Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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rasch überschritten
ist, was bedeutet, dass damit auch die Mieten teurer werden.
Und es gibt
natürlich noch einen wichtigen wirtschaftspolitischen Aspekt, den man nicht
vergessen sollte: Eine steigende Inflationsrate hat zur Folge, dass es umso
schwieriger gelingt, mit Niedrigzinsen die Hochkonjunktur wiederherzustellen.
Ich spreche jetzt gar nicht davon, eine Konjunkturflaute aufzufangen, sondern
davon, eine Eingrenzung dieser Entwicklung und in der Folge wieder eine
Aufwärtsbewegung zu bewirken. Ich denke, dass das alles insgesamt eigentlich
eine ernste Sache ist.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich erwähne das deswegen im Zusammenhang mit dem
Rechnungsabschluss, weil in den vergangenen Wochen die Klubobmänner von ÖVP und
FPÖ, aber auch von den GRÜNEN, nicht oft genug und nicht lautstark genug vor
einer Gebührenerhöhungswelle in Wien warnen konnten und darüber jammern konnten
- eine Gebührenerhöhungswelle, die nicht stattgefunden hat! Ich frage die
Herren Klubobmänner: Wo sind Sie denn eigentlich geblieben und wo sind Sie denn
eigentlich aufgetreten, als es um diese Springflut der Gebührenerhöhungen auf
Bundesebene gegangen ist? - Gemessen daran, hätte man eigentlich einen Aufschrei
in den Reihen der Freiheitlichen und der ÖVP hören müssen. Ich denke, dass die
freiheitlichen Minister am vergangenen Wochenende einiges an Kritik hinnehmen
haben müssen, weil sie ja sehr maßgeblich an dieser Erhöhungswelle mitgewirkt
haben.
In diesem Zusammenhang
eine Bemerkung zur Frage der Gebühren und Abgaben: Ich denke, dass es ziemlich
klar ist, dass die Stadt Wien nicht dem Vorbild des Bundes folgen wird und dass
es daher in Wien keine Gebühren- und Abgabenerhöhungen als
Geldbeschaffungsaktion geben wird.
Es ist aber,
glaube ich, noch etwas Zweites, Prinzipielles dazu zu sagen: Wir gehen davon
aus, dass es andererseits aber auch keinen Abgaben- und Gebührenstopp auf
unendliche Zeit, also ohne Auslaufdatum, geben kann, sondern dass das erstens
eine Frage der betriebswirtschaftlichen Kalkulation ist, dass also überlegt
werden muss: welche Kosten sind betriebswirtschaftlich notwendig, was kann
durch Einsparungen, durch Rationalisierungen aufgefangen werden?, und dass es
dabei zweitens um die Frage eines Abwägens geht: man wägt ab gegenüber dem, was
der Steuerzahler leistet, indem er, unter dem Gesichtspunkt der sozialen
Ausgewogenheit, einspringt für denjenigen, der sonst höhere Gebühren zahlen
müsste, da ja ansonsten allgemein das Prinzip gelten müsste, dass, wer eine
öffentliche Leistung in Anspruch nimmt, dafür normalerweise auch die vollen
Kosten tragen müsste, außer es kommen, wie gesagt, soziale Komponenten herein.
Es kann in
einer Zeit der begrenzten Budgets nicht sein, dass wir alle als Politiker quasi
sozusagen bequem sind und uns die Gebühren- und Abgabenerhöhungen einfach
ersparen und sagen, das zahlt der Steuerzahler. Genauso wenig ist Platz für die
Bequemlichkeit, Gebühren automatisch zu erhöhen, sondern dies ist eine Frage
der Sparsamkeit, der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Das soll hier einmal
mit aller Deutlichkeit gesagt werden.
Die Konsequenz
daraus ist daher, dass es natürlich keinen generellen Tarif- und Gebührenstopp
geben kann, ebenso wenig wie es eine generell angekündigte, herbeigeschriebene,
herbeigerufene Gebührenerhöhungswelle in Wien gibt. Aber ich denke, dass wir
hier sehr sorgfältig und mit großer Genauigkeit miteinander umgehen. Und an die
Adresse von Klubobmann Chorherr gesprochen: Gerade auch bei den Tarifen der WIENER
LINIEN wird es in diesem Jahr ungeachtet der Einschleifregelung für die
Euro-Umstellung keine Erhöhung geben. Wir verhandeln ja derzeit das
Zustandekommen des Finanzierungsvertrags. Damit wäre es meines Erachtens nicht
vereinbar, dass man gleichzeitig die Tarife erhöht. Ich erwähne das deshalb,
damit mit dem ständigen Herbeireden von Gebühren- und Tariferhöhungen endlich
einmal Schluss ist. (Beifall bei der
SPÖ.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der vierte Punkt, den ich erwähnen möchte, betrifft
einen Bericht des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung zur
Wirtschaft im Jahr 2000. Er ist im Mai 2001 veröffentlicht worden und er bietet
ein, glaube ich, sehr korrektes Bild der Entwicklung, die dadurch
gekennzeichnet ist, dass die Wiener Wirtschaft nicht im selben Maße an der
Hochkonjunktur Anteil haben konnte wie die österreichische Wirtschaft insgesamt
- was keine Überraschung ist, weil das bereits bei der Hochkonjunktur des
Jahres 1998 genauso der Fall gewesen ist.
Warum ist das
so? - Die Hochkonjunktur ist exportorientiert, insbesondere in den europäischen
Raum hinein. Es profitieren damit jene Wirtschaftszweige - die eben in Wien in
der Minderheit sind -, die auf einen Export in den Wirtschaftsraum der
Europäischen Union ausgerichtet sind. Auf der anderen Seite profitieren vor
allem jene Wirtschaftszweige, wo es um die industrielle Sachgütererzeugung
geht. Auch deren Anteil ist in Wien relativ gering. Daher ist das sozusagen
keine Überraschung, dass das so ist.
Umso auffallender,
nämlich interessant von der positiven Seite her, ist, dass auf einzelnen
Sektoren, die für die zukünftige Entwicklung sehr wichtig sind, die Wiener
Wirtschaft deutlich besser abschneidet als der Durchschnitt der
österreichischen Wirtschaft. Das ist insbesondere der Bereich Verkehr und
Nachrichtenübermittlung, wo wir deutlich besser liegen: Die Wertschöpfung stieg
in diesem Bereich in Wien mit 3,7 Prozent deutlich stärker als in anderen
Bundesländern. In Wien ist der Bereich des Verkehrs und der Nachrichtenübermittlung
mit 8,4 Prozent Anteil an der gesamten Wertschöpfung stärker ausgeprägt
als in den anderen Bundesländern. Im Bereich der Informationstechnologie und
Telekommunikation ist die Bundeshauptstadt Wien einfach Vorreiter: 37 000
Be-
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