Landtag, 33. Sitzung vom 23.05.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 20
Einen Punkt muss ich der ÖVP schon lassen: Sie waren mit der Ausnahme von Othmar Karas - das haben wir zuvor gehört - wenigstens konsequent dagegen. Egal, ob es Abänderungen gab, egal, ob es 170 WissenschaftlerInnen gab, egal, ob es Stellungnahmen von Umwelt-NGOs gab, egal, ob auf Bedenken eingegangen wurde: Die ÖVP war und ist dagegen. Ich will Ihnen das auch hier ganz klar und wirklich sehr deutlich sagen: Ich finde das auch für unsere Landwirtschaft, ich finde das für unsere Lebensqualität, ich finde das absolut falsch. (Beifall bei den GRÜNEN.) Darum auch noch einmal an die ÖVP insgesamt adressiert, vielleicht in einer ein bisschen anderen Sprache: Es ist nie zu spät zur Umkehr, und wenn man den Geist der Bewahrung der Schöpfung wirklich ernst nimmt, dann ist man auch für ein EU-Renaturierungsgesetz, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Heiterkeit bei Abg. Stefan Berger und Abg. Mag. Dietbert Kowarik.)
Bei der SPÖ sieht das ein bisschen komplexer aus. Wir haben zum einen - ich habe es vorhin schon angesprochen - im Europaparlament seitens der SPÖ-Abgeordneten, auch Andreas Schieder, eine eindeutige Zustimmung bei beiden Abstimmungen zum Renaturierungsgesetz. Wir haben dann aber gleichzeitig auf der Ebene der Landeshauptleute, Landeshauptmann und Bürgermeister Ludwig gemeinsam mit den anderen Landeshauptleuten von SPÖ und ÖVP, zwei Mal die Zustimmung zur ablehnenden Länderstellungnahme, die letzte jetzt im April, die nach wie vor die aufrechte Länderstellungnahme ist. Wir haben das schon damals betont, als sie dann im Gemeinderatsausschuss und auch hier beschlossen wurde: Diese Länderstellungnahme hat es schon in sich. Ich möchte jetzt nur zwei Zitate daraus bringen, damit Sie auch wissen, was in dieser Länderstellungnahme, die noch immer aktuell gültig ist, steht.
Das erste ist: „EU-gesetzliche quantitative Vorgaben für die Schaffung von bestimmten Anteilen von Grünflächen in städtischen Gebieten sind absolut überzogen und unverhältnismäßig.“ (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Genau!) Das ist einmal die erste Stellungnahme, deren zumindest Kenntnisnahme auch Sie alle zugestimmt haben. Die zweite: „Wie die Kommission eine derart massive Priorisierung der Klimaschutzinteressen vorsehen kann, ist unverständlich.“ Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns einig: Wenn wir hier heute sagen, wir sind für Renaturierung, dann kann das nicht die Stellungnahme sein, hinter die sich auch das Land Wien stellt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Alles, was ihr nicht wollt, darf nicht sein!)
Im April dieses Jahres haben trotz vieler inhaltlicher Änderungen auch die Landeshauptleute noch einmal zugestimmt, und ich möchte auch noch einmal kurz aus dem Protokoll der Landeshauptleute zitieren, denn es steht ein wichtiger Punkt drinnen, der das jetzt auch alles so kompliziert macht. Im Protokoll steht: Die Ministerin wird an ihre verfassungsrechtliche Verpflichtung erinnert, bei der anstehenden Schlussbestimmung im Rat, also bei der Abstimmung auf europäischer Ebene, der EU, die Verordnung abzulehnen. Dort sind wir gerade, und, sehr geehrte Damen und Herren, es geht darum, dass wir diese Blockade jetzt endlich überwinden. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Das war im April. Ich möchte nochmal betonen, zu diesem Zeitpunkt waren alle Änderungen im EU-Renaturierungsgesetz bereits bekannt. Die SPÖ und die NEOS stellen heute einen Antrag, in dem sie das auch richtigerweise betonen. Sie sagen, nach den Trilogverhandlungen war klar, auf die Bedenken wurde eingegangen. Trotzdem hat man im April dieser Stellungnahme zugestimmt, und das ist die Schwierigkeit, die wir haben, denn Länderstellungnahmen sind eben, wenn sie einstimmig sind, für die Ministerin bindend. Eine einzige Stimme unter den Landeshauptleuten, ein Widerspruch dort hätte bedeutet, dass die Blockade im April bereits gelöst gewesen wäre, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es ist mir aber schon wichtig, das auch zu sehen und zu betonen: Wir sehen schon, es beginnt sich etwas zu bewegen. Es beginnt sich etwas zu bewegen, weil 170 WissenschaftlerInnen einen offenen Brief geschrieben haben, weil Umweltschutz-NGOs aktiv geworden sind, weil wir einen Sonderlandtag hier in Wien beantragt haben, weil einfach auch eine breite Öffentlichkeit zu Recht sagt: Renaturierung ist etwas, das wir für unsere Lebensqualität brauchen. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sie verwechseln da etwas, Herr Kollege! Ihre Meinung ist nicht die der breiten Öffentlichkeit!) Sehr geehrter Herr Kollege, ich nehme den Zwischenruf gerne auf, aber wenn Sie die Medien die letzten Wochen und Monate gesehen haben und wie dort auch über das EU-Renaturierungsgesetz diskutiert wurde, dann ist das, glaube ich, eine breite Öffentlichkeit. Und es zeigt noch etwas: Es zeigt, wie relevant Europa ist und wie relevant auch Wien in Europa ist. Ich nehme das sehr ernst, aber ich weiß, dass das die FPÖ nicht so ernst nimmt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Jetzt geht es also um die Klarheit hinsichtlich der Länderstellungnahme. Ich weiß, wir haben dazu die letzten Wochen unterschiedliche Dinge gelesen und gehört: Die negative Stellungnahme vom April, die noch immer aufrecht ist, wir haben einen Brief von Lhptm Ludwig und Kaiser, die sagen, sie sind bereit, diese Haltung auch noch einmal zu überdenken. Das finde ich richtig und gut. Wir haben mehrere Statements seitens der Stadt, vom Landesrat, vom Bürgermeister, die auch sagen, sie sprechen sich inhaltlich für diese Renaturierung aus. Das finde ich gut. Wir haben gestern einen Tweet von Bgm Ludwig, der auch eine neue Länderstellungnahme ankündigt. Ich kenne die Länderstellungnahme oder den Vorschlag für eine neue Länderstellungnahme jetzt noch nicht, daher kann ich dazu auch noch nicht mehr sagen. Sie sehen aber, es bewegt sich etwas.
Mir ist jetzt wichtig, dass wir in dieser Bewegung aber zusätzliche Klarheit schaffen. Warum ist diese zusätzliche Klarheit so wichtig? Wir und ich ganz persönlich haben schon einmal erlebt, wie Andreas Schieder in der „Pressestunde“ behauptet hat, Leonore Gewessler habe es sich ja einfach ausgesucht, in Brüssel gegen das Renaturierungsgesetz zu stimmen. Es gab daraufhin einen Fakten-Check des „profil“ (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Na, Gott sei Dank! - Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Wer
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