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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 127

 

unter Beweis gestellt worden. Die Telekom wurde privatisiert - die Aktien sind im Keller. Bravo! Hervorragend! Da werden wir uns ja alle als Aktionäre der Telekom furchtbar freuen, dass wir Geld verloren haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer war denn das jetzt mit "selber schuld, wenn man sie kauft?" Ich habe sie ja Gott sei Dank nicht gekauft. Ich habe dieser Bundesregierung nicht geglaubt. Aber viele andere haben dieser Bundesregierung geglaubt und sind eingefahren. Sie haben es anscheinend vorher gewusst und haben sie nicht gekauft, wenn Sie sagen "selber schuld". (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wie schaut es denn aus mit der AUA? - Da stellt sich ein Aufsichtsratsvorsitzender hin und erzählt, er wird abgelöst, wird nicht abgelöst, wird abgelöst. Das ist Wirtschaftskompetenz? - Ich sage Ihnen wirklich: Das ist peinlich, nicht Wirtschaftskompetenz!

 

Oder das Nulldefizit! Das ist vorhin auch vom Herrn Kabas gekommen. Es wurde noch nie so viel Geld für Regierungspropaganda - da hat er die Wiener Stadtregierung gemeint - ausgegeben. Ja, schauen wir uns doch an, wie viel Geld diese Bundesregierung ausgibt. Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Wenn Sie sich gegenseitig vorwerfen, was Sie alles falsch machen, dann haben Sie beide Recht.

 

Ich sage Ihnen: Wir GRÜNE lehnen diese Regierungspropaganda der Stadtregierung ganz genauso ab wie diese peinliche Regierungspropaganda der Bundesregierung mit Zukunft ohne Schulden. Es wird versucht, mit einem buchhalterischen Begriff, dem Begriff des Nulldefizits, möglichst viele Menschen daraufhin einzustellen, dass sie höhere Steuern zu bezahlen haben, höhere Gebühren zu bezahlen haben und dass es letztendlich - und dazu kommen wir dann später noch - mit diesen höheren Gebühren und höheren Steuern insgesamt gesehen zu einer Abschwächung der Konjunktur, von der auch Wien betroffen ist, zu einer Abschwächung der Wirtschaft, zu einem Verlust von Arbeitsplätzen und zu einer steigenden Inflationsrate kommt. Von alldem ist Wien betroffen.

 

Mit vielem der Kritik, die bislang geäußert wurde, hat die Sozialdemokratische Fraktion Recht gehabt. Aber umgekehrt muss man sagen: Das Eigenlob der Sozialdemokratie für Wien ist auch ein bisschen übertrieben. So viel hat Wien nicht wirklich gegengesteuert. So viel hat Wien nicht wirklich abgefangen.

 

Der Kollege Driemer hat vorhin gesagt: Wir haben in Wien viele neue Arbeitsplätze geschaffen, wir haben die Arbeitslosigkeit bekämpft. Dann schauen wir uns doch einmal eine Kennzahl an im Budget, die objektiv ganz deutlich macht, wie viele Arbeitsplätze es gibt in Wien, mit ganz wenigen Ausnahmen, und zwar Arbeitsplätze mit mehr als 10 Stunden in der Woche, die nicht von Menschen mit Behinderungen eingenommen werden und nicht von Menschen, die älter als 55 sind. Im Bereich der Menschen, die älter als 55 sind, wissen wir, dass die Arbeitslosigkeit nicht stark zurückgegangen ist. Gerade im Bereich der behinderten Menschen ist auch nicht damit zu rechnen, dass erheblich mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden. Und im Kommunalbereich - ebenfalls ein Bereich, der von der Dienstgeberabgabe ausgenommen ist - wurden auch Stellen abgebaut. Und trotzdem ist die Dienstgeberabgabe in Wien im Vergleich zu 1999 zurückgegangen. Das heißt, dass es in Wien weniger Arbeitsplätze gibt, die genügend Einkommen sichern, von dem man wirklich leben kann, als 1999. Dies trotz Ihrer angekündigten Arbeitsplatzoffensive, dies trotz WAFF et cetera. Das ist eine ganz objektive Kennzahl. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Godwin Schuster: Wir haben nicht die Ministerien ausgeräumt und wir haben nicht nach Niederösterreich verlagert!)

 

Noch einmal, damit Sie mich richtig verstehen: Es ist ja nicht alles so unbedingt als Vorwurf zu verstehen, nur, man soll sich nicht selber loben. Der Kollege Driemer sagt: Schauen wir es uns objektiv an. Und wenn man es sich objektiv anschaut, dann kommt man drauf: Es sind weniger Arbeitsplätze. Möglicherweise wurden im Bereich der geringfügig Beschäftigten mehr Arbeitsplätze geschaffen. Ja, das sind die Arbeitsplätze, die sich die Langzeitarbeitslosen wahrscheinlich immer gewünscht haben: Geringfügig beschäftigt arbeiten zu gehen und dann noch mit dem Arbeitsamt streiten, damit man vielleicht doch wieder ein bisschen Geld bekommt.

 

Also, das ist nicht unsere Arbeitsmarktpolitik. Als GRÜNE haben wir uns, was das betrifft, immer gewünscht, dass jeder Mensch, der einen Arbeitsplatz sucht, einen Arbeitsplatz bekommt, von dem er tatsächlich leben kann, nicht einen Arbeitsplatz, wo es zu einer Amerikanisierung der österreichischen Gesellschaft kommt, wo man versuchen muss, drei oder vier Arbeitsverhältnisse mit geringfügiger Beschäftigung gleichzeitig zu haben, um sich seinen Lebensunterhalt noch leisten zu können.

 

Und hier ist wohl einer der größten Vorwürfe, den man Wien machen muss, nämlich dass es in diesen Bereichen nicht gelungen ist, den schlechten Vorgaben der Bundesregierung irgendetwas entgegenzusetzen. Ich gebe Ihnen Recht. Die Vorgaben, die seitens der Bundesregierung kommen, sind eine Katastrophe! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es wurde ja schon viel geredet über Vorgaben. Und da waren zum Beispiel die ArbeitnehmerInnenrechte, wo groß gesagt wurde - ich glaube, auch vom Kollegen Kabas -: Angleichung Arbeiter und Angestellte. Also, kurz gesagt: Das, was passiert, ist gerade im Bereich der ArbeitnehmerInnenrechte eine Nivellierung nach unten, permanent.

 

Und bei der Wiener Wahl hat sich gezeigt: Die Wiener Wahl war nicht eine Wahl, ob Wien gut funktioniert oder nicht, sondern das war eine Wahl, wo deutlich dokumentiert wurde, dass dieser Kurs, den Blau-Schwarz momentan fährt, nicht länger akzeptiert wurde. Dieser Kurs der Bundesregierung wurde erstmalig bei der Wiener Wahl abgewählt und ich bin überzeugt davon, er wird auch 2003 abgewählt werden. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenruf des GR

 

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