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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 65

 

wieder gesagt: Der Bund darf nicht und kann nicht auf Kosten der Sicherheit, der Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung sparen, und zwar weder ein sozialdemokratischer Innenminister oder, wie es jetzt ist, ein ÖVP-Innenminister. Selbst wenn ein Freiheitlicher Innenminister wäre, würden wir auf demselben Standpunkt stehen. Auch da können wir uns finden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir haben auch mit großem Interesse festgestellt, dass Sie in Ihrem Wahlprogramm auch ein monatliches Mindesteinkommen je Arbeitnehmer fordern, garantieren beziehungsweise zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie sich dafür einsetzen werden. 30 Jahre sozialdemokratische Bundeskanzler haben das nicht gebracht, aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie das jetzt in Wien anpeilen wollen, und wir sind sehr interessiert daran zu sehen, wie Sie das verwirklichen werden.

 

Sie haben auch angekündigt, dass Sie in die Planungsprozesse die Bürger einbeziehen werden. Das ist ja bisher weitgehend nicht geschehen. Denken Sie nur etwa an das Projekt Wien-Mitte, wo die Bürger sogar explizit ausgeschlossen wurden. Aber wir nehmen gerne zur Kenntnis, dass Sie auf diesem Gebiet auch einen neuen Stil pflegen werden. Ich glaube, dass das etwas Positives ist, weil es wichtig ist, dass die Bürger bei so großen Planungsvorhaben, durch die ja auch ihre engere Umgebung, ihre engere Umwelt verändert wird, wirklich ein gewichtiges Wort mitreden können.

 

Etwas, was uns schon im Wahlkampf irritiert hat und woran es auch heute in Ihrer Regierungserklärung Anklänge gegeben hat - das ist anscheinend ein bisschen eine self-fulfilling prophecy, man glaubt dann an seine eigene Propaganda -, war, dass in der Wahlauseinandersetzung vor allem von Seiten der SPÖ doch eine ziemliche Desinformationskampagne gegen die neue Bundesregierung losgetreten wurde, und zwar in einer Dimension, die wirklich noch nie da war. Sie wollten den Menschen weismachen, dass beispielsweise die Pensionen in Gefahr wären, dass die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet wäre, dass das soziale Gefüge zusammenbrechen würde, dass die Bildung, die Ausbildung, die schulische Struktur in Gefahr wären et cetera. Und natürlich ist es Ihnen durch den Einsatz der Maschinerie, über die Sie noch immer verfügen, gelungen, bei den Menschen durchaus auch Angst zu erzeugen, sodass so mancher sich von dieser Propaganda täuschen hat lassen.

 

Ich glaube, dass es auch zur Sachlichkeit gehört, dass man anerkennt, dass eben ein sehr hoher Schuldenstand bei den Staatsfinanzen vorhanden ist, dass ein hohes Defizit vorhanden war und ist und dass man daher eine Sanierungsphase angehen musste. Denn wenn man weiterhin Schulden gemacht und angehäuft hätte, dann wäre weiterhin viel Finanzkraft einfach in den Zinsendienst geflossen - es wird ohnedies noch Jahre dauern, bis man hier abbauen kann -, und auch das führt natürlich zu einer großen Problematik und zu einer sehr negativen Entwicklung. Und ich würde auch sagen, dass das keine sehr gute Entwicklung ist, dass die, die dieses Defizit und diesen ungeheuer hohen Schuldenstand von 2,2 Billionen S verursacht haben, sich dann, wenn die Sanierungsphase eintritt, sozusagen in Fundamentalopposition ergehen.

 

Aber Sie haben damit - auch damit - die Wahl gewonnen. Um zu zeigen, dass dem so war und dass Sie, Herr Bürgermeister, das durchaus auch so sehen, möchte ich ganz kurz ausnahmsweise Sie direkt aus einem Interview in der "Kleinen Zeitung" zitieren, weil diese Zeitung vielleicht in Wien nicht so häufig gelesen wird. Da haben Sie unter der Überschrift "Das war der Stoff, der den Traum wahr gemacht hat" gesagt: "In der Sache glaube ich, unter politischen Bedingungen, die man als unangenehm empfindet" - klar, wenn gespart wird, wenn auch gewisse Belastungen vorhanden sind, dann ist das unangenehm - "- seien es die missglückten Sanktionen der EU, sei es der direkte Griff in die Taschen -, sucht man sich jemand, von dem man sich Unterstützung erhofft. In Wien gibt es besonders viele Betroffene von der Regierungspolitik, Unfallrentner, Ambulanzbesucher", haben Sie beispielsweise angeführt. "Das war der Stoff, aus dem der Traum der Absoluten geschmiedet wurde."

 

Ich glaube, dass das durchaus wichtig war und dass uns da eben etwas auf den Kopf gefallen ist, ungefähr so, wie Ihnen im Jahre 1996 etwas auf den Kopf gefallen ist, denn damals hat die damalige Bundesregierung unter Führung eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers auch derartige Belastungspakete geschnürt.

 

Ein dritter Punkt: Wir werden natürlich überall dort, wo versucht wird, eine Politik zu machen, die unserer Meinung nach gegen die Interessen der Stadt und der Bürger dieser Stadt ist, unsererseits versuchen, dem etwas entgegenzuhalten und eine konstruktive Oppositionspolitik zu betreiben. Sie haben heute in Ihrer Erklärung eine ganze Reihe von Punkten angeführt, bei denen wir inhaltlich sehr entgegengesetzter - teilweise diametral entgegengesetzter - Meinung sind, etwa als Sie hier relativ undifferenziert die Osterweiterung beleuchtet haben. Diesbezüglich werden wir sicher unseren bisherigen Standpunkt weiter vertreten, dass man hier, solange es einen so großen Unterschied zwischen den Volkswirtschaften in den Aufnahmewerberländern und den EU-Ländern gibt, jedenfalls Übergangsfristen braucht. Wir sind ja mit dieser Meinung nicht alleine: In Österreich haben so große Institutionen wie die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund auch diese Standpunkte vertreten (Bgm Dr Michael Häupl: Und die SPÖ!), wobei der Gewerkschaftsbund, aber auch die Arbeiterkammer sagen, dass die jetzt in Diskussion befindliche Übergangsfrist von fünf bis sieben Jahren zu kurz sein wird.

 

Ich anerkenne aber natürlich das Argument, dass man auch die Entwicklung der Aufnahmewerberländer

 

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