dann die österreichische Staatsbürgerschaft verlieren würden. Wenn diese allerdings wieder zurückkehren nach Österreich, bringt es mitunter dann auch auf Grund Verfahrensdauern, und so weiter, wie wir es ja in Wien kennen, auch wieder Schwierigkeiten mit sich. Was ist hier Ihr Zugang beziehungsweise könnten Sie sich auch eine Reform dahin gehend vorstellen?
Präsident Ernst Woller: Bitte schön, Herr Landeshauptmann!
Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ja, es gibt von den verschiedenen Vereinen und Verbänden der Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher eine Reihe von Vorschlägen, die auch geprüft werden. Prinzipiell sind diese Entscheidungen ja vom Bundesgesetzgeber zu treffen, insbesondere jene Entscheidungen, die das Staatsbürgerschaftsrecht umfassen. Also von daher ist das sicher eine spannende, interessante Diskussion, die deshalb natürlich stärker auftritt, weil es mehr Menschen gibt, die aus beruflichen Gründen international tätig sind, längere Zeit auch im Ausland verbringen, dort auch aus wirtschaftlichen Gründen oft auch die Staatsbürgerschaft annehmen und die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verlieren wollen. Also von daher sind viele dieser Entscheidungen auch im internationalen Zusammenhang zu sehen, auch auf bilateraler Ebene. Es hat hier auch einen starken Wunsch gegeben von vielen, die bis jetzt auch in Großbritannien tätig waren und durch den Brexit in eine völlig neue Rechtssituation kommen, auch im Zusammenhang mit der Europäischen Union. Also von daher wird das auf Bundesebene, wie ich weiß, geprüft, auch von allen Fraktionen mit unterschiedlichem Zugang. Aber prinzipiell ist es eine Thematik, die beim Bundesgesetzgeber liegt und wo es auch intensive Diskussionen im Rahmen des National- und Bundesrates gibt.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg. Kunrath. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE): Herr Landeshauptmann, guten Morgen!
Im Gegensatz zum Vorredner ist es mir auch eine Frage, wie wir insgesamt mit den Menschen umgehen, die in den Krieg gezogen und wieder zurückgekehrt sind, ich habe daher ein paar strukturelle Fragen. Wien ist ja nicht nur den Menschenrechten der Menschen als demokratische Stadt verpflichtet und hat dafür Sorge zu tragen, dass einerseits nicht nur die GefährderInnen - ja, es sind ja leider auch konkret Frauen darunter -, die Anschläge planen oder gerade durchführen, aber auch deren fürchterliche Erfahrungen, wenn sie zurückkommen, Möglichkeiten haben, diese zu bearbeiten beziehungsweise deren Familien vor allem.
Ich hätte die Frage an Sie, Herr Landeshauptmann: Welche psychosozialen Einrichtungen und psychosozialen Dienste neben den Vereinen Neustart und DERAD werden in Wien für diese RückkehrerInnen von Seiten des Landes Wien angeboten und unterstützt? Und welche Möglichkeiten gibt es für Familien und deren AussteigerInnen bei einer Einleitung eines Verfahrens oder sonstiger Formen des Verlustes der Staatsbürgerschaft, überhaupt hier Hilfe und Unterstützung zu bekommen? Die Familien sind ja oft die, die nicht einmal vorher gewusst haben, dass ihre Kinder etwas machen. Wie geht man damit um?
Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landeshauptmann um die Antwort.
Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ja, Herr Landtagsabgeordneter, Sie haben ja selbst jetzt Institutionen angesprochen, die in diesem Bereich tätig sind, die wir auch als Stadt Wien unterstützen, nämlich nicht nur ideell, sondern auch materiell. Es ist ganz deutlich zu unterscheiden zwischen jenen Personen, die in kriegerischen, terroristischen Aktivitäten mit eingebunden waren, und jenen Personen, die aus welchen Gründen auch immer psychische oder körperliche Nachteile zu verzeichnen haben, insbesondere wenn es einen familiären Zusammenhang gibt. Das muss man klar unterscheiden.
Ich finde, jenen, die an terroristischen Aktivitäten beteiligt waren, muss man mit aller Härte entgegentreten. Das war auch der Grund, dass ich vorgeschlagen habe, in diesen Fällen auch die österreichische Staatsbürgerschaft zu entziehen und damit verbunden auch den Auf
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