Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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wo ich auf die Kulturpolitik und auch noch einige andere Bereiche eingehe,
sehr wünschen, dass es möglich wäre - und ich habe positiv wahrgenommen, dass
der Herr Kulturstadtrat gesagt hat, er möchte sich insbesondere für den
heimischen Film einsetzen, und ich kenne auch die Haltung des Herrn Marboe -,
wenn es hier gelänge, einen weiteren Schritt, einen weiteren vehementen Schritt
gemeinsam getragen für den österreichischen Film zu setzen, der, und das können
wir auch ehrlich sagen, zu einem Großteil natürlich Wien-relevant ist.
Jetzt komme ich zu einem für mich kulturpolitischen Bereich, wo ich mich
immer wundere, dass gerade jene Parteien, die immer den Begriff der
Nationalidentität vertreten, der mir nicht sehr angenehm ist, aber den ich
einmal positiv interpretieren möchte, nicht erkennen und verstehen wollen, dass
gerade im Filmbereich dieser Begriff vehement getätigt wird! Wie Sie wissen,
bin ich ein leidenschaftlicher Kinogeher und möchte hier einen anderen Film
anführen, den ich filmisch hervorragend gefunden habe und wo ich mir gedacht
habe: Na servas, wie kannst du mit Film Geschichte umdrehen! Ich habe mir, ich
kann ihn durchaus empfehlen, er ist filmisch hervorragend, den Film "Thirteen
Days", den US-amerikanischen Versuch, die Kubakrise aus dieser Sicht neu
zu erzählen, angesehen. Wenn da jetzt viele junge Leute diesen Film sehen, dann
denken sie sich sicher: Ach, so war das mit der Kubakrise, ach, das war
interessant. Aber dort wird die ganze Abhandlung, welche Rolle Kennedy gespielt
hat und welche Rolle die Sowjets gespielt haben, in einer nachweislich schwer
manipulativen Form für ein Millionenpublikum auf der gesamten Welt gezeigt!
Amerika weiß, wie wichtig das ist, um in den Köpfen der Menschen Dinge zu
erreichen. In diesem Film sind die Armen die Amerikaner, die da ja wirklich von
den Sowjets heimgesucht werden. Kein einziger Sowjet darf auch nur auftreten!
Und da kommen diese Raketen nach Kuba - stimmt, bedrohlich. Dass gleichzeitig
in vielen anderen Bereichen schon Raketen auf die Sowjetunion gerichtet waren,
kommt in dem Film nicht vor. Ich spare mir das, dass ich das jetzt alles
unterteile.
Ich will damit nur sagen: Wenn es eine Möglichkeit gibt, auch seine eigene
Geschichte zu erzählen, eine europäische Geschichte, ja eine österreichische
Geschichte, die in vielen Bereichen anders ist, als sie gesehen wird, dann ist
es das Medium Film. Ein populäres Medium, in das zunehmend auch sehr junge
Leute gehen. Es zeigt sich im ORF - auf den möchte ich heute auch noch kurz
kommen -, dass die Quoten im Fernsehen speziell bei heimischen Produktionen
durchaus sehr hoch sind. Da verstehe ich die derzeitige Bundesregierung
überhaupt nicht, warum in diesem Bereich so wenig passiert und so vehement
gekürzt wird, und da sind wir von ihr stark abhängig, denn man kann von
Wien-Seite nicht alles gegensteuern. Kulturpolitisch, identitätsstiftend, wenn
ich das hier sagen darf, aber auch wirtschaftspolitisch spricht alles dafür,
den Film ernst zu nehmen.
Darum möchte ich ganz kurz auch auf einen Bereich eingehen, weil er dieser
Tage entschieden wird und auf den österreichischen Film auch maßgebliche
Auswirkungen hat, und zwar auf das ORF-Gesetz.
Da verstehe ich ja schon überhaupt nicht diese Kürzungsüberlegungen, die
dann noch dazu unter dem Argument "öffentlich-rechtlich" gebracht
werden. Wenn es einen vernünftigen öffentlich-rechtlichen Auftrag gibt, dann am
Wirtschaftsstandort Österreich, und ich sage hier in diesem Haus: Relevant in
Wien ist, Produktionsvoraussetzungen zu schaffen. Der größte Auftraggeber in
der Filmbranche ist der ORF. Ich habe hier zu wenige - und das geht jetzt in
Richtung Wien - Kooperationsangebote, gemeinsame Unterstützungen gesehen. Da
hätte man viel mehr machen können. Wenn jetzt auch von der schwarz-blauen
Regierung dem ORF Geld massiv weggenommen wird, so ist es doch unglaublich naiv
- um nichts Schärferes zu sagen - zu glauben, dass dann Privatfernsehen
insbesondere in heimische Produktionen investieren wird! Bitte schauen wir uns
ATV an, das sind ausschließlich Abspieldinger, die dort passieren! Wenn es
einen öffentlich-rechtlichen Auftrag gibt, dann den, in Österreich selber zu
produzieren und Voraussetzungen für heimisches Filmschaffen zu geben. Das höre
ich zu wenig und auch hier erwarte ich mir vom Kollegen Salcher einen Beitrag,
weil es für den Filmstandort Wien sehr wesentlich sein wird, wie das ORF-Gesetz
letztendlich aussieht.
Zwei kurze Bereiche noch ergänzend. Es hat vor der Wahl einen ersten, glaube
ich, positiven Versuch gegeben, auch die beträchtlichen Mittel des Presse- und
Informationsdienstes nicht ausschließlich der Gutenberg-Technologie und
verschiedensten drucktechnischen Dingen zukommen zu lassen, die uns überfluten.
Bis hin zur Subvention von Parteizeitungen kennen wir das, ich werde es kurz
machen: Rote und schwarze Parteizeitungen bekommen signifikante Beiträge. Aber
nicht nur Parteizeitungen. Ich blättere zum Beispiel durch das "News"
oder das "Format" und sehe da Seiten um Seiten um Seiten um Seiten
Beiträge vom PID geschalten, von einer auch ästhetischen, um nicht zu sagen
Erbärmlichkeit, sage ich halt mit Bescheidenheit dazu.
Jetzt ging man einen Schritt und sagte: Okay, versuchen wir einmal in einem
kleinen Pilotversuch, auch das Medium Film einzusetzen. Das war ein Kinospot,
der produziert wurde, in einem, glaube ich, ganz anständigen Wettbewerb, der an
junge Leute signalisiert hat: Hallo, wählen gehen! Ich fände es spannend, das
sage ich auch in Richtung Kulturstadtrat, ob Sie vielleicht auch mit dem PID
einmal Gespräche führen könnten, um auch Mittel des Presse- und
Informationsdienstes verstärkt in Richtung Film umzuleiten. Hier gibt es auch
einige durchaus positive Beispiele, zum Beispiel die spannende
Universum-Dokumentation - ich glaube, vor drei Jahren war die - über den
Stephansdom, wo gezeigt wurde, was der Stephansdom
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