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Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 101

 

Die Petentin hat zwei Mal Unterschriften gesammelt, ein Mal für die Plattform #aufstehn - die gelten ja bei uns im Petitionsausschuss nicht. Dann hat sie es noch einmal gemacht und hat eben insgesamt an die 10.000 Unterschriften gehabt. Sie ist dafür eingetreten, dass man die Wahlfreiheit bei den ganztägig geführten Schulformen gewährleistet, und ist dafür eingetreten, dass es die kostenlose Betreuung, die es jetzt für die verschränkten Ganztagsschulen gibt, zumindest bis 15.30 Uhr analog auch für die offenen Volksschulen gibt. Sie ist auch dafür eingetreten, dass so wie bei den verschränkten Ganztagsschulen bei den offenen Volksschulen auch das Mittagessen gratis ist.

 

Wir haben uns getroffen, wir haben Stellungnahmen eingeholt, auch eine Stellungnahme der Bildungsdirektion. Ich möchte hier schon die Antwort auch vorlesen, weil das ganz wichtig ist, damit man dann einfach auch die Fassungslosigkeit von uns verstehen kann. Die Bildungsdirektion hat folgende Stellungahme abgegeben: „Aus Sicht der Bildungsdirektion für Wien ist es zu begrüßen, dass es langfristig an jeder Wiener Schule eine Tagesbetreuung in offener oder verschränkter Form geben soll. Somit ist eine finanzielle Gleichstellung aller ganztagsgeführten Schultypen wünschenswert.“

 

Und dann ist es zu dem Punkt gekommen, wo jede Fraktion sozusagen eine Empfehlung vorschlägt. Dann wird auch darüber abgestimmt, ob eine Petition abgeschlossen wird oder nicht. Ich weiß noch, mein Kollege Harald Zierfuß ist mit mir im Petitionsausschuss gesessen, und plötzlich kam eine Empfehlung an den Herrn Stadtrat, beschlossen von Rot, Pink und Grün, wo drinnensteht, dass Christoph Wiederkehr es ermöglichen soll, dass noch mehr Kinder in die verschränkten Ganztagsschulen gehen können sollen und dass deswegen der Ausbau von verschränkten Ganztagsschulen und die Umstellung vom Betreuungsmodell zur verschränkten Ganztagsschule weiter erfolgen sollen.

 

Das war aber nicht Thema der Petition. Thema der Petition war eindeutig: Die 10.000 Menschen haben das Anliegen, dass es eine finanzielle Gleichstellung gibt. Wenn das nicht politisch gesteuert ist, wenn diese Stellungnahme nicht mutlos ist! Es tut mir leid, ich muss ihn in diesem Fall echt zitieren, ich zitiere meinen Kollegen, und darüber haben wir dann auch heftig diskutiert. Mein Kollege Zierfuß hat gesagt: „Die Petentin wird hier mit einer Stellungnahme verarscht.“ Sie können mir gerne einen Ordnungsruf dafür geben, aber Fakt ist, ich weiß auch keinen anderen Begriff. Das geht doch nicht! Das ist ja genau das, Thomas, was du gerade gesagt hast. Das ist der große Auftritt von ihr gewesen. Die war nervös und dann kriegt sie einen Brief, wo das drinnensteht. Na, was soll die sich denken? Was denkt sie sich über die Politik? Was denkt sie sich über einen Petitionsausschuss? Wo war der Mut, wo war der Mut? Wir haben gesagt, schreibt zumindest rein, wir glauben nicht daran. Das verschränkte System ist unser Modell, an das wir glauben. Das wäre mutig.

 

Ich sage Ihnen etwas: Alle Petenten und Petentinnen sind erwachsen. Denen kann man eure Meinung, die ihr habt, auch wenn es nicht die Meinung der Petentin oder des Petenten ist, ruhig zutrauen. Da braucht man nicht so ein Wischiwaschi scheinheilig formulieren und dann behaupten, wir sind ja die Bürgerversteher, sondern das ist ein Missbrauch des Instrumentes für Bürgerbeteiligung auf politische Art und Weise.

 

Ein Zweites, was wir, glaube ich, wirklich brauchen, ist eine klare Trennung. Das sehen wir immer öfter, viele Petitionen sind mittlerweile politisch getrieben, siehe Radweg Krottenbachstraße. Das war Wahnsinn, das ist das Beispiel dafür, was passiert, wenn zwei oder drei politische Parteien sich in einen Bürgerprozess einmischen. Da hat es eine private Bürgerinitiative von einer älteren Dame gegeben, die gegen den Radweg war. Dann sind die Freiheitlichen gekommen und haben gesagt, super Thema! Sie haben großartig verschickt: Wir sammeln für eine eigene Petition gegen den Radweg. Schickt eure Unterschriften an uns, an die FPÖ. Da haben wir noch geredet, haben noch gesagt, das ist eigentlich ein Wahnsinn. Da habe ich mich noch gewundert, warum es da noch keine Aufregung gibt, denn eigentlich war das immer eine Spielregel. Warum hat es keine Aufregung gegeben? - Weil die SPÖ gemeinsam mit den NEOS Werbung für die Petition für den Radweg gemacht hat, die NEOS haben es zumindest auf der Facebook-Seite beworben, und die SPÖ hat ihr Parteilokal für die Unterschriftensammlung zur Verfügung gestellt. Das ist keine Petition, das ist keine Bürgerbeteiligung, das ist ein Missbrauch. Wenn ihr der Meinung seid, dass wir einen Radweg brauchen, dann habt ihr ... (Zwischenruf.) - Ja, habt ihr, haben wir alles nachgeforscht, haben wir darüber geredet. Dann habe ich gesagt: Bedeutet das jetzt, dass die Vereinbarung, die wir gehabt haben, dass sich eine politische Partei nicht in eine Petition einmischt, damit wir klar sehen, was vom Bürger oder von der Bürgerin kommt, null und nichtig ist? Antwort: Anscheinend. Das ist der Weg von eurer Koalition zum Instrument Petitionsausschuss, Bürgerbeteiligung. Ich gratuliere! Das ist der vollkommen falsche Weg!

 

Dann machen wir auch noch einen Vorschlag und sagen: Okay, machen wir es doch analog wie im Parlament. Machen wir eine Trennung. Das ist doch einfach fair. Nein, nichts, da kommt nichts. (Zwischenruf.) - Ja, da reden wir drüber. Na, ich bin gespannt, wann wir darüber reden - ganz ehrlich.

 

Eine zweite Sache ist, dass ich sehr wohl der Meinung bin - wir sehen im Petitionsausschuss, weil wir ja über Sachen und Fakten, und so weiter reden, dass es ganz viele Bezirksangelegenheiten gibt -, dass wir auch die Bezirksvorsteher beziehungsweise einen Vertreter des Bezirkes einladen sollten, damit sie auf dem kurzen Weg ... weil in halbes Jahr dauert im Durchschnitt eine Petition. Das ist keine Zeit, mit der wir uns rühmen können. Das ist viel zu lang für einen politischen Prozess, der von einem Bürger sozusagen ins Leben gerufen wurde. Es geht einfach darum, dass man die Möglichkeit hat, sich gleich als Bezirk mit den Petenten zu unterhalten, dass man das auch gleich vorab mitnehmen kann, damit der Prozess schneller ist.

 

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