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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 127

 

Investitionsquote in Wien im Sinkflug. Niemals mehr erreichen Sie die Werte der neunziger Jahre und auch in diesem Jahr stagniert die Investitionsquote bestenfalls. Wir wollen, dass Wien bei den Ausgaben spart. Und wenn der Herr Bürgermeister von einem strikten Budgetvollzug gesprochen hat und er Mehrausgaben in der Höhe von 6,3 Milliarden S verzeichnet, kann ich nicht wirklich erkennen, in welcher Weise hier die Stadt an den Ausgaben gespart haben soll.

 

All diese Dinge, Herr Vizebürgermeister, würde die Wiener Wirtschaft dringend brauchen. Wir wissen, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut der Wiener Wirtschaft ein Besorgnis erregendes Zeugnis ausgestellt hat - Sie haben darauf hingewiesen - und dass es auch mit der Beschäftigung in Wien wirklich Besorgnis erregend ausschaut.

 

Also, Herr Vizebürgermeister, Sie hätten jede Menge zu tun und statt dessen finden wir Sie, wenn ich mir die letzte Woche etwa anschaue, eigentlich mit völlig anderen Themen in den Schlagzeilen der heimischen Medien. Das lässt mich zweifeln, ob Sie Ihrer Funktion als Finanzstadtrat dieser Stadt überhaupt nachkommen wollen und nachkommen können. Ich meine da vor allem ein ellenlanges Interview, das Sie in der Zeitung "NEWS" gegeben haben und das nämlich mit den Stadtfinanzen gar nichts zu tun hat. Ich wundere mich, woher Sie überhaupt die Zeit hernehmen, sich mit etwas anderem zu beschäftigen, noch dazu, wo ich gehört habe, dass Sie auch keine Zeit gefunden haben und jahrelang Journalisten nicht erhört haben und mit einem Gesprächstermin vertröstet haben. Also ich wundere mich, woher Sie die Zeit für diese Geschichten hernehmen. Und da beschäftigen Sie sich in einem ellenlangen Interview mit dem, was von der angeblichen Spitzelaffäre von FPÖ-Politikern übrig geblieben ist, nämlich mit serienweisen Verfahrenseinstellungen für FPÖ-Politiker.

 

Jetzt kann ich zwar politisch nachvollziehen, Herr Vizebürgermeister, dass Ihnen das politisch nicht passt. Es passt Ihnen politisch nicht (GR Harry Kopietz: Böhmdorfer!), wenn der Staatsanwalt politische Vorverurteilungen, die Sie im Vorwahlkampf und im Wahlkampf ausgesprochen haben, nicht bestätigt. Das ist politisch sozusagen für Sie höchst unangenehm. (Berichterstatter VBgm Dr Sepp Rieder: Sehr mutig!) Was ich aber nicht verstehe und was wir alle nicht akzeptieren, ist die massive Kritik an der Staatsanwaltschaft, die Sie in diesem Interview anklingen haben lassen. Sie haben der Staatsanwaltschaft immerhin vorgeworfen, ich zitiere Sie: "Sie hätte das Verfahren stückweise filetiert und zu Grabe getragen". Herr Vizebürgermeister, da würde ich doch festhalten, das ist ein völlig unzulässiger Eingriff in die Justiz. Das ist auch ein völlig (Heiterkeit des GR Harry Kopietz.) unzulässiger Eingriff in zur Zeit noch laufende Verfahren. Das ist der gezielte Versuch, hier noch einmal politisch Stimmung und Druck zu machen, Druck auf die Justiz auszuüben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich kenne ja Ihren Lehrer. Möglicherweise haben Sie sich da an die Zeiten unter Broda erinnert. Dieses Stilmittel der Politik lehnen wir ganz entschieden ab. Da hört sich wirklich die Freundschaft auf! (Beifall bei der FPÖ. - Berichterstatter VBgm Dr Sepp Rieder: Das ist ein ganz schlechtes Kabarett, das Sie da machen!)

 

Sie sind ja an sich ein guter Jurist und ich habe mich gefragt, was hat Sie da geritten, dass Sie zu solchen unzulässigen Schlussfolgerungen kommen, nämlich zur Schlussfolgerung - das ist ja geradezu absurd -, dass sich dieses Thema für einen Wiener Untersuchungsausschuss eignen würde. Bitte dass das zur Gemeinde hier null politische Berührungspunkte gibt, das kann man wohl nicht in einem politischen Untersuchungsausschuss hier im Gemeinderat und im Landtag klären. Es ist ein völlig absurder Vorschlag, den ich überhaupt nicht verstehe. (GR Harry Kopietz: Sie verstehen viel nicht!) Und so nebenbei gesagt, Herr VBgm Mayr, Rieder, die Vorfälle ... (GR Harry Kopietz: Oh je! - Heiterkeit bei der SPÖ.) VBgm Mayr ist das Sinnbild der Macht. Er ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich die Funktion mit der Person verbinde. Aber Herr VBgm Rieder! So nebenbei gesagt, die Vorfälle am Spiegelgrund und das, was da politisch nicht passiert ist, würden sich wohl weit eher für einen Untersuchungsausschuss in diesem Landtag eignen, als irgendetwas mit angeblichen Spitzelvorwürfen.

 

Aber ich würde mir wünschen, wenn Sie in dem Zusammenhang (Berichterstatter VBgm Dr Sepp Rieder: Bei welcher Burschenschaft sind Sie?) wiederum Ihre politische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen und wenn diese Dinge möglichst rasch ausdiskutiert werden.

 

Ich darf Ihnen einen Ratschlag mit auf den Weg geben. Ich habe es von jemandem, der unter Broda auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig war, nicht verstanden, dass Sie im Zuge dieser Recherchen dieser Journalisten rund um den Fall Gross die BSA-Akten nicht geöffnet haben. Ich habe das nicht verstanden. Ich möchte Ihnen das als Wunsch mit auf den Weg geben. Ich glaube, das wäre angemessen. Das wäre die einzig richtige Vorgangsweise. Wir alle warten noch darauf, dass Sie im Zusammenhang mit diesen ungeheuerlichen Vorfällen, die wir hier leider erlebt haben, die BSA-Akten öffnen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir würden uns von Ihnen also erwarten und wünschen - wenn wir uns am Beginn einer neuen Periode in Wien etwas wünschen dürfen -, dass Sie sich stärker um Ihre Funktionen und Aufgaben als Finanzstadtrat kümmern. Wir würden uns wünschen, dass Sie Aussagen über neue Konzepte zum Thema Wirtschaftswachstum in Wien vorlegen. Wir würden uns wünschen, dass Sie Konzepte über Beschäftigungsmodelle vorlegen. Wir würden uns wünschen dass Sie mit der Verwaltungsreform endlich beginnen. (GR Johann Driemer: Auch beim Bund?) Wir fordern ein Bekenntnis über einen Belastungsstopp in Wien. Herum-

 

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