Landtag, 23. Sitzung vom 21.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 68
Patientenombudsstelle der Ärztekammer gerichtet. Das hat dazu geführt, dass der Leiter dieser Krankenanstalt die Patientin zu einer Begutachtung eingeladen und tatsächlich festgestellt hat, dass das sofort zu operieren ist. Daraufhin hat sie innerhalb von zwei Wochen einen Akuttermin bekommen, so wie es sich normalerweise eigentlich gehören würde. Das war aber nur über diese Schiene möglich. Und diese Praktik herrscht noch immer. Das müssen wir aufzeigen, das muss man abstellen. Ich halte das wirklich für unmoralisch. Das ist höchst unmoralisch und darf in dieser Stadt nicht geduldet werden, egal, von welchem Spital! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von Abg. Ingrid Korosec.)
Stichwort: Exorbitante Ambulanzwartezeiten. Das habe ich aus Ihrem Bericht genommen, und das stimmt auch. Warum aber haben wir diese exorbitanten Ambulanzwartezeiten? Weil wir hier in diesem Bereich offensichtlich so attraktiv sind. Und wenn Sie jetzt behauptet haben, dass Niederösterreicher nicht mehr kommen können, dann sage ich: Das entspricht nicht der Realität. Jemand, der in eine Spezialambulanz zugewiesen wird, die es in Niederösterreich nicht gibt, wird hier genommen, weil das eben notwendig ist.
Damit komme ich jetzt zu Herrn Kollegen Gara, der gesagt hat, dass die Spitäler eigentlich für Akutfälle da sind. - Ja, das trifft in der Theorie zu. In der Praxis haben wir aber in allen Wiener Spitälern irgendwelche Spezialambulanzen, die Leistungen anbieten, die im niedergelassenen Bereich nicht zugänglich sind, außer auf privater Ebene, wo man das schon finden kann. Das interessiert mich aber nicht, denn wir wollen für die gesamte Bevölkerung eine ausgezeichnete Versorgung! Und deswegen muss man hier auch festhalten, dass die Spitäler auch eine Versorgung anbieten, die eigentlich nicht vorgesehen ist, wenn es nur um akute Fälle gehen soll. Das entspricht nicht der Realität.
Außerdem kommt natürlich noch Folgendes dazu: Die Patientinnen und Patienten, die in die Spitalsambulanzen kommen - manche rufen vorher an, manche kommen gleich hin -, haben alle eine Überweisung, und zwar sehr oft von Fachärztinnen und Fachärzten aus dem niedergelassenen Bereich, oft auch von Privatärzten. Diese Leute kommen mit einer Überweisung. Ich kann all das belegen.
Fangen wir gleich bei der Gynäkologie an. Da hatten wir nämlich eine interessante Präsentation von einem Vertreter der Ärztekammer, die im Hinblick auf die herrschende Geisteshaltung sehr aufschlussreich war. Es wurde nämlich gesagt, dass schwangere Frauen „heavy user“ sind. Das finde ich ja ganz arg! Ich habe mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt, dass man sich so etwas als Ärztekammer-Funktionär - oder wer immer das war, ist auch wurscht! - zu sagen traut! Das zeigt die entsprechende Geisteshaltung. Schwangere Frauen sind „heavy user“, weil sie so einen Gesprächsbedarf haben. - Ja. Den haben wir alle. Auch beim Zahnarzt. Ich habe den auch. Überall. (Zwischenruf von Abg. Mag. Josef Taucher.) Oder? Vielleicht bin ich auch eine „heavy userin“. Das ist ja unglaublich! Ich finde es unfassbar, dass man so etwas überhaupt sagt!
Wir sind jetzt gerade bei der gynäkologischen Versorgung, und bei diesem Vortrag wurde auch sehr eindrucksvoll berichtet, dass die Tarife zu niedrig sind. Das wird schon so sein! Es muss mehr für das Gespräch geben. Wir müssen Druck ausüben, denn mehr können wir als Stadt nicht tun, dass es im niedergelassenen kassenärztlichen Bereich endlich zu Tarifen kommt, die diesen Bereich wieder attraktiv machen.
Ein bisschen übertrieben finde ich es aber schon, wenn dann die Frauen von den Gynäkologen - und das sage ich jetzt männlich, weil das so ist und es wenige Gynäkologinnen gibt, die so etwas machen - mit Zuweisungen betreffend Eisenmangel kommen. - Bei einer Hypermenorrhoe, also einer verstärkten oder verlängerten Menstruationsblutung, die oft bei jungen Frauen vorkommt, muss man ein bisschen Eisentabletten verschreiben, die die Patientin nehmen soll. Diese Patientinnen kommen dann aber in eine hämatologisch-onkologische Ambulanz mit einer Zuweisung, dass man den Eisenmangel beheben soll. Das ist ja unglaublich! Ich bin auch Ärztin, und wir kümmern uns natürlich um solche Patientinnen. Die können ja nichts dafür, dass sie zu uns kommen, und wir schicken sie nicht weg, sondern schauen, dass sie zu ihrem Eisen kommen und schreiben ein Rezept für Eisentabletten. Wenn das nicht vertragen wird, dann gibt man es intravenös. - Es ist doch unglaublich, dass man es nicht schafft, ein Rezept für ein Eisenpräparat auszustellen, sondern stattdessen zuweist!
Das ist kein Einzelfall, das gibt es in allen fachärztlichen Ordinationen, und ich halte das auch für einen Grund, dass die Wartezeiten so lang sind, weil so etwas zum Beispiel unnötig ist. Es gibt Kardiologen - private Gruppenpraxis -, die schicken eine Patientin, die zufällig in einer ganz anderen Ambulanz im Hanusch-Krankenhaus behandelt wird, mit einer Zuweisung für eine ganz komplizierte Untersuchung des Herzens in dieses Spital. - Okay. Das gibt es im niedergelassenen Bereich auch. Tatsächlich wäre derjenige aber, vor allem, wenn er schon privat dafür kassiert beziehungsweise auch wenn er nicht kassiert, dazu verpflichtet, eine solche Untersuchung zu organisieren und nicht, eine Überweisung zu schreiben und ab ins Spital! Diese Vorgangsweise ist aber mehr die Regel als die Ausnahme, das möchte ich nur sagen, und das ist ein richtiges Problem. - Wenn das meine Patientin ist, dann mache ich das und habe dann nicht die Zeit, den anzurufen und zu fragen, ob er noch ganz normal denkt! - Und es kommen dann immer mehr, denn das funktioniert ja. Und das ist nicht sinnvoll und führt auch zu exorbitanten Ambulanzwartezeiten.
Ich möchte zu einem weiteren Thema kommen. Ich habe mich sehr gefreut, als in einer der letzten Landesgesundheitsplattformen auf meine Anfrage, wann es endlich eine Leistungserfassung für den niedergelassenen Bereich geben wird, mitgeteilt wurde, dass das in Arbeit ist. Es geht da nämlich darum, dass man dann erfassen muss, was man gemacht hat, und dass es einen bestimmten Katalog gibt, wonach man auch die Diagnosen weiß. Welche Freude: Das ist in Arbeit! Das wird kommen, sodass wir vielleicht ein bisschen mehr Transparenz haben.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular