Landtag, 23. Sitzung vom 21.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 68
Ich bin übrigens der Meinung, dass diese Leistungserfassung unbedingt auch im Privatbereich gemacht werden muss, denn zu wissen, mit welchen Diagnosen die Menschen dort sind, ist wichtig für die Gesundheitsplanung. Das ist ja eigentlich logisch, denn wenn man nur den Spitalsbereich abbildet, dann ist die Hälfte nicht vorhanden und damit kann man sich kein Bild machen.
Etwas, was noch wichtiger ist, haben wir in Wirklichkeit auch gar nicht. Im Rahmen der Diskussion über das Entlassungsmanagement wurde das erwähnt: Die Vernetzung zwischen extra- und intramuralem Bereich funktioniert nicht. Und warum funktioniert sie nicht? Ein Beispiel: Jemand besucht regelmäßig eine Spezialambulanz, geht dann aber dazwischen auch zur Hausärztin oder zu einem Internisten oder sonstwo hin, wo irgendetwas gemacht wird, und kommt dann wieder zurück und erzählt: Dieses Medikament nehme ich nicht mehr, das wurde abgesetzt, dafür nehme ich jetzt ein anderes. - In einem solchen Fall möchte ich den Grund für das Absetzen wissen. Wenn ich danach frage, lautet die Antwort: Das weiß ich nicht. Das ist den Leuten auch zuzugestehen, denn warum soll der Patient oder die Patientin das wissen? Ich muss es aber wissen, ich muss die Medikamentenänderung kennen! Meist weiß ich aber auch nicht einmal, welches neue Medikament gegeben wurde und warum das geschehen ist.
Das heißt, wir müssten so aufgestellt sein, wie wir es bei unserer Ausschussreise beziehungsweise Studienreise nach Berlin und Tallinn erfahren haben. In Tallinn ist die Digitalisierung, so wie in vielen skandinavischen Ländern, sehr weit fortgeschritten. Dort ist es eine Selbstverständlichkeit, dass jeder behandelnde Arzt und jede behandelnde Ärztin sehen können, was wann verordnet wurde und wie die aktuelle Medikation ist. Das haben wir nicht, und zwar nicht deswegen, weil wir die Zeit nicht haben oder zu faul sind, die Medikation zu aktualisieren, sondern weil wir nicht wissen, woher wir Informationen darüber hernehmen sollen.
Das ist schlechte Medizin! Da muss man etwas machen, und zwar auch im Hinblick auf dieses Datenschutzgerede. Ja. Ich halte Datenschutz für wichtig. Wir haben aber in Tallinn gesehen, dass es auch anders geht, dass es möglich ist, den Datenschutz zu berücksichtigen. Der Patient oder die Patientin hat die Hoheit über ihren Patientenakt und sieht, wer hineinschaut oder wer hineingeschaut hat, und das ist eine gescheite Sache. Da frage ich mich: Warum bemühen wir uns nicht, in diese Richtung zu gehen und jammern stattdessen über schlechte Behandlungen? Solche Strukturen brauchen wir, dass wir zu einer guten beziehungsweise besseren Medizin kommen! (Beifall bei SPÖ, NEOS und ÖVP.) Da haben wir eine ganz wichtige Aufgabe vor uns.
Ich möchte noch zum Beschwerdemanagement kommen. Kommunikation ist eine wichtige Sache, und deswegen würde ich anregen, dass wir all diese Spitalsombudsstellen zusammenfassen. Jedes Spital hat eine Ombudsstelle, und da kann man sich über alles Mögliche beschweren. Und für den Fall, dass wirklich etwas Dramatisches vorgefallen ist, bin ich der Meinung, dass bei Ihnen der richtige Platz dafür ist.
Oft gibt es aber ein Kommunikationsproblem, bei dem kein medizinischer Schaden entstanden ist. Wieder ein Beispiel: Jemand wurde bei der Tür rausgeschmissen, obwohl es geregnet hat, weil man nicht einmal im Zwischenraum stehen bleiben durfte, bis das Taxi kommt, weil ja Corona-Pandemie war. Da hat sich jemand erkältet und dann beschwert. Und was ist da beispielsweise die Antwort? Ich bekomme nämlich viele Anrufe von Leuten, die so etwas erleben. Die Antwort ist dann: Das war nicht so! Das stimmt nicht. Und tschüss!
Dafür brauche ich keine Ombudsstelle! Ich bin dafür, dass man unter dieser Voraussetzung diese Ombudsstellen abschafft, denn das bringt nämlich noch mehr Ärger, als man vorher gehabt hat. Das, was ich jetzt sage, ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Ich meine aber, man sollte das reformieren. Man sollte sich seitens der Ombudsstelle vielleicht doch entschuldigen oder auch einmal einfach nur das Bedauern ausdrücken, dass so etwas passiert und ein schlechter Eindruck entstanden ist. Ich verstehe nicht, warum es diese unnötigen Ärgernisse gibt, die man eh nicht braucht und die dann durch solche Antwortbriefe, in denen man sozusagen der Lüge bezichtigt wird, noch verstärkt werden.
Das halte ich wirklich für reformbedürftig, denn ein Spitalsbesuch oder ein Arztbesuch sind für die Patientinnen und Patienten immer etwas Anstrengendes. Wenn man eine Erkrankung hat, dann ist man in einer schlechten Position. Da kann man sich nicht so auf die Füße stellen, wie wenn man gesund ist. Da ist man schwach. Das Wort „Patient“ kommt von Geduld, und viel Geduld muss man leider haben. Daher denke ich mir, dass man auch, was die Kommunikation betrifft, einiges tun könnte. Das dürfte dann aber nicht sozusagen eine Einzelgeschichte sein, sondern das müsste man dann schon in eine Unternehmenskultur implementieren.
Etwas sage ich immer wieder, und ich sage es jetzt kurz noch einmal: Es läuft in unserem Gesundheitswesen in Österreich, aber auch in Wien, wo wir viele Gesundheitseinrichtungen haben, viel zu viel parallel. Die PatientInnen müssen sich durch das Gesundheitswesen kämpfen und werden nicht geleitet. Sie bekommen eine Zuweisung in die Hand, und es heißt quasi: Geh hin, wo du willst, dort hin, wo dich halt jemand nimmt. Wir brauchen eine Leitung und Begleitung durch das Gesundheitswesen. Das ist eine ganz wichtige Sache. Man muss wegen eines Zeckenbisses nicht in ein Krankenhaus, man muss damit auch nicht unbedingt in eine Erstversorgungsambulanz, außer der Doktor hat gerade nicht offen. Ich weiß, wie viele Menschen in wie vielen Ambulanzen Dauergäste sind, weil sie immer wieder bestellt werden. Man will keinen Fehler machen, und deshalb bestellt man die Leute halt wieder. Obwohl die Erkrankung vielleicht gar nicht mehr aktuell ist, macht man halt eine Kontrolle.
Ich sage das immer so plakativ: Sehr viele Menschen, die in Pension sind, können das, was sie sich eigentlich für die Pension vorgenommen haben, gar nicht machen, weil sie dauernd irgendwo in einem Spital, in einer Ambulanz, in einer Notaufnahme, in einer Erstversorgungsambulanz oder sonstwo sitzen, auch bei Privatärzten, und
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