Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 79
in der Rüdigergasse könnte ein Zuhause für junge Menschen oder Familien sein, die dringend eine Wohnung suchen. Bekämpfen wir den Wohnungsraub und machen wir diese Wohnungen wieder verfügbar, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Mag. Manfred Juraczka: Wer raubt wem was?)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Ich danke dem Herrn Abgeordneten für die Begründung. Ich eröffne die Debatte, wobei ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt. Zur Besprechung des Dringlichen Antrages hat sich Frau StRin Pühringer zu Wort gemeldet, und ich erteile es ihr. Bitte.
StRin Mag. Judith Pühringer: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende via Livestream!
Mit den Worten, ein zentraler Moment ist jetzt, es steht viel auf dem Spiel, heute geht es darum, ein Zukunftsprogramm auf den Weg zu bringen, hat die Ökonomin Clara Moder die 14. Armutskonferenz heuer in Salzburg eröffnet. Die Armutskonferenz gilt als eine der wichtigsten Foren für die Zivilgesellschaft und beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit gesellschaftlich relevanten, herausfordernden Themen unserer Zeit. Eine wirkliche Besonderheit der Österreichischen Armutskonferenz ist, dass bei dieser Konferenz nicht nur die Wissenschaft, nicht nur die Politik, nicht nur die Wirtschaft, nicht nur soziale Organisationen teilnehmen, sondern - und das ist ganz zentral - dass Menschen, die selbst von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, an dieser Konferenz teilnehmen. Diese Stimmen von unten, die man bei der Armutskonferenz hört, sind immer auch so etwas wie ein Seismograph unserer Gesellschaft. An diesen Stimmen können wir die Krisen, in denen wir gerade stecken, die Krisen, in denen wir gerade sind, ein Stück weit besser ablesen. Warum? Weil Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, diese Krisen immer als Erste spüren und oft am stärksten von diesen Krisen betroffen sind. Wir können also, wenn wir diesen Stimmen zuhören, auch am besten lernen, was es an gemeinsamen Anstrengungen braucht, welche politischen Lösungen es braucht und welche Schwerpunkte es braucht.
Eines der dringlichsten Themen, von denen die Menschen bei der Armutskonferenz vor zwei Monaten in Salzburg gesprochen haben - ich kann Ihnen nur empfehlen, sich dieses Zukunftsprogramm, das dort gemeinsam entwickelt wurde, genauer anzuschauen -, ist das Thema Wohnen, sehr geehrte Damen und Herren, das Menschenrecht auf eine leistbare, auf eine ökologisch nachhaltige und auch auf eine würdevolle Wohnmöglichkeit. Das ist zentral, sehr geehrte Damen und Herren.
Der Sozialbericht 2024 wurde heute schon öfter erwähnt, und ich finde es auch gut, sich den genauer anzuschauen, ihn tatsächlich zu lesen und politische Maßnahmen von diesem Sozialbericht 2024 abzuleiten. In diesem Sozialbericht 2024 kann man nachlesen und kann man sehen, dass in armutsgefährdeten Haushalten, also in Haushalten, wo Menschen leben, die von Armut und sozialer Ausgrenzung gefährdet sind, 39 Prozent aller Personen von einer hohen Wohnbelastung betroffen sind. Das heißt, sie müssen einen Anteil von 40 Prozent oder mehr des Haushaltseinkommens für Wohnkosten, für das Thema Wohnen aufwenden. Auch für 22 Prozent der Gesamtbevölkerung - auch das steht im Bericht - ist das Thema Wohnen, sind die Wohnkosten im letzten Jahr zu einer schweren Belastung geworden und haben deutlich zugenommen.
Ein weiterer Seismograph neben diesen Stimmen von unten ist die Anzahl der Delogierungen, die Anzahl der Räumungsklagen, und da sehen wir im letzten Jahr einen drastischen Anstieg in Wien - und das trotz des vom Sozialministerium ausgebreiteten Wohnschirms. Der Wohnschirm hat geholfen und auch der unablässige Einsatz - das möchte ich an dieser Stelle sagen - der vielen Trägerorganisationen in der Wohnungslosenhilfe, in der Wohnungssicherung. Weil diese Stellen, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnungslosensicherung, der Wohnsicherung extrem großartige Arbeit in dieser Stadt leisten, möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohnungslosenhilfe in Wien, der Wohnungssicherung in Wien ganz herzlich für ihre großartige Arbeit danken, sehr geehrte Damen und Herrn. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)
Ja, es gibt unglaublich viel zu tun, weil die Belastungen hoch sind. Das beginnt bei den Mieten, das betrifft auch die Nebenkosten, das betrifft die Energiekosten, das betrifft die Kaution, das betrifft Reparaturen und betrifft längst viele Einkommensgruppen, nicht nur armutsbetroffene Menschen, sondern betrifft ganz, ganz viele Menschen. Die Belastungen sind oft nach außen nicht sichtbar, die sieht man oft nicht. Wir erfahren aber davon, wenn wir diesen Menschen zuhören. Wir haben an dieser Stelle schon öfter von unserer Initiative „Zu Hause zu Teuer“ gesprochen. Wir wollen eine Volksbefragung in Wien für günstiges und grünes Wohnen einleiten.
Wenn wir mit Menschen auf der Straße sprechen oder auch Mails bekommen, dann hören wir diese Stimmen und wir hören zum Beispiel viele junge Menschen, die sagen: Eigentlich würde ich gerne ausziehen. Eigentlich möchte ich nicht mehr bei meinen Eltern wohnen, aber es ist schwierig, eine Wohnung zu finden. Wenn Sie sich die Preise anschauen - ich habe das ganz aktuell gemacht: Ein Preis für ein 14 m²-Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewegt sich im Moment bei 500 EUR, und ich frage Sie alle: Wer soll sich das noch leisten? Wie sollen sich das junge Menschen in Wien eigentlich noch leisten?
Wir erhalten natürlich auch Zuschriften oder wir sehen auch Häuser - die Rüdigergasse hat mein Kollege Georg Prack gerade angesprochen -, wo Menschen nach einem Besitzerwechsel damit konfrontiert werden, dass leere Wohnungen befristete Wohnungen werden, teure Wohnungen werden, dass leere Wohnungen einfach in Airbnb-Wohnungen umgewandelt werden. Viele Menschen müssen ausharren, weil sie sich eine andere Wohnung gar nicht leisten könnten, weil sie Mietverträge haben, die zum Leben reichen, aber weil sie sich gar nicht leisten könnten, sich nach einer Alternative umzuschauen.
Wir hören auch von einer Alleinerzieherin, die nach langer Krankheit endlich wieder einen 25-Stunden-Job hat, für diesen 25-Stunden-Job 1.170 EUR bekommt, wobei sich aber in Summe die Fixkosten für die Wohnung
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