Landtag, 22. Sitzung vom 26.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 55
Gemeindeorgan nicht bestätigt werden, vermag das nichts an der Rechtsgültigkeit zu ändern.“
Das stimmt nur zum Teil. Eine Notkompetenzausübung des Bürgermeisters kann auch nichtig sein, wenn sie nämlich gesetzwidrig erfolgt. Ich habe das zitiert aus unser aller Bibel sozusagen, aus Cech/Moritz/Ponzer. Das ist wirklich das Standardwerk, das leider auch nie neu aufgelegt wurde, aber da steht das natürlich drin, dass die Entscheidung des Bürgermeisters, wenn sie in der rechtlich richtigen Ausübung der Kompetenz geschehen ist, pickt - und dass das, was das zuständige Gemeindeorgan dann noch macht, politischer Wille ist, aber nicht mehr. Das gilt aber nur dann, wenn der jeweilige Ausüber der Notkompetenz - wir haben ja gehört, es gibt mehrere - tatsächlich auch rechtmäßig handelt. Und dann wird es interessant.
Darüber kann man diskutieren, ob der Bürgermeister die Notkompetenz jetzt tatsächlich zu Recht in Anspruch genommen hat. Dringlichkeit ist eine Sache, und eine weitere ist auch die Unmöglichkeit der anderen Gemeindeorgane, ihre Kompetenz auszuüben. Darüber kann man schon trefflich diskutieren und darüber wird ja auch von uns argumentiert, und da sieht man - weil du, lieber Kollege Stürzenbecher, gesagt hast, dass alle Juristen das so sehen (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Fast!), „fast“, ja -, schon auch eines: Nein!
Und wenn Herr Pauer das so sieht, mag das so sein, aber was wir davon zu halten haben, das wissen wir inzwischen in diesem Haus - das sage ich auch ganz deutlich so dazu. Und wenn sich jemand als einer der obersten Beamten der Stadt Wien dann auch bemüßigt fühlt, in der Öffentlichkeit dazu Stellung zu nehmen und dort dann noch etwas reinschreibt, was so nicht stimmt, dann kann man sich selber seinen Reim darauf machen. Jeder hat wahrscheinlich mitbekommen, dass Herr Pauer in diesem Beitrag in der „Presse“ auch geschrieben hat, dass jedenfalls zwingend ein Meinungsaustausch bei Vorberatungen oder bei Beratungen des Stadtsenates sein muss. Es gibt nur ein Beispiel, bei dem das genau nicht der Fall war, und da war Herr Pauer auch schon das, was er jetzt ist. Also das ist einfach falsch, das kann man nicht anders sagen. Ich habe darauf dann in einem Leserbrief, der auch in der „Presse“ abgedruckt wurde, repliziert. Da kam dann nichts mehr zurück - ich nehme es zur Kenntnis.
Wir kennen das Problem, und wir haben das schon erlebt: In Zeiten der Covid-Krise hat es einen Umlaufbeschluss des Stadtsenates gegeben. - Bitte berichtigt mich, wenn das nicht so war! - Also, das geht. - Erstens.
Zweitens - und jetzt kommt dieses berühmt-berüchtigte „unverzüglich“ -: Das ist natürlich ein Schmarrn, dass unverzüglich bis zur nächsten regulären Sitzung ist. Da hat man dann auch noch argumentiert, es ist Sommerzeit und es ist Urlaubszeit, da kann man keine Sitzung einberufen. - Schmarrn! Nichts anderes als Schmarrn - ich kann das nur so sagen.
Wer ist denn dazu berufen, zum Beispiel eine Gemeinderatssitzung einzuberufen? Wer macht das denn in Wien? Wer macht das? - Natürlich der Bürgermeister! Und was sagt unsere, wie gesagt, in manchen Fällen durchaus brauchbare Stadtverfassung, § 21 der Wiener Stadtverfassung? - Da steht eigentlich alles drin: „Der Gemeinderat tritt zusammen, sooft es die Geschäfte erfordern.“ - Meine Damen und Herren, eine Zurverfügungstellung von 700 Millionen EUR, das ist nach meiner Interpretation - und da wirst du mehrere Juristen finden, die meiner Interpretation auch folgen - ein Geschäft, das sofort den Zusammentritt des Gemeinderates erfordert. Können wir uns darauf einigen? 700 Millionen EUR, das ist nichts Alltägliches.
Im Abs. 2 des § 21 ist auch ganz klar ausgewiesen: „Er kann sich“ - das ist also sogar eine sehr exklusive Kompetenz des Bürgermeisters - „nur auf Einberufung des Bürgermeisters und, wenn dieser verhindert ist, auf Einberufung des Vertreters versammeln.“
Es lag also ausschließlich in der Macht des Bürgermeisters, das zu machen, was er zu machen gehabt hätte, nämlich sofort eine entsprechende Sitzung einzuberufen. Das kann mir keiner hier seriös erklären, warum er das nicht gemacht hat. Beziehungsweise man kann es schon erklären - man kann sich seinen Teil dazu denken -, aber rechtlich korrekt ist das nicht. Das ist rechtswidrig! Das ist schlichtweg rechtswidrig.
Noch einmal: Wir haben Bestimmungen dieser Stadtverfassung, und es wäre schön, wenn man sie ernst nimmt. Dass sie nicht ernst genommen werden, das haben wir auch von den Kollegen gehört, die vor mir gesprochen haben, ebenso wie dann in der Untersuchungskommission selber. - Jetzt mache ich auch diesen Schwenk zur Untersuchungskommission. Ich hoffe, Kollege Reindl verzeiht mir das. - Auch wenn man nicht Mitglied oder Ersatzmitglied dieser Untersuchungskommission ist, bekommt man das schon mit, was dort passiert - es wird ja auch genug publiziert, und man informiert sich ja auch. Was dort passiert, ist in Wirklichkeit eine Verhöhnung unserer Gremien. Ich schließe jetzt nicht an das an, was uns Kollege Ellensohn und auch Kollege Wölbitsch da schon mitgeteilt haben, aber: Das ist eine Frechheit. Das ist eine Geringschätzung unserer Regeln, nichts anderes! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Offensichtlich, meine Damen und Herren, ist es notwendig, dass man das eben präzisiert, und da kommen wir wieder zu Schwächen unserer Stadtverfassung. Diese Schwächen waren auch voraussehbar, liebe GRÜNE, darum haben wir auch der letzten Reform der Untersuchungskommission nicht zugestimmt - ich glaube, die ÖVP auch nicht. Genau dieser Hinweis erfolgte damals auch: Bitte schön, da braucht es klare Regeln und Verpflichtungen - Verpflichtungen -, nicht, dass dann der Magistrat das macht, was er jetzt macht, nämlich sagt: Das ist mir wurscht! - Das ist es ja in Wirklichkeit unterm Strich.
Warum er das macht, darüber kann man philosophieren. Vielleicht glaubt wirklich der eine oder andere Magistratsbeamte, er ist gescheiter als der Gemeinderat oder gescheiter als die Untersuchungskommission - mag sein, das ist nicht fein, ist auch nicht Sinn der Sache, ist auch nicht Sinn der Demokratie -, es könnte aber womöglich auch sein - ich stelle das einmal nur so in den Raum, sonst sagt der Stürzenbecher, ich habe ein Problem -, dass vielleicht (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nein!) ein
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