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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 65

 

und die Zukunft Österreichs verschlechternden Politik. Dafür haben uns die Wienerinnen und Wiener gewählt und darauf können sie sich in den nächsten fünf Jahren verlassen. Wien wird noch weltoffener und moderner, Wien wird sozialer und demokratischer. Unsere Stadt gibt damit sicherlich auch vielen anderen in Österreich Hoffnung in eine Entwicklung in die richtige Richtung. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.) 

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau Stadtrat Mag Vassilakou. Ich erteile es ihr.

 

StR Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich fange mit einer kleinen Korrektur, mit einem Wunsch an: "Stadträtin", bitte, wenn es geht - ich bin doch eine Frau.

 

Nachdem die erste Runde mehr oder weniger dazu gedient hat, das Wahlergebnis nachzubearbeiten, wäre es, so meine ich, nun doch an der Zeit, sich ein bisschen auf das Programm zu konzentrieren, und das möchte ich mit diesem Beitrag auch tun.

 

Für mich hat dieses Wahlergebnis auf jeden Fall eines gezeigt: Es war eine deutliche Absage an die Politik dieser Bundesregierung und es war auch ein deutliches Votum der Wiener Wählerinnen und Wähler für Weltoffenheit, für soziale Gerechtigkeit, für Solidarität und für Partizipation in dieser Stadt. Vieles davon hat sich natürlich auch als Grundsätze, auch als Vorhaben in jenem Programm niedergeschlagen, das uns gerade vorgelegt worden ist. Vieles in diesem Programm war sehr konkret und das kann man nur begrüßen. Doch fanden sich darunter aus grüner Sicht nach wie vor auch viele Überschriften und es hat auch einiges gefehlt.

 

Da ein besonderes Schlagwort - das schon auch mit vielen konkreten Maßnahmen und Vorhaben ausstaffiert ist -, eine besondere Säule in diesem Programm die Chancengleichheit ist, möchte ich mich auf diesen Bereich der Chancengleichheit konzentrieren. Chancengleichheit ist ein Begriff, den man gerade in der Wiener Politik auch in den letzten Jahren immer wieder in den Mund genommen hat, aber ohne die Setzung wirksamer Maßnahmen besteht die Gefahr, dass die Chancengleichheit nur auf dem Papier besteht, nur ein guter Vorsatz bleibt und dass davon zum Schluss nicht viel übrig bleibt, wenn man sich dann die Statistik und die Studien dazu anschaut, wie die Situation der Menschen in dieser Stadt wirklich aussieht.

 

Chancengleichheit - das hat auch der Herr Bürgermeister gesagt - hat etwas mit Beteiligung zu tun. Bei uns GRÜNEN heißt Beteiligung übrigens Teilhabe und diesen Begriff werden Sie in den nächsten Jahren sehr, sehr oft hören. (Beifall bei den GRÜNEN.) 

 

Chancengleichheit ist ohne Teilhabe eigentlich nicht denkbar und nicht zu gewährleisten, und Teilhabe ist nicht leicht zu erreichen, wenn man vieles nicht unternimmt. Daher möchte ich mich jetzt auf ein paar Bereiche konzentrieren und aufzeigen, was in meinen Augen sehr gescheit ist, was aber doch noch fehlt und worüber wir vielleicht in den nächsten Jahren noch weiter debattieren sollten und vielleicht auch das eine oder andere in dieser Richtung umsetzen könnten.

 

Ich fange an mit dem Bereich MigrantInnen, Vielfalt, Weltoffenheit. Wie sieht eine Politik der Teilhabe aus in einer Stadt, in der schon über 40 Nationen Tür an Tür leben, in einer Stadt, in der jeder Fünfte - fast jeder Vierte, könnte man sagen, wenn man die Eingebürgerten zusammenzählt - ursprünglich aus einem anderen Land gekommen ist?

 

Am Anfang dieses Kapitels möchte ich ganz herzlich zwei Kolleginnen begrüßen, von denen eine jetzt im Raum ist, und zwar Frau Anica Matzka-Dojder - wenn ich das jetzt richtig ausgesprochen habe - und auch Frau Nurten Yilmaz, die jetzt gerade nicht da ist. Diese beiden Kolleginnen bedeuten für mich schon etwas Besonderes, denn Integration ist ohne Teilhabe eben nicht denkbar. Da freut es mich schon sehr, zwei Partnerinnen hier zu haben, die in den nächsten Jahren genauso engagiert und vielleicht genauso kompromisslos dafür kämpfen werden, dass die Teilhabe, die jetzt in einem breiteren Ausmaß in diesem Wiener Gemeinderat und Landtag umgesetzt worden ist, auch in allen anderen Lebensbereichen und Politikbereichen in der Stadt umgesetzt wird. Denn das, was wir hier im Wiener Gemeinderat und Landtag erreicht haben, das steht noch aus. Es steht noch aus am Arbeitsmarkt, es steht noch aus am Wohnungsmarkt, es steht noch aus unter den Bediensteten der Stadt Wien. Es steht eigentlich noch in fast allen Lebensbereichen dieser Stadt aus, und wir haben noch viel zu tun, um in den nächsten Jahren einiges zum Besseren zu ändern.

 

So greife ich nun das Thema des kommunalen Wahlrechts auf: Ich finde es schon bedauerlich, dass es plötzlich heißt, dass es doch eines achtjährigen Aufenthalts bedarf, bis Migrantinnen und Migranten in Wien auf Bezirksebene - und, bitte, auf Bezirksebene, das ist wirklich nicht sozusagen der absolute Höhepunkt der Demokratie, der zu erreichen ist - wahlberechtigt sind. Das finde ich deswegen besonders bedauerlich, weil zuletzt im Wahlkampf immer wieder von fünf Jahren die Rede war und jetzt ist es doch wieder hinauf gegangen. Acht Jahre sind für uns GRÜNE wirklich nicht denkbar! Es ist wirklich auch nicht nachvollziehbar, weshalb Menschen aus EU-Ländern sehr wohl gleich, nachdem sie sich in dieser Stadt niederlassen, wahlberechtigt sein sollen, aber Menschen aus anderen Ländern wie beispielsweise der Türkei oder Jugoslawien oder aus afrikanischen Ländern aus irgendeinem unerklärlichen Grund eine Stehzeit haben, und jetzt noch dazu eine achtjährige Stehzeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich glaube, Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt brauchen nicht acht Jahre, um zu beweisen, dass sie mündige und wahlfähige und kandidaturfähige Bürgerinnen und Bürger sind. Ich glaube, man sollte, wenn

 

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