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Landtag, 23. Sitzung vom 21.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 68

 

Ich kam in den Untersuchungsausschuss betreffend die Lainzer Mörderinnen, und ich kann Ihnen sagen: Das war für mich ein unendlicher Schock. Ich war damit überhaupt noch nie konfrontiert, was es heißt, in einem Zimmer untergebracht zu werden, in dem acht bis zehn Menschen liegen. Das war wirklich für mich sehr, sehr schwierig.

 

Damals habe ich mir etwas vorgenommen. Ich muss nämlich sagen, dass man auch bei den Gesprächen mit hohen Politikern gesagt hat, dass das die Menschen so wollen, dass sie in so großen Räumen sein wollen, damit sie nicht alleine sind. Für mich war all das unverständlich, und ich habe mir vorgenommen: Es ist unsere Aufgabe, so wie wir einen Erdenbürger ins Leben hereinnehmen, die Menschen, die aus dem Leben gehen, auch entsprechend hinauszubegleiten. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)

 

Daher ist mir das so wichtig, denn bei vielen alten Menschen ist der erste Teil, das Entlassungsmanagement, zugleich oft auch der letzte. Jedenfalls ist das der erste Teil einer Veränderung. Und sehr oft werden das dann die Drehtürpatienten, wie man sagt, die, kaum, dass sie zu Hause sind, schon wieder ins Spital müssen, weil die angemessene Versorgung nicht vorhanden ist. - Ich gebe zu, dass das etwas ist, wovon ich emotional besonders betroffen bin, weil ich das sehr oft erlebe und in meiner heutigen Tätigkeit sehr viel damit konfrontiert werde.

 

Mir ist allerdings ganz klar bewusst, dass das Gesundheitssystem natürlich eine unglaublich komplexe Materie ist, bei dem viele Ebenen ineinandergreifen, es viele Stakeholder gibt und jeder seine eigenen Interessen verfolgt, die oft nicht wirklich die Interessen der Patientinnen und Patienten sind. Im Hinblick darauf empfiehlt sich natürlich, obwohl wir für die Spitäler zuständig sind, auch ein entsprechender Aufbau von Kapazitäten im niedergelassenen Bereich, denn wir sind als Wiener Abgeordnete für alle Wienerinnen und Wiener zuständig. Im Wiener Gesundheitsverbund fehlen uns aber schlicht und einfach die ausreichenden Strukturen und Ressourcen, die wir vor allem für Sozialarbeiter und diplomierte Krankenpflegepersonen brauchen, um diese Herausforderungen wirklich bewältigen zu können.

 

Nach diesem Untersuchungsausschuss durfte ich damals mitarbeiten, und auch der Herr Landesrat war damals dabei. Wir haben Veränderungen vorgenommen, und wenn man sich heute die Pflegewohnhäuser ansieht, dann sieht man: Es gibt Einbettzimmer und Zweibettzimmer und gemeinsame Räume. Heute ist es so, wie es sein soll, und der Unterschied von damals zu heute ist, Gott sei Dank, ganz groß. Trotzdem fehlen die Menschen, die in diesem Zusammenhang notwendig sind, um dementsprechend mitzuarbeiten.

 

Daher möchte ich einen Beschlussantrag einbringen, weil das Entlassungsmanagement eine sehr wichtige Sache ist: Der Landtag fordert die zuständigen Stellen der Stadt Wien auf, die Implementierung eines professionellen Entlassungsmanagements im Wiener Gesundheitsverbund voranzutreiben sowie die Personalkapazitäten auszubauen, um die rechtzeitige Unterstützung von hilfsbedürftigen Patienten zu gewährleisten sowie ein effizientes Schnittstellenmanagement zwischen intra- und extramuralem Bereich zu ermöglichen. In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Sport verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn wir weiter in die Details gehen, dann sehen wir, dass ein Großteil der Anliegen beim Thema Traumatologie und Orthopädie liegt. Wenn man dem gegenüberstellt, dass 10 Prozent der Facharztausbildungsstellen in der Orthopädie des WiGeV unbesetzt sind, dann wir klar, dass es hier auch in Zukunft zu einem zusätzlichen Personaldruck und zu weiteren Problemen kommen wird. Auch hier ist Handlungsbedarf gegeben.

 

Weiters enthält der Bericht Kritik an gewissen Zwischenfällen. Ich möchte gleich vorwegschicken: Überall, wo gearbeitet wird, gibt es Fehler. Gerade im Gesundheitsbereich wirken sich Fehler aber oft sehr dramatisch aus, weil sie natürlich auch tödlich sein können. Die Kritik richtet sich allerdings auch nicht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WiGeV, sondern es geht wieder um die strukturellen Mängel, die eben vorhanden sind und die man beheben muss. Wir reden schon seit vielen Jahren darüber, abgesehen von der Diskussion des Tätigkeitsberichts der WPPA, wenn Sie hier sind oder früher Frau Dr. Pilz da war. Wir haben hier sehr viele Gesundheitsdebatten, und das wird immer wieder aufgezeigt. Das ist ja nichts Neues, und es ist traurig, dass da doch so wenig geschieht.

 

Ein besonders tragischer Fall, der auch mir persönlich nahegeht, wird im Jahresbericht erläutert. Es geht dabei um einen Patienten mit Herzbeschwerden, der 40 Tage auf einen Termin für eine Angiographie warten musste. 40 Tage! Sie müssen sich die Angst vorstellen, die ein Mensch da miterlebt! - Ich habe jetzt vor ganz kurzer Zeit einmal sozusagen eine kleine Mahnung erhalten. Es war nichts Besonderes, aber ich habe Tage gebraucht, das zu verarbeiten, und bei jedem Stich und bei jeder Kleinigkeit denkt man sofort: Um Gottes willen! Was heißt das? - Wenn man das weiß und 40 Tage warten muss, dann ist das eigentlich unglaublich. Und während dieser Wartezeit erlitt der Patient auch tatsächlich einen Herzinfarkt.

 

Wartezeiten sind kein Einzelfall im WiGeV. Auch in diesem Zusammenhang muss strukturell dafür gesorgt werden, dass sich das ändert. Es hat sich zwar verbessert, aber in manchen Teilen überhaupt nicht. Generell sind die Wartezeiten, wie heute schon gesagt wurde, nicht mehr so lang, es gibt aber Bereiche, wo das natürlich sehr dramatisch ist. So gibt es etwa Fälle mit einer Wartezeit von mehr als einem Jahr und bis zu dreimaliger Verschiebung. Es ist ja nicht so, dass jemand so gern operieren geht. Das ist eh eine Belastung. Und es darf ganz einfach nicht sein, dass jemand drei Mal hinkommt, quasi schon fast auf dem Operationstisch liegt, dann aber wieder runter muss und letztlich drei Mal wieder nach Hause geschickt wird. So etwas darf nicht sein!

 

Kritik betrifft natürlich auch die Gefährdungsanzeigen. Diese sind nicht zu bagatellisieren. Nein! Diese sind ernst zu nehmen. Es geht zum Beispiel um eine Behandlungsverzögerung, die beinahe zu einer Beinamputation führt,

 

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