Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 68
den Menschen, ich würde sagen, den Staat näher, aber auch umgekehrt. Was besonders wichtig ist, die Volksanwaltschaft gibt den Menschen das Gefühl, dass ihnen jemand zuhört, aber nicht nur zuhört, sondern sich ganz konkret für seinen, ihren Fall engagiert.
Sie lässt auch darauf vertrauen, dass der Staat grundsätzlich funktioniert, eben weil es diese Kontrollinstitution gibt. Wie wichtig das Vertrauen in den Staat ist oder besser, was es bedeutet, wenn das Vertrauen abnimmt, das erleben wir in diesen Tagen, das zeigt die Pandemie. Daher ist die Arbeit der Volksanwaltschaft für das Funktionieren unseres Gemeinwesens unentbehrlich. Sie gibt dem abstrakten Staat ein menschliches Gesicht, deshalb bedanke ich mich ganz besonders bei Ihnen, meine Herren - und natürlich bei Ihrem Team, denn gerade die Volksanwaltschaft hat unglaublich tolle Mitarbeiter -, für Ihre akribische Arbeit. Ich glaube, Sie sind ja bereits schon zweieinhalb Jahre im Amt und Sie werden sicher die Erfolgsgeschichte der Volksanwaltschaft auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Lob ist hier angesagt.
Ich war ja selbst jahrelang Volksanwältin, nein, was heißt, jahrelang, vor Jahren, vor Jahrzehnten kann man sagen. Ich kann sagen, niemals lernte ich mehr über die Konsequenzen und die realen Auswirkungen der politischen Arbeit als während dieser Zeit. Bis heute profitiere ich davon und denke mit wirklich großer Dankbarkeit an diese Funktion zurück. Ich glaube, dass ich es da schon einmal gesagt habe, weil ich es wirklich auch so empfinde: Vermutlich wäre es gut, wenn jeder Politiker, jede Politikerin Praktika in der Volksanwaltschaft machen würden, dort ein paar Monate arbeiten würden, um diesen Einblick zu bekommen. Ich halte das eigentlich für ganz, ganz wesentlich, aber vielleicht kommt das noch einmal.
Ja, meine Damen und Herren, es war mir heute ein Anliegen, über die Volksanwaltschaft zu sprechen. Meine Vorrederinnen und auch Vorredner haben ja schon über viele Fälle gesprochen, daher mache ich das jetzt kurz. Natürlich gibt der Tätigkeitsbericht Einblick, wie die Arbeit der Behörden in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und er hilft natürlich häufig, Probleme zu identifizieren. Es geht bei diesen Anfragen nicht immer um Rechtsverstöße, sondern es geht auch sehr oft um Ungerechtigkeiten und natürlich um das Fehlverhalten der Behörde. Meine Kollegin vor mir hat ja sehr deutlich darauf hingewiesen.
Also ich habe mir das angeschaut: Von all den Missstandsfeststellungen, die Sie gemacht haben, betreffen 60 Prozent die MA 35. Das ist ja an sich unglaublich und es zeigt ja ein Totalversagen. Da geht es um Menschen, die ihre Unterstützung brauchen, daher ist großer Handlungsbedarf. Der Herr Vizebürgermeister ist bereits nicht mehr da, aber ich nehme an, er hört es und wird sich danach richten.
Als Gesundheits- und Sozialsprecherin interessieren mich natürlich besonders Beschwerden, die dieses Ressort betreffen. Das ist auch ein sehr emotionelles Thema, wenn es um Gesundheit und um Soziales geht, das bewegt natürlich die Betroffenen stark und vor allem werden sie stark verunsichert. Die Beschwerden kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, ich greife nur einige heraus, die man auch sofort beheben könnte. Zum Beispiel gibt es seit Jahren die Forderung nach einem entsprechenden Gesetz, damit die MA 15 Daten nach dem Personenstandsgesetz abfragen darf. Das darf sie nämlich noch immer nicht. Das klingt recht abstrakt, wie nötig aber so eine Änderung ist, zeigt ein konkreter Fall. Eine Tochter erfährt vom Tod des Vaters erst nach der Beerdigung. Warum ist das möglich? - Sie hatte wenig, unregelmäßigen Kontakt zum Vater. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie für ihn ein Armenbegräbnis wollte.
Ein Dauerthema ist natürlich Pflege und Betreuung. Der Pflegeregress wurde bereits 2018 abgeschafft, die Rückzahlungen zogen sich über Jahre. Das sehe ich aber eher als Kleinigkeit im Vergleich zu dem Fall jener Mutter, die mit vier Tagen Verspätung vom Tod des Sohnes informiert wurde. Nachträgliche tröstliche Gespräche, um die Sie sich bemühen, wie es in der Stellungnahme hieß, ist ein bisschen wenig. Auch der Fall einer fast Hundertjährigen, die innerhalb kurzer Zeit mehrfach vom Heim auf die Psychiatrie gebracht wurde, zeigt, dass beim Umgang mit Demenzerkrankten, der natürlich sehr schwierig ist, der natürlich sehr zeitaufwändig ist, noch Veränderungen, Verbesserungen unbedingt angesagt sind. Das zeigt natürlich auch, dass in den Heimen, es wurde auch heute schon aufgezeigt, zu wenig Personal und vor allem gerade im Bereich von Demenz einschlägig ausgebildetes Personal da ist.
Ja, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das sind zwar Einzelfälle, da geht man dann drüber hinweg, aber diese Einzelfälle sind für die Betroffenen unglaublich wichtig, weil sie ihr ja ihr Leben betreffen. Ich bin daher den Volksanwälten und der Volksanwaltschaft sehr, sehr dankbar, dass diese Missstände klar aufgezeigt werden, dass sie gesammelt werden, dass sie uns in die Verantwortung nimmt, denn wir sind der Wiener Bevölkerung gegenüber verantwortlich, dass die Stadt gut funktioniert. Dafür haben wir, ganz im Besonderen natürlich die Mitglieder der Landesregierung, zu sorgen. Noch einmal: Recht herzlichen Dank Ihnen, meine Herren, aber auch allen MitarbeiterInnen Ihrer Organisation. - Danke.
Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Laschan. Ich erteile ihr das Wort.
Abg. Dr. Claudia Laschan (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Volksanwaltschaft ist von der Bundesverfassung beauftragt, vermutete Missstände in der Verwaltung zu prüfen und die Menschenrechte zu schützen und zu fördern. In einer Ausnahmesituation, wie während einer Pandemie, ist es natürlich besonders wichtig, dass sich Menschen an eine unabhängige Institution wenden können, die auch die Möglichkeit hat, Missstände nicht nur aufzuzeigen, sondern auch abzustellen. Ich möchte mich einleitend für die akribische, transparente und die Bevölkerung unterstützende Arbeit von ganzem Herzen bedanken.
Ich möchte auf einige Problembereiche eingehen, die infolge der Pandemie und der damit einhergehenden
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