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Landtag, 24. Sitzung vom 21.09.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 57

 

Sie sind ein wichtiges Kontrollorgan, Sie sind ein wichtiger Partner, vorausgesetzt, dass man Ihr Feedback und Ihre Empfehlungen auch ernst nimmt. Und ich bin davon überzeugt, dass man, wenn man als Landesregierung beziehungsweise als Stadt- oder Landesverwaltung Ihr Feedback und Ihre Empfehlungen ernst nimmt und umsetzt, es wirklich schafft, eine serviceorientierte Stadt beziehungsweise ein serviceorientiertes Land sowie eine faire Stadt und ein faires Land zu werden. Das sollte eigentlich unser aller Ziel sein.

 

Insgesamt durften Sie sich in Wien mit 1.446 Beschwerden auseinandersetzen. Die meisten Anliegen finden sich im Bereich der Staatsbürgerschaft, der Wählerevidenz und der Straßenpolizei, und an zweiter Stelle steht schon das Thema Mindestsicherung und Jugendwohlfahrt. - Wie jedes Jahr nutze ich hier die Möglichkeit, vertieft auf das Thema Kinder- und Jugendhilfe zu sprechen zu kommen. Wie es der Name ja schon sagt, ist es das Ziel, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu fördern und sie in diesem Zusammenhang zu unterstützen, und ich meine, man sollte sich wirklich immer genau damit auseinandersetzen, wie man dieses Ziel entwickeln kann.

 

Im Jahr 2022 haben wir den Prüfungsschwerpunkt auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung des sozialpädagogischen Personals gelegt. Es wurden Qualifikationen, Einschulungen, Fort- und Weiterbildung und einiges mehr von Ihnen in diesem Bereich untersucht. Allein in Wien sind 46 Besuche durchgeführt worden.

 

Gerade in der Kinder- und Jugendhilfe sollten wir den Anspruch haben, die Besten zu sein. Leider sind wir aber - Kollegin Emmerling hat es schon erwähnt - immer noch das Schlusslicht beziehungsweise haben wir immer noch die höchsten Zahlen im Zusammenhang mit Fremdabnahmen. Und wir sind immer noch an vorletzter Stelle in Österreich, wenn es um die Unterstützung bei der Erziehung geht.

 

Ja. Viele Dinge sind auf die Reise gebracht worden, im Hinblick auf welche wir hoffentlich nächstes Jahr im Bericht schon über Verbesserungen lesen können. Ich denke aber, man muss sich sehr wohl mit all Ihren Aufzeichnungen und all Ihren Kritiken auseinandersetzen. Warum ist es mir so wichtig, dass wir uns wirklich vertiefend damit auseinandersetzen? - Ich sage auch das immer wieder: Wenn die Stadt die Entscheidung trifft oder sich gezwungen fühlt, die Entscheidung zu treffen, dass man ein Kind aus seiner Familie nimmt, dann muss aber auch garantiert sein, dass das Kind besser, fürsorglicher und liebevoller untergebracht werden kann. Es ist wichtig, dass das Kind zur Ruhe kommt, dass das Kind gefördert wird und dass das Kind sozusagen ein Nest findet, wo es den Glauben an sich selbst wieder finden kann und mit Unterstützung von gut ausgebildeten Erwachsenen auch wieder lernt zu vertrauen.

 

Wir sehen an den Kritikpunkten, die Sie aufzählen, dass die Krisenzentren immer noch überbelegt sind, dass dort anstatt 8 Kinder oft 14 Kinder aufzufinden sind, und dass es auf Grund des Drucks und der permanenten Überbelegung sehr wohl eine angespannte Personalsituation gibt, und das in einem Bereich, wo es viel zu wenig qualifizierte Mitarbeiter gibt.

 

Auch wenn Sie, Frau Emmerling, heute gesagt haben, dass es mehr Planstellen geben wird: Das Probleme dabei ist aber, dass es offenbar zu wenig qualifiziertes Personal gibt und die Planstellen alleine nicht helfen, wenn wir Menschen nicht dazu bringen können, sich für diesen Job zu begeistern. Wir haben einen extrem niedrigen Personalschlüssel. Das bedeutet, dass eine Krisenabklärung oft nicht wirklich durchgeführt werden kann, und das erschwert natürlich die Arbeitsbedingungen. Außerdem kommt es zu einer extremen Fluktuation beim Betreuungspersonal, und im Hinblick darauf hat es auch Krisenzentren gegeben, die geschlossen werden mussten.

 

Das ist ein übler Kreislauf, der sich dann noch über weitere Punkte hinwegzieht. Diesen Kreislauf muss man wirklich durchbrechen, und zwar mit allen möglichen Hilfen, derer man habhaft werden kann, nämlich mit budgetären Hilfen, mit Ausbildungshilfen und entsprechenden Initiativen. Je öfter nämlich das Personal wechselt, umso schlechter ist das für die Kinder, die zur Ruhe kommen und Vertrauen finden müssen. Das müssen wir immer im Blick haben.

 

Wir haben das personelle Problem beziehungsweise ein Qualitätsproblem auch deswegen, weil man in Wien in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Personen arbeiten lässt, die noch nicht einmal mit ihrer Ausbildung fertig sind. Ich glaube, in den anderen Bundesländern sind es zwei Drittel, bei uns können diese Personen aber schon viel früher anfangen. Andere müssen zwei Drittel der Ausbildung fertig haben, in Wien ist das nicht so, und daher ist die Quote von Menschen, die diesen Beruf ergreifen, obwohl sie nicht oder noch nicht dafür qualifiziert sind, viel höher.

 

Wir haben das Problem, dass neues Personal bereits nach zwei Wochen eigenverantwortlich in den Tagdienst eingesetzt wird. Österreich-weit gibt es eine ganz andere Zahl. Wir haben mittlerweile auch das Faktum, dass neue Fachkräfte bereits viel früher Nachtdienste und Wochenenddienste eigenverantwortlich machen müssen, ebenfalls viel früher als in den Bundesländern. Es gibt bei 78 Prozent der Einrichtungen in Wien keine Bereitschaftsdienste. Was bedeutet das? Das heißt, es gibt Einzeldienste, es passt also nur eine Person in der Nacht oder an einem Wochenende auf eine Gruppe auf. Das Problem dabei ist, dass sich, wenn etwas bei dieser Gruppe passiert, die Person, die allein für die Gruppe zuständig ist, nicht zweiteilen kann.

 

Das heißt, es muss der Betreuungsperson jemand zur Seite gestellt werden, der die Gruppe weiterbetreut, damit man sich auf das Problem einstellen kann. Und das gibt es zur Zeit nicht. Es gibt keine eingeteilten Bereitschaftsdienste, weil es einfach zu wenige Menschen gibt, sondern es kommt dann auf die Bereitwilligkeit der Kollegen an. Was bewirkt das? - Das bewirkt, dass die Kollegen, die eigentlich frei hätten, nicht abschalten können, nicht wissen, wie sie zur Ruhe kommen und sich auch einmal erholen können, weil es nämlich jederzeit sein kann, dass das Telefon läutet und man einspringen und helfen muss, denn dabei geht es um die Sicherheit der Kinder. Das führt dann zu Burn-outs und dazu, dass die Leute gehen, und dabei handelt es sich, wie gesagt, um einen Kreislauf, der

 

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