Landtag, 26. Sitzung vom 23.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 68
die wehrhafte Demokratie hochgehalten werden!“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte die Erstrednerin, Frau Abg. Bakos, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.
Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Wertes hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus wie auch vor den Bildschirmen.
„Niemals wieder!“ - „Niemals wieder!“ ist ein Appell, der sich in unserer gemeinsamen Geschichte verankert hat. „Niemals wieder!“ ist aber auch ein Versprechen, unserer historischen Verantwortung gerecht zu werden. „Niemals wieder!“ ist aber genauso auch ein Appell, uns stets gegen Hass, gegen Hetze, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit entgegenzusetzen. In den letzten Wochen hat man aber auf der ganzen Welt und auch in Europa, in Österreich und damit auch in Wien ein bisschen den Eindruck gehabt, dass dieses Versprechen, dieser Appell, dieser Auftrag zu bröckeln beginnen könnte.
Wir blicken seit einigen Wochen, seit dem Terror am 7. Oktober von Seiten der Hamas gegen Israel, mit Schock, mit sehr viel Trauer und sehr viel Sorge auf die aktuellen Geschehnisse im Nahen Osten. Und dieser Hass breitet sich auch bei uns auch auf unseren Straßen aus. Denken wir etwa an teils antisemitische Demonstrationen auf unseren Plätzen. So wurden zum Beispiel auf dem Ballhausplatz oder auch beim Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz sehr bewusst antisemitische Parolen skandiert.
Es wird aber auch an Wiens Schulen leider teils gefährliches Gedankengut geteilt, und es passieren dort sogar Gewalttaten. Die Bildungsdirektion Wien hat sofort nach dem 7. Oktober reagiert. Sie hat die Schulen Wiens genau aus diesem Grund, weil man sofort gesehen hat, wie aktuell das ist und wie wichtig es ist, auch an den Schulen zu reagieren, mit entsprechendem Unterrichtsmaterial, vor allem mit Informationen, die die Pädagoginnen und Pädagogen unterstützen sollen, versorgt. Diese Unterlagen zum Thema Völkerrecht, Krieg, Terror und Antisemitismus wurden den Pädagoginnen und Pädagogen von Seiten der Bildungsdirektion angeboten, weil es so wichtig ist, angesichts der weltpolitischen Ereignisse und Kriege eine seriöse, ernsthafte und vor allem natürlich altersgerechte und entwicklungsgerechte Befassung im Unterricht an den Wiener Schulen möglich zu machen. Auch wenn die Lage an den Schulen in Wien sehr unterschiedlich ist: Ganz klar ist, dass die Pädagoginnen und Pädagogen sehr stark gefordert sind, und deshalb möchte ich gleich zu Beginn ein großes Dankeschön an all diese engagierten Pädagoginnen und Pädagogen, aber auch an die Bildungsdirektion für das schnelle Reagieren aussprechen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Die massive Steigerung antisemitischer Vorfälle und Anschläge - ich möchte jetzt allein an den Brand im jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofes erinnern - ist schlicht erschreckend. 78 Jahre nach Ende des Holocausts, 85 Jahre nach Ende der Novemberpogrome, deren wir erst diesen Monat gedacht haben, gehört der Ausruf „Du Jude!“ nach Untersuchungen zu den häufigsten Beschimpfungen auf deutschen Schulhöfen. 85 Jahre nach Ende der Novemberpogrome trauen sich jüdische Schülerinnen und Schüler auch in Österreich und auch in Wien teilweise nicht, ihren jüdischen Glauben nach außen zu tragen und offen darzulegen aus Angst vor Repressalien und vor Gewalt.
Von Ausrufen wie „From the river to the sea!“ bis hin zu wirklich sehr demokratiegefährdenden islamistischen Propagandavideos auf TikTok, die geteilt werden und die eine massive Reichweite haben, ist alles dabei.
Wir sehen aber auch andere Abwertungen und Herabwürdigungen und eklatante Probleme mit Wertehaltungen. Junge Männer wollen Frauen vorschreiben, was sie zu tragen haben und wie sie sich zu kleiden haben. Schüler und Schülerinnen sind offen homophob. Andere Schülerinnen und Schüler reagieren daraufhin wiederum mit Abwertungen auf Grund der Herkunft und des Glaubens der jeweils anderen rassistisch.
Ich bin da ganz ehrlich: Das macht mir und - wie ich glaube - uns allen riesengroße Sorgen. Wir dürfen weder in Wien noch sonst irgendwo anders Antisemitismus, Übergriffe, das Infragestellen des Existenzrechtes Israels beziehungsweise sämtliche andere gruppenbezogene menschenfeindliche Abwertungen zulassen. Wir müssen hier wirklich ganz konsequent auf diese Dinge antworten, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Da reicht es jetzt natürlich nicht, einfach nur zu sagen: Wir haben das jetzt auch verurteilt und damit ist es von der Tagesordnung. Nein! Es müssen nun Taten und konsequente Antworten für sich sprechen, und das tun sie in Wien. Mit Programmen wie „Respekt: Gemeinsam stärker“ oder den Wiener Bildungschancen halten wir ein breites Angebot gerade auch im Bereich der Extremismusprävention bereit. Es gibt zum Beispiel auch die Hotline für Pädagoginnen und Pädagogen betreffend Gewalt an Schulen über die Schulkooperationsteams der MA 11.
Das ist aber noch nicht genug, und deshalb tut Wien mehr, ob mit der Aufstockung der Antigewalttrainings oder mit dem Ausbau von Eingreifteams in der Schulsozialarbeit, die genau dann kommen, wenn es zu brenzligen Situationen kommt. Ferner nenne ich den Ausbau der interkulturellen Teams, auch im Rahmen der Schulsozialarbeit, oder aber auch den verstärkten Ausbau von Time-out-Möglichkeiten. Diesfalls können Schülerinnen und Schüler, wenn sie auffällig werden, eine kleinere Förderklasse besuchen, wo sie intensivst betreut werden. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das kommt aber ein bisschen spät!)
Ich bin aber auch zutiefst davon überzeugt, dass die Eltern verstärkt in die Pflicht und in Verantwortung genommen werden müssen. Wenn es nämlich zu Suspendierungen kommt, dann muss es klarerweise ein Gespräch mit den Eltern geben, und wenn das nicht funktioniert, dann muss auch klar sein, dass dieser Fall an die Kinder- und Jugendhilfe wandert, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS.)
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