Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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scheidungsfragen im Wohnviertel. Wir wollen aber auch
Bürgerinitiativen die Möglichkeit geben, etwa auf der website der Stadt Wien
ihre Vorstellungen zu präsentieren. Und wir wollen das Wiener Wahlrecht reformieren:
Wählen mit 16, ein stärkeres Persönlichkeitswahlrecht und ein Wahlrecht für
nichtösterreichische Mitbürgerinnen und Mitbürger auf Bezirksebene sollen hier
die Schwerpunkte sein. Ich möchte aber auch die Briefwahl einführen. Außerdem
bin ich der Meinung, dass all jene, die einen Zweitwohnsitz in Wien haben, in
Zukunft nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen werden sollen.
Zum Schutz der Demokratie gehört für uns auch der
Schutz der Medienfreiheit in Wien und die Förderung der Medienvielfalt. Wir werden
nicht zulassen, dass die Bundesregierung Medien zu Instrumenten ihrer Politik
macht, wie das derzeit mit dem ORF versucht wird. Wir werden demgegenüber die
Medienvielfalt, nicht-kommerzielle Medien, Freie Radios, Neue Medien und die
Aus- und Weiterbildung von Medienmitarbeitern fördern.
Modernität ist heute zur Anpassung an wirtschaftliche
Zwänge, zur Individualisierung und Entsolidarisierung verkommen. Wien steht
demgegenüber für eine politische Kultur, die auf ein Mehr an Demokratie und gesellschaftlicher
Beteiligung, ein Mehr an Wissen und Bildung, ein Mehr an Lebensqualität und vor
allem auch ein Mehr an menschlichem Miteinander, Vielfalt und Toleranz zielt.
Wien lässt die Gesellschaft nicht auseinanderbrechen.
Im Wien des 21. Jahrhunderts soll es mehr
Miteinander von Menschen geben, soll es neben individueller Aufgabenerfüllung
durch die Bürger auch die gemeinschaftliche Aufgabenerfüllung geben. Wo größere
Gestaltungsfreiheit gewünscht wird, soll es sie geben. Wo Schutz und Unterstützung
für Schwächere nötig ist, muss es sie geben. Die Stadt soll Eigenverantwortung
und größere Gestaltungsfreiheit ermöglichen, Integration, Schutz und
Absicherung aber ebenso bieten. Wir werden uns um ein Miteinander der
Generationen, der Geschlechter, der Kulturen und Lebensweisen in Wien bemühen.
Was Wien von anderen Städten unterscheidet, ist und
bleibt das Bekenntnis zur Integration der Zuwanderer in unsere Gesellschaft. Es
geht dabei nicht um die Frage OB, sondern WIE das Zusammenleben von
"alten" und "neuen" Bürgern funktionieren soll.
Dementsprechend lautet die Maxime der Wiener Integrationspolitik: nur ein
gedeihliches Miteinander, ein aktives Aufeinanderzugehen kommt allen
Bevölkerungsgruppen zugute, während andererseits Intoleranz, Ausgrenzung und
wechselseitige Hetze immer nur schaden.
Die Schwerpunkte unserer Integrationsarbeit sollen in
den kommenden Jahren sein: eine Sprach- und Bildungsoffensive für MigrantInnen,
also etwa kostengünstige und bedarfsorientierte Sprachkurse oder BegleitlehrerInnen
in den Schulen; mehr Chancen, insbesondere Ausbildungs- und
Arbeitsmarktchancen, für die Jugendlichen der 2. und 3. Generation; die
besondere Förderung der Eigenständigkeit von Frauen aus Migranten-Familien
durch Sprachkurse, Bildungsangebote und vor allem auch Arbeitsmöglichkeiten;
die Förderung von integrativem Wohnen. Es soll möglich sein, nach fünfjährigem
legalen Aufenthalt spezielle Integrationsgemeindewohnungen beziehen zu können.
Migration ist ebenso wie Integration in einer
Weltstadt von Format Normalität und soll daher als Normalität gesehen und auch
empfunden werden.
Wir werden daher einen unnachlässigen,
kompromisslosen Kampf gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus und
Antisemitismus führen und ich schlage dafür die Ausarbeitung einer "Charta
für das Miteinander" in Wien vor, die zukunftsweisend für Toleranz und
Weltoffenheit in unserer Stadt werden wird. (Beifall
bei der SPÖ.)
Akzeptanz und Toleranz in Wien umschließt alle
Menschen, alle Bevölkerungsgruppen, ebenso daher auch Homosexuelle und
Transgender Personen. Wir werden homosexuelle Lebensgemeinschaften überall dort
gleichstellen, wo immer es uns die Bundesverfassung erlaubt. Und wir werden
auch unverzüglich den Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz im Landtag
vorlegen.
Wien ist - und das erlauben Sie mir sehr bewusst auch
an den Schluss zu stellen - eine lebendige Kulturstadt, in der Alt und Neu
aufeinander treffen. Diese Stadt steht dank vieler für Freiheit der Kunst und
Vielfalt der Kultur und damit konsequenterweise auch auf der Seite der Kunst-
und Kulturschaffenden. Und die Stadt unterstützt sie gegen alle, die die
Freiheit der Kunst gefährden, einschränken oder funktionalisieren wollen. Die
Maxime der Kulturpolitik ist ein offenes kulturelles Klima, das aktuelle
Entwicklungen aufgreift und zu einem Teil des Stadtlebens werden lässt. Daher
soll auch die Förderung des neuen, innovativen und autonomen künstlerischen
Schaffens und nicht hauptsächlich des reproduzierenden Bereiches erfolgen.
Die Stadt nimmt Kultur auch als Wirtschaftsfaktor
ernst und wird sie durch ExistenzgründerInnenprogramme mit kulturellem
Schwerpunkt fördern. Wien will selbstverständlich in die Kultur investieren und
sich zum zentraleuropäischen Kreativitätszentrum entwickeln. Wien will sich als
Metropole moderner Architektur ebenso positionieren wie als Designzentrum, als
Modestadt, Medienstadt und als Stadt neuer Filmkultur.
Im Dialog mit Kunst- und Kulturschaffenden sowie
einer interessierten Öffentlichkeit wird Wien ein mittel- bis langfristiges
kulturpolitisches Leitbild, das Ziele, Schwerpunkte und die angestrebten
Veränderungen formuliert, ausarbeiten.
Wir wollen die vielfältige Theaterlandschaft Wiens auch
außerhalb des Stadtzentrums erhalten, finanziell absichern und für die große Zahl
von Freien Gruppen öffnen. Wir wollen neue Impulse für die Darstellende
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