Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 84
verschärfe. Das ist ja absurd, das ist absolute Selbstaufgabe als Krisenmanager. Das geht nicht. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Und das Gleiche gilt übrigens auch für die ganzen Versuche von diversen Bundesländern, ElementarpädagogInnen oder auch andere PädagogInnen aus anderen Bundesländern abzuwerben, abspenstig zu machen. Das ist absurd, das bringt uns gemeinsam nicht weiter. Das Einzige, was wir brauchen, und zwar alle brauchen, sind mehr Personen, die sich insgesamt in den Dienst der Sache stellen und bereit sind, in unserem Bildungssystem mitzuarbeiten.
Deswegen braucht es als Allererstes eine Ausbildungsoffensive auf Bundesebene, die beispielsweise auf einer eigenen Ausbildungsschiene ansetzt, wie bei uns die BAfEP 21, insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung, Kollegsystem, und auch sicherstellt, dass die Leute dann auch tatsächlich in den Beruf gehen. Zweitens braucht es natürlich auch eine bessere Entlohnung, vor allem im privaten Bereich. Als Stadt haben wir ja vor einigen Jahren hier unsere Hausaufgaben gemacht. Und drittens, sozusagen als Folge dann vor allem der Ausbildungsoffensive, müssen auch wir - und da hat natürlich auch die Stadt Wien ihre Aufgabe, wenn wir diese Möglichkeit bekommen - den Schritt gehen, dass wir mehr Vorbereitungszeit schaffen, dass wir einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel und kleinere Gruppen auch umsetzen. Aber zuerst brauchen wir einmal das Personal, das sich überhaupt in diese Gruppen stellen würde.
Abschließend noch ein Wort zur Teuerung. Kollege Zierfuß, herzlichen Dank für diesen Antrag. Ich kann Ihnen versichern, wir sind in guten Gesprächen mit der Trägerinitiative, es wird noch im nächsten Monat jedenfalls eine Gesprächsrunde geben. Ich kann Ihnen versichern, uns ist das alles andere als egal. Wir sind uns dieser Problematik sehr, sehr bewusst und wir werden unsere privaten Träger ganz sicher nicht mit diesem Problem im Stich lassen. Wir haben auch schon während der Corona-Pandemie mit den Platzsicherungsbeiträgen bewiesen, dass man sich auf unser Wort verlassen kann. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächste ist die Frau Abg Berner zu Wort gemeldet und ich erteile es ihr. Bitte.
Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren im Livestream! - Als Erste müssen wir die begrüßen, die nicht da sind. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Warum wollen wir eigentlich ein Kinderschutzkonzept? Was ist der Ausgangspunkt? Dazu gibt es drei Beispiele. Sie alle erinnern sich, vermeintliche oder tatsächliche Missbrauchsfälle im Kindergarten im Frühjahr, eigentümliche Strafen in anderen Kindergärten vor einigen Jahren, mit in Badezimmer einsperren und so, dann vermutete Übernachtungspartys mit Lehrern in Sportvereinen, eigentümliche Workshops durch Fremdpersonal mit vermehrtem Körperkontakt. All diese Dinge sind vorgekommen in Wien, und das finden wir alle nicht so toll. Darüber haben wir uns ja geeinigt.
Wenn es um Kinderbetreuung geht, gibt es natürlich oft körperliche Nähe und manchmal ist es nicht ganz so einfach, zu sagen, ob das noch passt, ob das schon ein Übergriff war. Diese Einschätzung, ob jetzt was passiert und wie man mit vermeintlichen Opfern und vermeintlichen Tätern oder Täterinnen umgeht, ist auch für erfahrene PädagogInnen eine Herausforderung. Wir haben das gesehen. Wir waren immer wieder an der Überforderungsgrenze, das haben wir erkannt. In einer Situation des Missbrauchsvorwurfs, also in der Krise braucht es eigentlich Ruhe, Reflexionsvermögen, psychologisches Einfühlungsvermögen und das Wissen, wo ExpertInnen und Hilfsangebote zu finden sind. Das alles haben wir GRÜNE jahrelang gefordert, das haben auch Sie von den NEOS gefordert. Und jetzt wurde aus Anlass der letzten Vorkommnisse wegen des Missbrauchsverdachts diese neue Gesetzesnovelle verfasst.
Aber so, wie das im Gesetzesvorschlag formuliert ist, wird es uns leider nicht vor kritischen Situationen in der Zukunft bewahren. Und das ist der Grund, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Es sind nur zehn Stunden Ausbildung geplant, später sogar nur vier Stunden. Nach wie vor gibt es zu viele Aufgaben für erfahrenes Personal, das heißt, das Personal, das jetzt schon unter Druck ist, soll noch etwas Zusätzliches übernehmen. Nach wie vor gibt es überhaupt zu wenig erfahrenes Personal in den Kindergärten, nach wie vor sind die Kindergruppen zu groß, 25 Kinder auf 1 Betreuungsperson, das kann sich nicht ausgehen. Unter diesen Rahmenbedingungen kann man vieles nicht sehen. Es werden Missbräuche leicht übersehen, es wird auch leicht übersehen, ob es Kindern vielleicht schlecht geht, weil sie zu Hause oder im privaten Umfeld etwas erlebt haben. Wie soll man in so einem Umfeld mit Kindern zu intimen Themen arbeiten? Das ist völlig unmöglich. Echter Kinderschutz, der diesen Namen verdient, braucht ausreichend budgetäre Mittel, sonst bleibt der Ruf nach Kinderschutz eine reine PR-Maßnahme. Und als diesen sehe ich ihn in diesem Gesetzesentwurf auch verankert. Sie stellen mit dem Entwurf den Kinderschutzbeauftragten oder die Kinderschutzbeauftragte dar, als wäre sie kaum mehr als eine Brandschutzbeauftragte. Ein Mal eine Ausbildung, und dann passiert hoffentlich nichts. Genau das wird es nicht sein. Wir werden die brauchen und wir brauchen sie ständig. Auch heute haben Sie vielleicht gelesen, in Graz gibt es schon wieder Missbrauchsvorwürfe in einem Kindergarten - was da wirklich ist, wird man herausfinden, man kann es nicht so schnell sagen.
Ein wirksames Kinderschutzkonzept holt alle Beteiligten ins Boot, indem es Bewusstseinsarbeit bei Eltern und Betreuungspersonal macht und indem es die Kinder in ihrer Resilienz stärkt. Ein echtes Kinderschutzkonzept ist ein Prozess, der professionell begleitet bis zu 36 Monate dauern kann. Das ist eine Einschätzung der Liga für Kindergesundheit, das ist nicht meine. Das Aufgabenspektrum eines Kinderschutzbeauftragten ist dementsprechend breit: Er oder sie soll zuerst eine Risikoanalyse machen, dann einen Verhaltenskodex erarbeiten, im Verein mit Kindergarten soll ein Beschwerdemanagement, ein Fall
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