Landtag, 24. Sitzung vom 21.09.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 57
Warum aber haben die denn gehen müssen? - Die haben gehen müssen, weil leider auch internationale große Player hier hergekommen sind, denen die Miete mehr oder weniger wurscht ist - die hauen sich das Ganze über das Online-Geschäft drauf und machen dann dort die Gewinne, die sehen es eigentlich nur als Werbungskosten, dass man einen guten Standort hat -, und weil unser Mietrechtsgesetz es leider immer noch nicht schafft - das wäre auch ein Thema, das Sie gerne aufbringen könnten -, dass gerade diese alteingesessenen Unternehmen, die vielleicht schon in 3. Generation sind, vom kleinen Nähzubehör bis zum Bäcker, und jeder kennt das. Wer früher auf der Kärntner Straße oder auch am Graben herumgegangen ist, kannte noch diese kleinen Bäcker, die Läden für Nähzubehör und diese ganzen kleinen Unternehmen. Die haben ja nicht deswegen freiwillig aufgegeben, weil die Lage so schlecht ist. Man hat dort einfach, nachdem der Vater, die Mutter oder die Großmutter gestorben ist, die Miete so in die Höhe schießen lassen, weil man daneben natürlich Zara, H&M und andere große internationale Unternehmen hatte, die gesagt haben: Mir ist das egal, ob ich da jetzt 10.000 Schilling, 20.000 Schilling oder jetzt 10.000 EUR pro Quadratmeter zahle.
Jeder hat gesagt: Na gut, wenn ich da jemanden finde, ein großes Unternehmen, das dort hineinzahlt, dann werde ich den Bäcker wohl nicht mit niedriger Miete verlängern, sondern sage auch: Danke, jetzt machen wir einmal den angepassten Mietpreis.
Deswegen war es auch immer eine Idee, wie man die Miete gerade für solche Unternehmen unten hält und einen ausgewogenen Handelsmix hat. Da gibt es mehrere Lösungsansätze. Berlin hat es zum Beispiel probiert. Die haben gesagt: Wir nehmen selber von der Stadt, steigen in diese Mietverträge ein und kaufen Objekte - quasi immer die untersten Geschoße der Einkaufsstraße - und vermieten sie dann günstig an denjenigen, der sie haben will. Das hat in Berlin auch nicht so toll funktioniert, es war aber ein Lösungsansatz.
Gerade, um alte Traditionsunternehmen aufrechtzuerhalten, könnte man es anders machen, indem man sagt, dass es auch bei Mietverträgen eine privilegierte Rechtsnachfolge gibt. Das heißt: Wenn es in einem gewissen familiären Naheverhältnis ist, wird er einfach weitergeführt und nur geringfügig angepasst. Auch das wurde leider bundesweit noch nicht geregelt - und dass man vor allem auch auf die Branchenüblichkeit eingeht.
Jeder weiß: Mit einem Nähzubehör werde ich nie so viel verdienen wie vielleicht in der Gastro oder im Superluxus-Modebereich, weil es da ganz andere Aufschläge gibt. (Abg. Mag. Josef Taucher: Amazon!) Also, es gibt hier schon auch noch die Möglichkeit, einen gesunden Handelsmix in Wien zu erhalten, obwohl Wien gegenüber jeder anderen internationalen Metropole leider sehr austauschbar geworden ist. Das ist leider so.
Ich sage einmal: Früher ist man vielleicht noch nach Rom gefahren, weil man dort gute Geschäfte hatte, oder man hat gesagt: Wenn ich schon in Paris bin und mir das anschaue, kaufe ich dort auch etwas ein, weil alles einzigartig war. Heutzutage ist alles nicht mehr einzigartig, im Gegenteil: Eigentlich ist jede Metropole - und das find‘ ich persönlich schade - austauschbar. Man hat überall auf den besten Plätzen immer nur die gleichen Arten von Kaufhäusern und immer nur die gleichen Arten von globalen Unternehmen, denen die Miete dort dann, wie gesagt, egal ist, wodurch aber die Miete für die anderen steigt.
Daher vielleicht auch mein Ersuchen, sich bitte diesmal auch konstruktiv und vielleicht nicht immer nur mahnend oder belehrend oder, wie Sie sagen, sehr kritisch oder überall kritisch auch auf Bundesebene dafür einzusetzen, Wien in dem Restbestand, den es hat, zu erhalten. Es gibt noch ausgezeichnete kleine Geschäfte in diversen Einkaufsstraßen oder auch in der Wiener Innenstadt, und es folgt jetzt auch wieder - das weiß ich selber - ein enormer Generationenwechsel. Damit das auch innerhalb der Familie bestehen bleiben kann, indem man eben auch bei der Mietweitergabe erstens die Branchenüblichkeit bewertet und alteingesessene Familienunternehmen vor Mietpreisen schützt, die man im Unternehmen einfach nicht mehr erwirtschaften kann.
Ich kann Ihnen eines sagen: Keiner sperrt gerne freiwillig zu und lässt dann irgendeinen Zara, H&M oder andere große Globalisten herein. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Ich erkläre die Verhandlungen für geschlossen und erteile dem Berichterstatter das Schlusswort.
Berichterstatter Amtsf. StR KommR Peter Hanke: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke sehr für die engagierte Debatte.
Ich bleibe dabei: Wir haben drei Jahre geübt, wir haben es uns drei Jahre angeschaut. Ich glaube, eine moderne Verwaltung muss auch einen Schritt nach vorne machen. Ich sehe bei dieser Novelle eigentlich nur Gewinner. Natürlich werden wir uns die Sache weiterhin anschauen, so wie es üblich ist, aber ehrlich gesagt, ist es schön, dass wir damit wieder ein Stück weit Internationalität nach Wien holen dürfen. Es ist schön, dass wir der Wirtschaft helfen können. Es ist gut, dass wir im Verwaltungsbereich einen Schritt nach vorne gehen dürfen.
So gesehen, darf ich auch den Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern zusichern: Mit dieser Regelung gibt es keine Schwäche, sondern eine Verbesserung der Situation. Damit sollte eigentlich ein guter Start für die neue Schanigartenregelung gegeben sein. Ich danke für diese engagierte Diskussion und ersuche um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das Gesetz ist somit in erster Lesung mehrstimmig, nämlich mit den Stimmen der SPÖ, der NEOS, der ÖVP, der FPÖ und des Abg. Kieslich, beschlossen. Das Gesetz ist somit in erster Lesung angenommen.
Ich schlage vor, die zweite Lesung dieser Gesetzesvorlage sofort vornehmen zu lassen. Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist einstimmig so beschlossen.
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