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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 106 von 127

 

Aber die Kinder bewegen sich immer weniger. Orthopädische Untersuchungen, die an Wiener Pflichtschulen an Kindern zwischen 6 und 10 Jahren durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass 52 Prozent der Kinder Haltungsschäden aufweisen. Aber das Schulmöbelprogramm ist in Wien immer noch nicht umgesetzt. 40 Prozent der Schulanfänger weisen behandlungsbedürftige Zähne auf und 56 Prozent der Zwölfjährigen haben kariöse Zähne. Aber Zahnprophylaxe wird noch immer nicht flächendeckend an allen Wiener Kindergärten und Volksschulen durchgeführt.

 

Ganz wichtig ist mir auch die mentale Gesundheit. Immer öfter leiden Kinder unter psychischen Problemen, die oft nicht erkannt und nicht ernst genommen werden. Immer mehr Kinder leiden an Depressionen mit den Symptomen Traurigkeit, Freudlosigkeit und Antriebslosigkeit. (Zwischenruf bei der SPÖ.) - Ja, Sie nehmen das nicht ernst, wir hingegen nehmen das sehr ernst! - Ängste und Schlafstörungen, gepaart mit schulischen Problemen, können für die Kinder und Jugendlichen in ausweglose Situationen führen, und die Folgen sind oft Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch. Auch die zunehmende Gewalt der Jugendlichen ist ein Problem, vor dem wir nicht die Augen verschließen dürfen. (GR Martina Malyar: ... Verrohung der Sprache!)

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sie kennen unsere Forderungen. Einer unserer Ansätze ist, dass die Prävention nicht früh genug beginnen kann. Wir müssen die Institutionen Kindergarten und Schule viel wirksamer für gesundheitsfördernde und bewusstseinsbildende Maßnahmen nützen. Sehr geehrte Frau Stadträtin, wenn Sie das Projekt "Wiener Netzwerk gesundheitsfördernde Schule" für dazu geeignet halten, eine rasche Verbesserung der akuten Probleme zu erreichen, dann muss ich Sie fragen, ob Ihnen die eigentliche Dimension der Problematik und vor allem der Zeithorizont überhaupt bewusst sind. (GR Rosemarie Polkorab: Und wo sind Ihre Vorschläge?) In der ersten Phase des Projekts, meine Damen und Herren - sie hat drei Jahre gedauert (Zwischenruf bei der SPÖ.) - hören Sie zu und rechnen Sie mit, dann werden Sie sehen, wie lange es dauert! -, waren zwölf Schulen beteiligt, in der zweiten Phase des Projekts sind nun 32 Schulen in das Projekt eingebunden. Man kann mit einer einfachen Schlussrechnung ausrechnen, wie lange es dauern wird, bis alle Wiener Schüler von den positiven Auswirkungen dieses Projekts profitieren können. Bis auf diese Weise wenigstens die rund 150 Wiener Volksschulen eingebunden sein werden, wird es nämlich mindestens 36 Jahre dauern, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dann kämen erst die Hauptschulen und dann erst die allgemein bildenden und berufsbildenden höheren Schulen. (GR Martina Malyar: Gesundheitslehre ist ein Unterrichtsprinzip schon jetzt!)

 

Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Der Zeithorizont, bis zu dem dieses Projekt flächendeckend umgesetzt werden wird, reicht in die Unendlichkeit. Was Sie hier präsentiert haben, ist eine reine Augenauswischerei - nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber auch sonst ist Ihre Politik weit davon entfernt, eine Erfolgsstory zu sein. Ich erwähne nur: Blei und Trinkwasser. Dazu kennen wir ja dank des Vorsitzenden des Umweltausschusses, Herrn GR Hufnagl, Ihre Einstellung nur zu genau. Sehr geehrte Frau Stadträtin! In diesem Fall muss ich nicht nur an Sie als Gesundheitspolitikerin appellieren, sondern auch an Ihre Verantwortung als Medizinerin. Ich will heute nicht darüber sprechen, warum es so lange gedauert hat, bis die Gesundheitsstadträtin überhaupt über den Inhalt einer solchen Studie informiert war. Aber als Ihnen der Inhalt der Studie dann doch bekannt war - und dieser Inhalt ist doch zugegebenermaßen gesundheitspolitisch eher brisant -, haben Sie laut Herrn GR Hufnagl ein Interview gegeben. In diesem Interview haben Sie nach seiner Aussage eher beruhigt und haben das Gefahrenpotenzial, das durch den teilweise zu hohen Bleigehalt im Trinkwasser gegeben ist, abgeschwächt, nach dem Motto: Daran ist noch keiner gestorben. Herr GR Hufnagl war sehr enttäuscht darüber, dass dieses Interview nicht gesendet wurde. Ich denke, Sie sollten froh sein, dass die SPÖ im ORF so viele gute Freunde hat (Heiterkeit bei der SPÖ.), die ein solches Interview einer Gesundheitsstadträtin nicht ausstrahlen. (Beifall bei der FPÖ. - GR Rosemarie Polkorab: Wo sind Ihre Vorschläge? Machen Sie Ihre Vorschläge!) 

 

Denn wenn eine Fachfrau wie Frau Dr Pittermann es unterlässt, die Bevölkerung aus aktuellem Anlass auf die Gefahr von Blei im Trinkwasser hinzuweisen, dann halte ich dieses Verhalten nicht nur für unseriös und fahrlässig, sondern ich halte das für einen Skandal. (Beifall bei der FPÖ. - GR Rosemarie Polkorab: Der Skandal ist, dass Sie keine Vorschläge bringen können! Machen Sie es besser! Sagen Sie, wie Sie es besser machen!) 

 

Frau Stadträtin! Nicht nur der Wohnbaustadtrat und die Umweltstadträtin, sondern auch Sie hätten hier, wo es um die Gesundheit Tausender Wienerinnen und Wiener geht, dringenden Handlungsbedarf. Auf jeden Fall aber haben Sie in dieser Sache bis jetzt Ihre Informationspflicht nicht erfüllt.

 

Wenn ich daran denke, wie chaotisch im Gesundheitsressort oft die Planung von Bauvorhaben erfolgt - ich denke zum Beispiel an die katastrophalen Zustände in Lainz, wo die Patienten im Bauschutt, im Staub, neben dem Baumaterial liegen mussten -, wenn ich daran denke, wie viel Druck der Öffentlichkeit notwendig war, bis Sie in der Frage der anonymen Geburt begonnen haben, politisch zu handeln - da wurde sogar eine Frau, die bereits in den Wehen lag, aus dem Wilhelminenspital weggeschickt! -, wenn ich mir das alles vor Augen halte, dann mache ich mir große Sorgen betreffend die Unternehmenswerdung des KAV, die im kommenden Jahr einen breiten Teil Ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehmen wird.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr

 

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