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Landtag, 33. Sitzung vom 23.05.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 20

 

die Mitgliedstaaten verstärkt dazu bringen soll, Natur für künftige Generationen zu reparieren. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Denn derzeit sieht es nicht gut aus. 80 Prozent der Lebensräume sind in keinem guten Zustand. Wir müssen aktiv renaturieren, damit diese Naturräume und die Tiere und Pflanzen, die sie ja zu dem machen, was sie sind, nicht unwiederbringlich verloren gehen. Leider wartet das Gesetz noch immer - es wurde schon von dem Vorredner gesagt - auf einen Beschluss im Rat der EU-UmweltministerInnen. Es gibt vereinzelt Mitgliedstaaten, darunter leider auch Österreich, die sich noch nicht zu einer Zustimmung durchringen konnten. Was Österreich betrifft, lag das eben an dieser gemeinsamen ablehnenden Stellungnahme der Landeshauptleute. (Beifall bei den GRÜNEN. - Heiterkeit bei den NEOS.) Die bezog sich allerdings auf eine ältere Textfassung, wie wir wissen. Viele Einwände der nun veralteten Stellungnahme zu dieser früheren Fassung gehen mittlerweile ohnehin ins Leere. Meines Erachtens sollte die Stellungnahme die Ministerin also jetzt gar nicht mehr binden können. Ich begrüße daher den Vorstoß der Landeshauptleute von Wien und Kärnten, wieder Bewegung in die Sache zu bringen, und ersuche eindringlich alle Beteiligten, der Ministerin zu ermöglichen, im Rat nun tatsächlich für das Renaturierungsgesetz zu stimmen. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.)

 

Die Bedenken oder Ängste der Stakeholder muss man natürlich ernst nehmen, aber statt sie zu befeuern, wie das ÖVP und FPÖ gerne tun, muss man sie ausräumen, denn nach einem Beschluss im Rat der EU-UmweltministerInnen liegt es an den nationalen Regierungen, also auch der Österreichischen Bundesregierung, die Details zur Umsetzung auszuarbeiten. Das EU-Gesetz gibt nur die Ziele vor, ob jetzt damit Wälder aufgeforstet, Flüsse renaturiert oder Moore wieder vernässt werden und welche Flächen, welche Lebensräume wo dafür ausgewählt werden, ist in Österreich zu entscheiden, und das muss auch nicht zwangsläufig das Auflassen von landwirtschaftlichen Flächen bedeuten. Dafür wird ein Dialog zwischen Bund und Ländern, zwischen Stakeholdern aus Land- und Forstwirtschaft, mit ExpertInnen aus der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft notwendig sein, um Zielkonflikte auszuräumen, die es natürlich gibt, zum Beispiel zwischen der Renaturierung, der Ernährungssicherheit oder der Herstellung von erneuerbarer Energie. (Beifall bei den NEOS und von Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky.)

 

Diese Zielkonflikte müssen wir auflösen, werden wir auflösen können. Was auch ganz klar ist: Die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen muss natürlich mit der Freiwilligkeit der jeweiligen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer ohne Enteignung und mit positiven Anreizen funktionieren. Wir sehen ja jetzt auch schon tagtäglich, dass es funktioniert. Wenn in Österreich renaturiert wird, passiert das immer mit Freiwilligkeit, und das wird auch in Zukunft so sein können. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Dann brauchen wir das Gesetz nicht, oder?)

 

Die Finanzierung ist dann über den EU-Budgetrahmen und auch über den österreichischen Finanzausgleich zu verhandeln, denn es ist klar, das wird etwas kosten. Das sind aber sehr gut eingesetzte Kosten. Ich möchte Sie alle einladen, sich ein Bild von Europa vor Augen zu führen, in dem die Natur wieder mehr Platz hat. Gerade wir als gelernte Österreicherin und Österreicher, die wir so stolz sind auf unsere schönen Berge, unsere ursprünglichen Wälder und Wiesen, unsere klaren Seen, was ja letztlich auch ein Wirtschaftsfaktor ist und auch Garant für Wohlbefinden und Gesundheit und Wohlstand, sollten da einen ganz besonders hohen Standard einfordern, damit es nicht so bleibt, sondern wieder besser wird. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Die österreichische Natur ist abseits der Tourismusprospekte leider nicht mehr so ursprünglich, wie wir uns das gerne glauben machen. Auch in Österreich sind die meisten Flächen in keinem guten Zustand, und die Biodiversität nimmt stark ab. Laut Daten des Umweltbundesamtes sind in Österreich mehr als die Hälfte aller Amphibien und Reptilienarten stark gefährdet, knapp die Hälfte aller Fische und ein Drittel aller Vögel und Säugetiere. 1.274 Farn- und Blütenpflanzen stehen auf der neuen Rote Liste Österreichs, davon wurden 66 Arten schon vergeblich gesucht. Etwa 75 Prozent der beurteilten 383 Biotoptypen, also Lebensraumtypen, in Österreich sind in eine Gefährdungskategorie eingereiht. 5 Biotoptypen sind völlig vernichtet, 33 sind von völliger Vernichtung bedroht und je 123 sind stark gefährdet oder gefährdet. Darunter sind viele Typen von Gebirgsbächen, Teichen, Wiesen, Haiden, Wäldern und Mooren, die in unseren Tourismusprospekten besonders gerne abgebildet werden.

 

Bei den Tieren sind auch besonders putzige beliebte Arten wie Steinbock, Fischotter oder Sumpfschildkröte dabei, was jetzt aber nicht von den hunderten gefährdeten Insektenarten ablenken soll, die im Sinne der Biodiversität für ihre Biotope so wichtig sind, vom wunderschönen Schmetterling bis zu unauffälligen Käfern und Schnecken.

 

Damit steht Österreich nicht besser da als andere Staaten. 80 Prozent der natürlichen Lebensräume in Europa sind in einem schlechten Zustand oder schon zerstört, aber wir alle brauchen intakte Lebensräume, um das Artensterben aufzuhalten und um die negativen Auswirkungen der Klimakatastrophe wie Extremwetterereignisse, Überschwemmung, et cetera zu reduzieren.

 

Wenn man sich das bewusst macht, wird auch verständlich, dass die Wiederherstellung der Natur auch in Geld gemessen werden kann. Renaturierung bedeutet auch, dass Naturkatastrophen mildere Auswirkungen haben oder erst gar nicht eintreten - Stichwort: Hochwasserschutz. Biodiversität wird zum Beispiel auch von der Landwirtschaft mit den so wichtigen Bestäubern und Nützlingen hoch geschätzt. Allein der Nutzen der Bestäubung von Kulturpflanzen durch Bienen und andere Insekten wird auf etwa 5 Milliarden EUR geschätzt. Man muss sich jetzt vorstellen, was es kosten würde, das alles künstlich herzustellen. Wie kann man die Bienen und Bestäuber ersetzen? (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Geht nicht!)

 

Renaturierte Feuchtgebiete speichern CO2, statt es abzugeben - da geht es um die Wiedervernässung der Moore -, und Renaturierung wirkt sich natürlich positiv auf das Mikroklima und das Makroklima und auf die Gesund

 

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