Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Auch hier sehen wir, wie die Förderung für Wirtschaft und
Gewerbe im Bund aussieht. Er hat für die Wirtschaft und das Gewerbe nur mehr
spärliche 0,6 Prozent der Gesamtausgaben oder in effektiven Zahlen
ausgedrückt 4,8 Milliarden S über. Wirtschaftskompetenz dürfte dem
Bund, sprich FPÖ und ÖVP, ein Fremdwort sein.
Auch bei den Betriebsansiedlungen und Betriebsgründungen
zeigt sich, wie das Wirtschaftsklima in unserer Stadt ist. 5 774 neue
Unternehmen weisen, glaube ich, auf eine eindeutige Richtung hin. Es ist dies
eine Rekordzahl, die kein anderes Bundesland erreichte. Gemessen an der
Bevölkerung war Wien mit 36 neuen Betrieben pro 10 000 Einwohner Spitzenreiter.
Die Schlusslichter - das haben wir heute auch schon gehört - sind
Oberösterreich und Kärnten mit 23 beziehungsweise 24 Betriebsgründungen.
Auch bei den Betriebsansiedlungen zeigt Wien eine
deutliche Position. 55 Prozent aller Betriebsansiedlungen in Österreich
sind - obwohl das angezweifelt worden ist, aber das sind eben Zahlen und Fakten
- in Wien erfolgt und da erübrigt sich eine weitere Darstellung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie
mich zum Schluss noch kurz auf das Thema "Arbeitsmarkt" eingehen. Ich
denke, dass sich die Wirtschaftspolitik einer Stadt von der Arbeitsmarktpolitik
nicht abkoppeln kann. So gesehen wirkt sich die erfolgreiche Wirtschaftspolitik
auch positiv auf die Arbeitslosenzahlen aus. In Wien ist es durch eine aktive
Arbeitsmarktpolitik gelungen, die Langzeitarbeitslosigkeit um sage und schreibe
43 Prozent zu senken, also fast zu halbieren. Insbesondere bei jenen
Menschen, die über 50 Jahre alt sind, die sozusagen zum alten Eisen
gehören, zeigt sich die Bilanz sehr, sehr positiv. Der Weg, den die Wiener
Stadtregierung eingeschlagen hat, war gesellschaftspolitisch richtig. Gerade
hier hat der Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds, der seit der Gründung
1995 über 36 000 Menschen eine neue oder höhere berufliche Qualifikation
ermöglicht und damit eine neue Berufschance eröffnet hat, hervorragende Arbeit
geleistet. Aber auch die Arbeitslosenzahl ist gegenüber 1998 um zirka
20 Prozent zurückgegangen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wo Licht
ist, ist auch Schatten. Hier wieder der Vergleich zum Bund. Mir bereitet der
Umgang der schwarz-blauen Bundesregierung mit dem Nationalen Beschäftigungsplan
große Sorgen. Mir bereitet auch der Umgang mit der Ausgliederung des AMS Sorge
und ich habe auch Sorge bezüglich der finanziellen Ausbeutung des
Arbeitsmarktservices. Da hat mir, obwohl heute von der Freiheitlichen Partei
schon darüber gesprochen worden ist, auch der Aufschrei gefehlt, dass im
Bildungsbereich mehr getan werden muss. Aber wer Bildungsbarrieren wie
Studiengebühren beschließt, wehrt sich anscheinend auch nicht gegen Mittelentwendung
im Bereich der Bildung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es
generell sehr ungerecht gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
dieses Landes, dass neben der höchsten Steuerbelastung, die es je in Österreich
gab, nun auch das Geld aus dem AMS, aus dem Arbeitsmarktservice, für die so
genannten schwarzen Nullen verwendet wird, jenes Geld, das die Arbeitnehmer
dieses Landes mit ihren Arbeitslosenbeiträgen zusätzlich zu den hohen Steuern
bezahlen werden müssen. Ich denke, man sollte das Geld dort belassen, wo es
hingehört, nämlich in den Kassen des Arbeitsmarktservices, und dort weiterhin
Bildungsprogramme finanzieren. Bildung ist eine Investition in die Zukunft,
sehr verehrte Damen und Herren. (Beifall
bei der SPÖ.)
Einen Punkt vielleicht noch hinsichtlich der etwas
konzeptlosen - Strategie kann man es nicht nennen - Arbeitsmarktpolitik der
Bundesregierung. Da wurde der Ruf der Wirtschaft, weil gerade im IT-Bereich
sehr viel Nachfrage herrscht, nach gut ausgebildeten IT-Fachkräften laut. Aber
die FPÖ, anscheinend noch gewohnt, ihre Oppositionsrolle zu spielen, blockt ab.
Dann wieder meldet sich der Kanzler, der nie viel redet, einmal zu Wort und
besticht mit einer Aussage: "Wir holen uns die fehlenden Fachkräfte aus
dem EU-Raum." Dann ist er draufgekommen, dass es diese Fachkräfte auch in
der EU nicht gibt, was auch Herr Klubobmann Kabas hier sehr deutlich dargestellt
hat.
Ich denke, es fehlen Fachkräfte, aber so einfach,
dass man jetzt auch die älteren Arbeitnehmer entdeckt, wie es auch der
Bundeskanzler dieser Bundesregierung getan hat, der die Menschen vielleicht bis
65 Jahre arbeiten lassen möchte, wird das auch nicht gehen. Es ist zwar
eine Milchmädchenrechnung: Wir haben ein gewisses Personal zur Verfügung, das
bräuchte eine andere Ausbildung und das - das ist heute auch schon gefallen -
schulen wir ganz einfach zu EDV- oder zu IT-Spezialisten um. Das ist reine
Theorie. Die Absicht ist gut und ist immer zu unterstützen, die Praxis, meine
sehr verehren Damen und Herren, schaut leider etwas anders aus. Ich glaube,
wenn wir ausbilden wollen, dann hätten wir schon lange damit anfangen müssen.
Alles kann man natürlich auch nicht der Politik zuschieben. Man kann auch der
Stadt Wien nicht vorwerfen, sie hätte gewisse Versäumnisse in diesem Bereich
gehabt, denn darin liegt auch eine Aufgabe und eine Verpflichtung der
Wirtschaft. Davon kann sich die Wirtschaft nicht lossprechen.
Zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren:
Der Vergleich macht sicher. Das ist das Motto dieser heutigen Debatte. Ich
glaube, der vorliegende Rechnungsabschluss dokumentiert die Verantwortungspolitik
der Stadt und den korrekten und sparsamen Budgetvollzug. Er ist das Ergebnis
guter Politik und harter Arbeit für die Menschen dieser Stadt. Er ist auch das
Ergebnis von sehr leistungsfähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser
Stadt, denen ich für diese Leistung herzlich danken möchte. (Beifall bei der SPÖ.)
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