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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 127

 

Dramatik oder dazu, in irgendwelche Panikreaktionen zu verfallen, aber es ist ein Anlass, sich der Sache ernster anzunehmen und die Zusammenarbeit AMS und WAFF wieder anzukurbeln, die ja ohnehin eine starke Achse in Wien darstellt.

 

Ich sage das deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil ich den Eindruck habe, dass auf Bundesebene da ein ganz anderer Wind weht. Es ist noch nicht so lange her, da hat der Wirtschafts- und Arbeitsminister Bartenstein gemeint, man müsste die Lohnnebenkosten absenken, indem man die Arbeitslosenversicherungsbeiträge kürzt, was im Klartext bedeutet, dass weniger Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen. Und ich höre auch andere Stimmen auf Bundesebene, die davon reden, dass wir die Mittel der Arbeitsmarktpolitik eigentlich nicht brauchen würden und wo anders einsetzen könnten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das geht in einer Hochkonjunktur. Wenn wir nicht wissen, ob das Abschwächen der Hochkonjunktur nicht europaweit zu einer weiteren Schwächung führt, dann sind wir gut beraten, die Finger weg zu lassen von den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik. Ich mahne von dieser Stelle den Wirtschaftsminister und auch andere, sehr vorsichtig mit ihren Plänen zu sein, was den Umgang mit dem AMS betrifft und was den Umgang mit den Mitteln für die Arbeitsmarktpolitik betrifft. (Beifall bei der SPÖ.) 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der sechste Punkt: Wir haben in den vergangenen Jahren - und das gilt auch bereits für das Rechnungsabschlussjahr 2000 - intensive Bemühungen unternommen, um aus der geopolitischen Lage Wiens, die lange zum Nachteil der Stadt geraten ist, jetzt das Bestmögliche herauszuholen. Das heißt, dass wir uns auf diesen bereits in Entwicklung begriffenen neuen Wirtschaftsmarkt in den Nachbarländern im Osten einrichten. Das heißt, wir wollen uns nicht nur auf die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Unternehmungen, die bereits sehr stark fortgeschritten ist, beschränken, sondern wir wollen Wien zu einem Kompetenzzentrum, zu einem Wissenszentrum und zu einem grenzüberschreitenden Technologiestandort machen. Wir wollen das gemeinsam mit den Nachbarbundesländern Niederösterreich und Burgenland machen und das geschieht in einer Aktion, die der Bürgermeister vor kurzem auch mit den Landeshauptleuten präsentiert hat. "Vienna region" heißt die Formel dafür und in diesem Rahmen wollen wir etwa auch eine gemeinsame Forschungs- und Technologiegesellschaft "Vienna region" gründen.

 

Natürlich ist die Frage, ob wir auf diesem Gebiet erfolgreich sind oder nicht, nicht ausschließlich davon abhängig, wann es formell zur Erweiterung der Europäischen Union kommt, sondern es ist natürlich jetzt schon zu handeln und es ist jetzt schon notwendig, dass dieser Zusammenhang über die Grenze hergestellt wird.

 

Aber natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es wichtig, dass es überhaupt zur Tatsache einer Erweiterung der Europäischen Union kommt, denn man muss sich klar darüber sein, dass natürlich alle Initiativen, die hier auf der Ebene der Wirtschaftsunternehmen sowie auf anderen Ebenen, etwa zwischen den Wissenschaftszentren, entwickelt worden sind, Schritt für Schritt wieder abbrechen würden, wenn sich eine Tendenz dahingehend festigt, dass der Versuch der Europäischen Union, in diese Richtung zu gehen, nur ein Versuch gewesen ist und letztlich das alles wieder in sich zusammenbricht.

 

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, betrachte ich als Finanzstadtrat und Wirtschaftsstadtrat in Wien es als blanke Geschäftsstörung, wenn jetzt mit Schlagworten wie Volksabstimmung oder Volksbefragung ein Klima aufbereitet wird - offensichtlich für einen bevorstehenden oder künftigen Wahlkampf -, durch das eine Verunsicherung, sowohl im eigenen Land als auch natürlich bei den Nachbarn, hergestellt wird. Ich frage mich, ob das in irgendeiner Weise zu rechtfertigen ist, denn letztlich beruht die Europäische Union auf dem Prinzip, dass jeder europäische Staat der Europäischen Union beitreten kann, wenn er deren Voraussetzungen tatsächlich erfüllt. Die Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist Gegenstand von Verhandlungen, aber es kann nicht so sein, dass man das einfach von vornherein mit einer Volksabstimmung abschmettert. Auch das muss hier einmal mit aller Klarheit gesagt werden.

 

Dass es nicht so ist, dass Wien quasi nichts von der Europäischen Union hat, hat sich erst jüngst erwiesen. 248,7 Millionen S stellt die Europäische Union - dies wurde vor kurzem beschlossen - für Wien bereit. Das ist Teil eines Strukturprogramms, das, wie gesagt, am 19. Juni in Brüssel beschlossen worden ist und bei dem es um einen Entwicklungsplan für die Jahre 2000 bis 2006 geht. Dabei geht es in erster Linie um die Wiederbelebung urbaner Gebiete, wie insbesondere in den Bezirken Brigittenau und Leopoldstadt. Das ist Teil eines Strukturfonds der Europäischen Union, aus dem in Modernisierung, in Ausbildung und in die Aufwertung öffentlicher Flächen investiert wird.

 

Siebenter Punkt: Es hat in Berlin vor einigen Tagen einen politischen Wechsel gegeben. Der Hintergrund für diesen politischen Wechsel war eine Finanzkrise, und zwar eine massive Finanzkrise, ausgelöst durch das wirtschaftliche Desaster der Bankgesellschaft Berlin. Wenn man das jetzt mit der Entwicklung der Bank Austria vergleicht und sieht, wie hier durch das Zusammenspiel und durch die Weiterentwicklung, durch eine vernünftige Fusionspolitik eine der großen Banken in Europa zustande gebracht worden ist und über den Technologiefonds, der aus der Stiftung der AVZ-Anteile zustande kommt, auch entsprechende Mittel zur Verfügung stehen und die Bank Austria die Möglichkeit hat, gerade in diesem Ostbereich tätig zu

 

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