Landtag, 31. Sitzung vom 24.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 48
So viel zu Bundesebene, die, nehme ich einmal an, hier im Hause eh allen bekannt ist, als Erinnerung sind diese vier unterschiedlichen Stufen dann doch immer ganz interessant. Im Gegensatz dazu sieht nämlich das Wiener Volksbegehrengesetz ein einstufiges Verfahren vor. Im Wesentlichen ist es so, dass die Proponenten und Proponentinnen jederzeit einen Antrag auf Erlassung eines Landesgesetzes beim Magistrat einbringen können und diesem Antrag dann die sogenannten Volksbegehrenserklärungen - von uns oft Unterstützungserklärungen genannt - in erforderlicher Zahl anschließen müssen. Das war es. Das heißt, die Unterstützungserklärungen können jederzeit, ohne vorherige Anmeldung und Zulassung eines Verfahrens eingeholt, abgegeben werden, und es ist auch kein Kostenbeitrag zu leisten.
Warum habe ich das jetzt so ausgeführt? Ich glaube schon, dass es eine Situation ist - und ich sehe mich da jetzt nicht als Regierungsvertreter, sondern als jemand, der hier vor diesem Landtag auch sprechen möchte -, die Wien auszeichnet, weil wir einen wesentlich niederschwelligeren Zugang zu Volksbegehren gewählt haben, als es auf Bundesebene vorhanden ist. Es ist insbesondere nicht notwendig, dass es erst eine bestimmte Mindestanzahl an Unterstützungserklärungen braucht, die man mühsam sammeln muss, um dann ein Verfahren überhaupt erst fortsetzen zu können. Meines Erachtens ist damit eindeutig eine Situation hergestellt, in der man sagen kann, die Regelung in Wien ist insgesamt wesentlich bürgernäher als jene des Bundes.
In diesem Zusammenhang darf ich noch erwähnen, dass wie bei den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen auch bei Wiener Volksbegehren Personen, die aus alters-, krankheits- oder sonstigen Gründen zur Abgabe einer Unterstützungserklärung das Haus nicht verlassen können, auf Wunsch zu Hause, in Pflegeeinrichtungen, in Spitälern durch speziell gesuchtes Personal besucht werden. Das finde ich deshalb relevant, weil wir hier von einer Personengruppe sprechen, die in der Regel auch nicht über eine ID Austria verfügen, also eher ältere Personen, und daher dieses System, dieses Hinausgehen oder zu den Menschen Kommen überhaupt erst das Unterstützungsrecht sicherstellt.
Alles in allem, so viel zur Einschätzung der rechtlichen Lage in Wien, eine Situation, von der ich durchaus glaube - ich hoffe, das sehen wir gemeinsam so -, dass man es auch für Wien würdigen kann und würdigen soll.
Zweiter Punkt, den ich erwähnen möchte, ist, soweit sich Ihre Anfrage auf Volksabstimmungen nach dem Wiener Volksabstimmungsgesetz und Volksbefragungen nach dem Wiener Volksbefragungsgesetz bezieht, darf ich festhalten, dass hier die Wiener Regelungen zur Form der Stimmabgabe auch den Regelungen des Bundes entsprechen müssen und dies auch tun. Das sind das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989, beides Gesetze, in denen auch der Bund keine Möglichkeit einer elektronischen Stimmabgabe vorsieht. Das ist durchaus verständlich, weil das Ergebnis einer Volksabstimmung einem gültig gefassten Gemeinderatsbeschluss gleichzuhalten ist, auf Basis der Wiener Stadtverfassung, und das Ergebnis der Volksabstimmung natürlich auch für die Landesebene gilt, bei einer ausreichenden Beteiligung gemäß § 131c der Wiener Stadtverfassung eine verbindliche Wirkung hat. Und in gleicher Weise ist es so, dass das Ergebnis einer Volksbefragung auf Gemeindeebene dem Gemeinderat zur Behandlung zuzuleiten ist, also die Validität in beiden Fällen wesentlich ist.
Bislang wurde vom Bundesgesetzgeber für sämtliche direkt-demokratischen Instrumente, deren Abstimmungsergebnisse unmittelbare Auswirkungen auf den Nationalrat haben - also ähnlich wie jetzt auf Bundesebene auf den Landtag oder Gemeinderat -, keine Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe wie auch für alle Arten von Bundeswahlen geschaffen. Und dazu möchte zusätzlich noch festhalten, dass auch der Verfassungsgerichtshof - bekanntlich war das anlässlich einer Überprüfung einer Hochschüler- und Hochschülerinnenschaftswahl - sehr hohe Anforderungen an alle potenziellen Möglichkeiten einer elektronischen Stimmabgabe gestellt hat. Das betrifft einerseits den Ausschluss der Verfälschung der Wahlergebnisse, andererseits die Möglichkeit der Überprüfung des gesamten Verfahrens durch den Verfassungsgerichtshof, ohne Abhängigkeit von Sachverständigen. Das sind alles Anforderungen des Verfassungsgerichtshofes, die selbstverständlich auch bei jeder potenziellen Veränderung, jeder potenziellen Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen in Wien und auf Bundesebene berücksichtigt werden müssten, weshalb auch der Bund bislang E-Voting oder Ähnliches mangels der Möglichkeit des Ausschlusses der Manipulierbarkeit weder bei Wahlen noch bei Volksabstimmungen noch bei Volksbefragungen umgesetzt hat. Ich für meinen Teil teile diese Bedenken durchaus auch für die Gemeinde- und Landesebene. So viel zu dem Versuch einer Einschätzung auf Basis Ihrer Frage.
Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, wir sprechen hier im Wesentlichen von der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 62, natürlich auch vielen anderen im Haus, jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktuell meinen Dank und meinen Respekt darüber aussprechen, dass bereits jetzt, also bereits jetzt ist eigentlich untertrieben, seit vielen Wochen mit großem Einsatz und Elan für alle Wienerinnen und Wiener die Europa-Wahl am 9. Juni vorbereitet wird. Dafür ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Ernst Woller: Danke für die Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Wölbitsch gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP): Sehr geehrter Herr Stadtrat, vielen Dank für den Exkurs über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die uns natürlich auch bewusst sind. Unsere Frage zielt natürlich darauf ab, ob Sie als Demokratiestadtrat noch weitere Reformen anstreben. Sie sagen ja auch immer wieder, Sie wollen mehr tun für die Demokratie in Wien, Sie haben verschiedene Pläne, Sie bekennen sich auch immer wieder dazu. Und in die Richtung zielt eigentlich auch unsere Anfrage ab, nämlich, ob Sie planen, vor allem, wenn es um die Unterstützungserklärungen geht - bei konkreten Abstimmungen
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