Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 79
schöner Brocken Geld. Da überlegt man sich dann zwei Mal: Lässt man Wohnungen so lange leerstehen? Für die verbliebenen MieterInnen in der Rüdigergasse wäre die Leerstandsabgabe ein besserer Schutz, für die Menschen, die dringend Wohnungen suchen, würden in der Rüdigergasse Wohnungen verfügbar werden.
Jetzt gibt es, sehr geehrte Damen und Herren, wirklich keine Ausreden mehr, eine Leerstandsabgabe einzuführen, deswegen muss sie jetzt aus unserer Sicht auch kommen. Im November 2021 haben die Vizebürgermeisterin dieser Stadt und der Finanzstadtrat dieser Stadt einen Brief an insgesamt vier Ministerien geschrieben und gefordert, dass eine verfassungsrechtliche Grundlage für eine Leerstandsabgabe auf Landesebene zu schaffen ist. Salzburg, Tirol und die Steiermark haben längst Leerstandsabgaben eingeführt. In Wien hat man sich auf den Standpunkt gestellt: Ganz oder gar nicht. Jetzt ist ganz möglich, also gibt es jetzt keine Ausreden mehr, sehr geehrte Damen und Herren. Es gibt keine Ausreden mehr. 40 Jahre, nachdem das Wiener Wohnungsabgabegesetz durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, ist der Bann gebrochen. Die Länder haben die Kompetenz für die Leerstandsabgaben übertragen bekommen. Ich erspare Ihnen jetzt, vorzurechnen, wie viel sozialdemokratische Regierungschefs das nicht zustande gebracht haben. Nur ein Hinweis: Die Aufzählung beginnt mit Fred Sinowatz und endet mit Christian Kern. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die Landeskompetenz für Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben ist ein großer Schritt. Auf diese Reform haben wir 40 Jahre lang warten müssen, und es hat die Durchsetzungskraft der GRÜNEN gebraucht. Es ist ein weiterer wohnungspolitischer Meilenstein nach der Abschaffung der Maklergebühren. Auch das hat 20 Jahre gedauert, bis die GRÜNEN den Bann gebrochen haben. Die Länderkompetenz für die Leerstandsabgabe, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine gute Nachricht für die Menschen und eine gute Nachricht für die Natur. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Warum ist die Leerstandsabgabe eine gute Nachricht für die Menschen? Weil eine Leerstandsabgabe das Wohnungsangebot deutlich erhöhen kann und damit mehr für leistbare Wohnungen sorgt. Wir haben in Wien zirka 100.000 Wohnungen ohne Wohnsitz. Da sind natürlich Büros dabei, da sind Ordinationen dabei, da sind Wohnungen dabei, die auf Airbnb vermietet werden, aber eine erkleckliche Anzahl dieser Wohnungen steht leer. Und diese Wohnungen, sehr geehrte Damen und Herren, werden uns im Wohnungsangebot im Moment geraubt. Leerstand ist aus unserer Sicht Wohnungsraub, und diesen Wohnungsraub an jungen Menschen, an Familien müssen wir jetzt beenden, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Eine Leerstandsabgabe ist auch eine gute Nachricht für die Natur, denn jede bestehende Wohnung, die wieder vermietet wird, ist eine Wohnung weniger, die auf der grünen Wiese gebaut werden muss. Leerstand ist eben auch Bodenraub, und mit diesem Bodenraub an den zukünftigen Generationen müssen wir ebenfalls aufhören, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es gibt jetzt keine Ausreden mehr, das Bundesland Wien hat jetzt die volle Kompetenz für die Leerstandsabgabe, so wie es sich der Finanzstadtrat gewünscht hat, so wie es sich die Wohnbaustadträtin gewünscht hat. Mit der Kompetenz kommt aber auch die Verantwortung, und wir fordern Sie daher auf: Legen Sie endlich ein entsprechendes Gesetz vor!
Ich muss hier auch noch eine Vermisstenanzeige machen. Vielleicht ist es nicht der richtige Ort, aber bei der Polizei ist es wohl auch schwierig. Der Vermisste wird seit 19. Jänner 2024 vermisst, ist nicht mehr gesehen worden. Gesucht wird das Wiener Zweitwohnungsabgabegesetz. Im Herbst noch großmündig angekündigt, warten wir heute auf den Tag genau mittlerweile fünf Monate auf den überarbeiteten Entwurf. Der 19.1. war das Ende der Begutachtungsfrist. Dann hat es sehr lange gedauert, bis die Begutachtungsstellungnahmen veröffentlicht worden sind. Jetzt gibt es immer noch keinen überarbeiteten Entwurf, nichts, keine Reaktion auf die Stellungnahmen, nichts mehr gehört.
Vielleicht liegt es daran, dass die Verfassungskonformität im Begutachtungsverfahren massiv in Zweifel gestellt wurde. Die Unterscheidung zwischen Nicht-WienerInnen und Wienern ist wahrscheinlich mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar, und diese Unterscheidung ist ja auch - das habe ich schon mehrfach kritisiert - inhaltlich absurd. Wir unterscheiden jetzt zwischen der Wochenpendlerin aus dem Burgenland, die die Abgabe dann zahlen muss, und dem Bezirksvorsteher mit Zweitwohnsitz im Kleingarten, der die Abgabe nicht zahlen muss. Das ist sozial ungerecht und rechtlich nicht haltbar, sehr geehrte Damen und Herren. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist insgesamt ungerecht!) Vielleicht liegt es auch daran, dass die NEOS den Entwurf nicht genau genug gelesen haben und jetzt das Gesetz blockieren. Ob die Abgabe nämlich bestimmte leerstehende Wohnungen auch betrifft, ist unklar. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie mich KollegInnen von den NEOS in der letzten Debatte zum Nachdenken gebracht haben. Jedenfalls ist der vorliegende Entwurf denkbar ungeeignet, um dem Problem des Leerstandes konsequent entgegenzutreten. Insofern ist es vielleicht auch gut, dass er vermisst wird. Vielleicht sollte man den Vermissten auch gar nicht mehr suchen, sehr geehrte Damen und Herren.
Bringen wir doch lieber gleich eine ordentliche Leerstandsabgabe auf den Weg. Es gibt, wie gesagt, keine Ausreden mehr. Jetzt können wir eine Wohnungsplattform einführen, um Menschen auch diese Angst zu nehmen, dass sie ihre Wohnungen nicht vermietet bekommen und dann eine Leerstandsabgabe zahlen müssen. Wir können eine Abgabe einführen, die mobilisiert. Das war auch immer wieder eine Kritik seitens der Wiener Landesregierung. Es gibt keine Ausreden mehr, das nicht zu machen.
Die MieterInnen in der Rüdigergasse kämpfen noch. Sie kämpfen noch, aber sie brauchen Ihre Unterstützung, sehr geehrte Damen und Herren. Eine solche Unterstützung wäre die Leerstandsabgabe - gegen den Wohnungsraub, gegen die Spekulation, für mehr Wohnungsangebot. Das schöne alte Zinshaus in der Rüdigergasse steht fast völlig leer, und das muss nicht sein. Das Haus
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