Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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wieder gesagt: Der Bund darf nicht und kann nicht auf Kosten
der Sicherheit, der Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung sparen, und zwar
weder ein sozialdemokratischer Innenminister oder, wie es jetzt ist, ein
ÖVP-Innenminister. Selbst wenn ein Freiheitlicher Innenminister wäre, würden
wir auf demselben Standpunkt stehen. Auch da können wir uns finden. (Beifall
bei der FPÖ.)
Wir haben auch mit großem Interesse festgestellt,
dass Sie in Ihrem Wahlprogramm auch ein monatliches Mindesteinkommen je
Arbeitnehmer fordern, garantieren beziehungsweise zum Ausdruck gebracht haben,
dass Sie sich dafür einsetzen werden. 30 Jahre sozialdemokratische
Bundeskanzler haben das nicht gebracht, aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie
das jetzt in Wien anpeilen wollen, und wir sind sehr interessiert daran zu
sehen, wie Sie das verwirklichen werden.
Sie haben auch angekündigt, dass Sie in die Planungsprozesse
die Bürger einbeziehen werden. Das ist ja bisher weitgehend nicht geschehen.
Denken Sie nur etwa an das Projekt Wien-Mitte, wo die Bürger sogar explizit
ausgeschlossen wurden. Aber wir nehmen gerne zur Kenntnis, dass Sie auf diesem
Gebiet auch einen neuen Stil pflegen werden. Ich glaube, dass das etwas
Positives ist, weil es wichtig ist, dass die Bürger bei so großen Planungsvorhaben,
durch die ja auch ihre engere Umgebung, ihre engere Umwelt verändert wird,
wirklich ein gewichtiges Wort mitreden können.
Etwas, was uns schon im Wahlkampf irritiert hat und
woran es auch heute in Ihrer Regierungserklärung Anklänge gegeben hat - das ist
anscheinend ein bisschen eine self-fulfilling prophecy, man glaubt dann an
seine eigene Propaganda -, war, dass in der Wahlauseinandersetzung vor allem
von Seiten der SPÖ doch eine ziemliche Desinformationskampagne gegen die neue
Bundesregierung losgetreten wurde, und zwar in einer Dimension, die wirklich
noch nie da war. Sie wollten den Menschen weismachen, dass beispielsweise die
Pensionen in Gefahr wären, dass die medizinische Versorgung nicht mehr
gewährleistet wäre, dass das soziale Gefüge zusammenbrechen würde, dass die
Bildung, die Ausbildung, die schulische Struktur in Gefahr wären et cetera. Und
natürlich ist es Ihnen durch den Einsatz der Maschinerie, über die Sie noch
immer verfügen, gelungen, bei den Menschen durchaus auch Angst zu erzeugen,
sodass so mancher sich von dieser Propaganda täuschen hat lassen.
Ich glaube, dass es auch zur Sachlichkeit gehört,
dass man anerkennt, dass eben ein sehr hoher Schuldenstand bei den
Staatsfinanzen vorhanden ist, dass ein hohes Defizit vorhanden war und ist und
dass man daher eine Sanierungsphase angehen musste. Denn wenn man weiterhin
Schulden gemacht und angehäuft hätte, dann wäre weiterhin viel Finanzkraft einfach
in den Zinsendienst geflossen - es wird ohnedies noch Jahre dauern, bis man
hier abbauen kann -, und auch das führt natürlich zu einer großen Problematik
und zu einer sehr negativen Entwicklung. Und ich würde auch sagen, dass das
keine sehr gute Entwicklung ist, dass die, die dieses Defizit und diesen ungeheuer
hohen Schuldenstand von 2,2 Billionen S verursacht haben, sich dann,
wenn die Sanierungsphase eintritt, sozusagen in Fundamentalopposition ergehen.
Aber Sie haben damit - auch damit - die Wahl gewonnen.
Um zu zeigen, dass dem so war und dass Sie, Herr Bürgermeister, das durchaus
auch so sehen, möchte ich ganz kurz ausnahmsweise Sie direkt aus einem Interview
in der "Kleinen Zeitung" zitieren, weil diese Zeitung vielleicht in
Wien nicht so häufig gelesen wird. Da haben Sie unter der Überschrift "Das
war der Stoff, der den Traum wahr gemacht hat" gesagt: "In der Sache
glaube ich, unter politischen Bedingungen, die man als unangenehm
empfindet" - klar, wenn gespart wird, wenn auch gewisse Belastungen
vorhanden sind, dann ist das unangenehm - "- seien es die missglückten
Sanktionen der EU, sei es der direkte Griff in die Taschen -, sucht man sich
jemand, von dem man sich Unterstützung erhofft. In Wien gibt es besonders viele
Betroffene von der Regierungspolitik, Unfallrentner, Ambulanzbesucher",
haben Sie beispielsweise angeführt. "Das war der Stoff, aus dem der Traum
der Absoluten geschmiedet wurde."
Ich glaube, dass das durchaus wichtig war und dass
uns da eben etwas auf den Kopf gefallen ist, ungefähr so, wie Ihnen im Jahre
1996 etwas auf den Kopf gefallen ist, denn damals hat die damalige Bundesregierung
unter Führung eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers auch derartige
Belastungspakete geschnürt.
Ein dritter Punkt: Wir werden natürlich überall dort,
wo versucht wird, eine Politik zu machen, die unserer Meinung nach gegen die
Interessen der Stadt und der Bürger dieser Stadt ist, unsererseits versuchen,
dem etwas entgegenzuhalten und eine konstruktive Oppositionspolitik zu
betreiben. Sie haben heute in Ihrer Erklärung eine ganze Reihe von Punkten
angeführt, bei denen wir inhaltlich sehr entgegengesetzter - teilweise
diametral entgegengesetzter - Meinung sind, etwa als Sie hier relativ
undifferenziert die Osterweiterung beleuchtet haben. Diesbezüglich werden wir
sicher unseren bisherigen Standpunkt weiter vertreten, dass man hier, solange es
einen so großen Unterschied zwischen den Volkswirtschaften in den Aufnahmewerberländern
und den EU-Ländern gibt, jedenfalls Übergangsfristen braucht. Wir sind ja mit
dieser Meinung nicht alleine: In Österreich haben so große Institutionen wie
die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund auch diese
Standpunkte vertreten (Bgm Dr Michael Häupl: Und die SPÖ!), wobei der
Gewerkschaftsbund, aber auch die Arbeiterkammer sagen, dass die jetzt in
Diskussion befindliche Übergangsfrist von fünf bis sieben Jahren zu kurz sein
wird.
Ich anerkenne aber natürlich das Argument, dass man auch die
Entwicklung der Aufnahmewerberländer
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