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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 127

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als nächster Redner ist Herr GR Stark zum Wort gemeldet.

 

GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ein wesentlicher Bestandteil und Motor der Wiener Wirtschaft sind und bleiben die Klein- und Mittelbetriebe in Wien. Ich darf hier einige statistische Zahlen in Erinnerung rufen. Betrachtet man zum Beispiel die Leistung der Betriebe, dann erarbeiten Betriebe bis 99 Mitarbeiter über die Hälfte des Bruttoproduktionswertes. Oder: Betriebe bis 99 Mitarbeiter beschäftigen rund die Hälfte der Arbeitnehmer Wiens. Oder: Die Anzahl der Arbeitgeberbetriebe, die 1 bis 49 Beschäftigte haben, beträgt fast 98 Prozent, und nur 2,3 Prozent der Wiener Betriebe beschäftigen mehr als 50 Dienstnehmer. Aus diesen wenigen Zahlen erkennt man die Wichtigkeit der Klein- und Mittelbetriebe für Wien.

 

Nun habe ich aber mit einem gewissen Unbehagen, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, einen Bericht in der letzten oder vorletzten Ausgabe des Magazins "Format" mit folgender Überschrift gelesen: "Streit um Wiener Ankündigungsabgabe". In diesem Artikel wird Folgendes berichtet: "Die zuständige MA 4 fordert nun aber plötzlich von Kleinbetrieben, vom Wirt bis zum Autohändler, auch Ankündigungsabgaben für Werbetafeln ihrer Lieferanten, von Coca-Cola bis zu den Schildern der großen Automarken, und das bis fünf Jahre zurück. Strafandrohung bis zu 300 000 S." - So der Artikel.

 

In diesem Artikel, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, werden auch Sie zitiert: "Wir treiben nur alte Schulden ein." Hier, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, sehe ich einen Widerspruch, und ich ersuche Sie um Bestätigung Ihrer Aussage, nur alte Schulden eintreiben zu wollen und nicht neue Abgaben, wie man diesem Artikel fälschlich entnehmen könnte, vorschreiben zu wollen.

 

Als Steuerberater bin ich mit den gesetzlichen Vorschriften der Ankündigungsabgabe vertraut. Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen muss man für eine Cola-Tafel Ankündigungsabgabe entrichten. Ich weiß - unter anderem von meinen Klienten -, dass diese Abgabe auch immer entrichtet wurde und im Bereich des Gastgewerbes sogar vom Magistrat laufend mit geprüft wurde.

 

Da die Anzeigenabgabe in dieser Form nicht vorgeschrieben und eingehoben wird, mein Appell, mein Ersuchen an Sie, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, im Interesse der Kleinbetriebe Wiens einerseits nicht durch eine Aktion scharf zu starten, die ohnedies keine wesentlichen Mehrergebnisse bringen würde, andererseits die durch diesen Artikel entstandene Verunsicherung beziehungsweise Rechtsunsicherheit mit einer klaren Aussage, keine Anzeigenabgabe rückwirkend vorzuschreiben, zu entkräften. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dass zudem für das Anbringen einer einfachen Reklametafel eventuell auch noch Gebrauchsabgabe, die so genannte Luftsteuer, zu entrichten ist, ist übrigens ein weiteres Wiener Kuriosum.

 

Im Zusammenhang mit der Rechtsunsicherheit gibt es ein weiteres Problem, welches ich schon einmal aufgezeigt habe, das Fehlen einer Manuduktionspflicht in der Wiener Abgabenordnung. Andere Gesetze wie zum Beispiel die Bundesabgabenordnung oder das AVG normieren eine Rechtsbelehrungspflicht, die der Information der Bürger dient beziehungsweise für eine bürgernahe Verwaltung unverzichtbar ist. Außerdem ist festzuhalten, dass gemäß § 110 der Wiener Abgabenordnung die Abgabenpflichtigen die Verwaltung aus eigenem unterstützen müssen und daher eine erweiterte Servicepflicht der Behörde nur fair und gerecht ist.

 

Wir Freiheitliche fordern diese Fairness der Behörde gegenüber den Bürgern und werden daher in einer der nächsten Landtagssitzungen einen diesbezüglichen Antrag einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Auch unsere überhöhten Lohnnebenkosten sind zu einem internationalen Standortnachteil geworden.

 

Eine weitere große Belastung, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, bringt die Einführung des Euro für die Klein- und Mittelbetriebe. Abgesehen von den finanziellen Belastungen durch die Umstellung auf den Euro, auf die ich noch zurückkommen werde, wird eine Vielzahl dieser Betriebe als Wechselstuben agieren müssen. Bekanntlich muss der Unternehmer in der Übergangsphase Schillinge und Euro akzeptieren, darf das Retourgeld aber nur in Euro ausbezahlen. Was wird geschehen? - Die Kunden werden nicht in Schlange vor den Kreditinstituten stehen, sondern zum nächsten Greißler, Bäcker, Wirt, Fleischer oder Trafikanten gehen und dort die Semmel, die Wurstsemmel, das Achtel Wein oder die Schachtel Zünder, übertrieben gesprochen, mit einer 5 000-S-Banknote bezahlen. Das Wechselgeld muss in Euro retourniert werden.

 

Dies erfordert aber in der Übergangszeit, dass die Betriebe ein Vielfaches an Wechselgeld bereitstellen müssen. Dieses Wechselgeld, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Vizebürgermeister, muss zwischenfinanziert werden. Das bedeutet für diese Betriebe zusätzliche Kosten.

 

Um nun in der Anfangsphase ausreichend Wechselgeld zur Verfügung zu haben, gibt es so genannte Euro-Startpakete. Wissen Sie, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie schwer so ein Euro-Startpaket im Gegenwert von 2 000 S ist? - 2,5 Kilogramm! Für 2 000 S bekommen Sie 2,5 Kilogramm Münzen in Euro.

 

Einer meiner Klienten, ein Trafikant, hat mir erzählt, dass er für diese Übergangsphase 80 Kilogramm Euro bereitstellen muss. Wo kann man bitte diese Geldmenge verwahren? - Zusätzliche Kosten entstehen für die Versicherung, wenn hier überhaupt eine Versicherungsdeckung möglich ist. Wie Sie sehen,

 

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