Landtag, 26. Sitzung vom 23.11.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 68
Wir müssen auch ganz klar die Grenzen unserer Toleranz aufzeigen: Keine Toleranz der Intoleranz! Wir müssen unsere Demokratie gegen alle extremistischen Feinde beschützen. Keine Toleranz der Intoleranz! Es gilt, hier eine ganz klare Linie zu ziehen. Menschen, die in Österreich eine neue Heimat suchen und nicht bereit sind, die Grundwerte unserer liberalen Demokratie vollständig anzunehmen, sind in Österreich nicht willkommen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Mag. Pühringer, und ich erteile ihr das Wort. Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP. - Rufe und Gegenrufe.) Darf ich um ein bisschen Ruhe ersuchen, Frau StRin Mag. Pühringer ist am Wort.
StRin Mag. Judith Pühringer: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen am Livestream!
Ich danke für diese Aktuelle Stunde mit diesem Thema. „Demokratie ist im Grunde die Anerkennung, dass wir, sozial genommen, alle füreinander verantwortlich sind.“ Das sagt Heinrich Mann, ein Schriftsteller, der es wissen muss, weil er unglaublich viele politische System erlebt hat, angefangen von der Kaiserzeit über die Weimarer Republik über die Nazi-Diktatur bis zum Exil in den USA, der am längsten bestehenden Demokratie der Welt.
Österreich ist ein demokratisches Land, und Wien ist eine demokratische Stadt. Das ist ein zentrales, wichtiges Gut, das wir alle verteidigen müssen. Diesbezüglich müssen wir wehrhaft bleiben. Warum? - Weil Demokratien zersetzt beziehungsweise zerstört werden können. Das zeigt unter anderem auch die spannende Ausstellung hier bei uns im Rathaus in der Wienbibliothek mit dem Titel „Die Zerstörung der Demokratie, Österreich, März 1933 bis Februar 1934“. Ich kann Ihnen den Besuch dieser Ausstellung sehr empfehlen. - Wir müssen daher alle unablässig dafür arbeiten, füreinander verantwortlich zu sein, und das gilt natürlich ganz besonders für die Schulen, für die Kinder und Jugendlichen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die nächste Generation, also junge Menschen in Wien müssen, egal, woher sie kommen, egal, welche Sprache beziehungsweise Sprachen sie sprechen, Demokratiewissen nicht nur erwerben, sondern sie müssen Demokratie in der Wirklichkeit in unserer Stadt jeden Tag erleben dürfen, um sich als WienerInnen, als BewohnerInnen und als Teil unserer Stadt zu fühlen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie Wien mitgestalten können und wollen und dass Wien die Stadt ist und bleibt, in der sie gesehen und gehört werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Wie schon einige Vorredner und Vorrednerinnen vor mir bin ich auch kein großer Fan eines eigenen Fachs „Demokratie“. Es gibt bereits ein Fach, das „Geschichte und politische Bildung“ heißt. In diesem Fach können wir also Demokratiebildung machen, indem wir entsprechende Schwerpunkte setzen. Ich glaube, wir müssen in Wirklichkeit den gesamten Bereich der Schule mit Demokratie fluten. Wenn wir Demokratie in der Schule vorleben, wenn wir vorzeigen wollen, dass Chancen tatsächlich gerecht verteilt werden, dann werden wir Demokratie in der Schule tatsächlich fluten. Dann brauchen wir kein eigenes Unterrichtsfach.
Wie ist es denn mit den Chancen in den Schulen? - Die Chancen sind extrem ungerecht verteilt. Schlechte Chancen in der Bildung werden immer noch vererbt. Wir haben ein extrem ungerechtes Bildungssystem, in dem fehlende Chancen immer noch weitervererbt werden. Ist das demokratisch? - Nein! Ist das die Demokratie, die wir unseren Kindern vorleben wollen? - Nein! Ist das die Demokratie, die die jungen Menschen prägen soll? - Nein.
Liebe FPÖ! Sie geben einem großen Teil der Kinder und Jugendlichen in unseren Schulen permanent das Gefühl, dass sie nicht dazugehören. Kinder werden beschämt und bloßgestellt. (Abg. Stefan Berger: 80 Prozent der außerordentlichen Schüler sind 2 Jahre lang in den Kindergarten gegangen Das müssen Sie wirklich hinterfragen!) Sie stellen Kinder regelmäßig bloß, indem Sie ihnen erläutern, ob sie zu Wien gehören oder nicht, indem Sie Listen von Kindern mit Migrationsgeschichte vorlesen. Sie stellen Kinder bloß. Sie beschämen Kinder, und Sie geben ihnen permanent das Gefühl, nicht dazuzugehören. (Abg. Stefan Berger: Das ist Ihre grüne Interpretation!) Das ist demokratiefeindlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, und das werden wir ganz sicher nicht zulassen! (Beifall bei den GRÜNEN.) Wenn wir von Wehrhaftigkeit sprechen, dann dürfen wir genau das nicht zulassen! Dann dürfen wir nicht zulassen, dass Sie Räume aufmachen, indem Sie Kinder beschämen und ihnen zeigen, dass sie nicht dazugehören, denn genau in diesen Räumen entsteht Hass. In diesen Räumen entsteht Gewalt. In diesen Räumen entsteht Menschenverachtung. Das werden wir nicht zulassen! Wehrhaftigkeit in einer Demokratie heißt, gegen jede Form der Diskriminierung, gegen jede Form von Hass, gegen jede Form von Sexismus, gegen jede Form von Antisemitismus, aber auch gegen jede Form von Verachtung von armutsbetroffenen Menschen durch ein Klima sozialer Kälte aufzustehen, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zur Demokratiekompetenz in Zeiten wie diesen gehört gerade auch das Thema Medienbildung. Das wissen wir alle. Es ist extrem wichtig, Jugendliche auch dort zu erwischen, wo sie sind, nämlich online und auch dort ganz klar gegen Gewalt, gegen Rassismus, gegen Hass aufzustehen. Dazu braucht es ExpertInnen. Dazu braucht es Online-Sozialarbeit. Und ich bin sehr froh, dass wir Grüne auf Bundesebene ein großes Paket mit einem Budget von 800 Millionen EUR jedes Jahr für Extremismusprävention geschnürt haben. Es wurden bereits 4.000 Workshops gebucht, in Wirklichkeit ist alles ausgebucht. Wir brauchen noch viel mehr davon.
Es gibt 1 Million EUR für die Aufstockung von Trauma-Therapieplätzen. Es gibt eine neue Anlaufstelle für Extremismus. Es gibt Prävention auch im Sport. Ich bin sehr froh, dass es diese wichtigen Maßnahmen beim Bund gibt, und ich bin auch sehr froh, dass diese in Wien umgesetzt werden.
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