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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 121

 

worden sind. Es sind da einerseits die Erkenntnisse, die es auf Seiten der geschlechtssensiblen Pädagogik gibt, einbezogen worden und andererseits auch Erfahrungen, die aus einer Studie des Frauenbüros der Stadt Wien gewonnen wurden, in der untersucht worden ist, welches Verhalten Mädchen im öffentlichen Raum an den Tag legen. Dabei ist ziemlich klar herausgekommen, dass Buben und Mädchen gleichermaßen, solange sie Kinder sind, im öffentlichen Raum präsent sind, gemeinsam spielen, aber dann, wenn sie älter werden und in etwa das Alter von 11, 12, 13 Jahren erreicht haben, die Mädchen quasi aus dem öffentlichen Raum verschwinden. Das ist natürlich einerseits leider auf Erziehung und auf tradierte Rollenklischees, die nicht mehr stimmen, zurückzuführen, aber andererseits liegt es natürlich auch an der Gestaltung dieser Wiesen, Freiflächen und Parks.

 

So hat man nun eben versucht, eine ganze Menge von Erkenntnissen in die Umgestaltung mit einzubeziehen. Es werden auch nicht die letzten beiden Parks sein, es wird noch eine ganze Menge weiterer Parks geben, so hoffe ich, die auf die Interessen von Mädchen Rücksicht nehmen. Das sind - ich habe das schon öfters gesagt - keine obskuren Dinge wie beispielsweise, dass man jetzt die Fußballkäfige rosarot anmalt und darauf hofft, dass sich die Burschen genieren, da hineinzugehen, und dann der Raum den Mädchen bleibt, sondern das sind durchaus sehr einfache Dinge, wie wegbegleitende Spiele, die Mädchen mehr nutzen als Burschen, die das weniger oft tun, oder wie Rückzugsmöglichkeiten oder Möglichkeiten zur Kommunikation von jungen Frauen. Aber es ist bei den Untersuchungen zum Beispiel auch herausgekommen, dass sich Mädchen in Käfigen, wo es nur einen Eingang gibt, oft bedroht fühlen oder in die Enge getrieben fühlen. Nun, was ist einfacher, als einen Käfig mit zwei Eingängen zu bauen? - Da ist ja eigentlich gar nichts dran.

 

Abgerundet wird dieses Angebot der geschlechtersensiblen Parkgestaltung dann durchaus auch mit Betreuerinnen und Betreuern, die darauf schauen, dass nicht nur Burschen mit ihren sehr platzaufwendigen Spielen den Park für sich beanspruchen, sondern dass Mädchen jede Menge Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten in den Wiener Parkanlagen haben.

 

Eigentlich fällt ja die Frage der Planung nach wie vor in das Umweltressort, aber auch im ureigensten Ressort der Stadtplanung gibt es eine ganze Menge von Dingen, wie eben beispielsweise im Bereich in der Stadtentwicklung und des Verkehrs. In diesem Zusammenhang hätte ich gerne Herrn Kollegen Neuhuber gesagt, dass das Wort Entwicklung per se schon auch den Gedanken der Zukunft in sich trägt und ich nicht glaube, dass man "Zukunft" irgendwo draufschreiben muss, damit auch Zukunft drinnen ist. Ich nehme für mich als sozialdemokratische Politikerin in Anspruch, dass alle unsere Geschäftsgruppen in Wien Zukunft machen und zukunftsorientierte Politik betreiben - und nicht nur dann, wenn sie so heißen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Auch im Bereich der Stadtentwicklung und des Verkehrs spielt, wie gesagt, die Geschlechterperspektive eine wichtige Rolle und soll einen fixen Platz haben. Ich denke in diesem Zusammenhang zum Beispiel daran, dass Frauen von ihrer Alltagsstruktur her viel komplexere Wege haben, viel mehr unterschiedliche Wege haben, die sie auch unterschiedlich bewältigen. So verfügen Frauen beispielsweise wesentlich weniger über Autos und legen sehr viel mehr ihrer täglichen Strecken zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Sie sind auch um einiges umweltbewusster.

 

Aber es ist auch der Frauenanteil unter jenen StadtbenutzerInnen relativ hoch, die irgendeine Art von Mobilitätseinschränkung oder Mobilitätsbeschränkung haben. Das sind einerseits Menschen, die Gehhilfen oder Rollstühle verwenden müssen - unter diesen sind auf Grund demographischer Gegebenheiten mehr Frauen, weil Frauen älter werden und daher öfter auf so etwas zurückgreifen müssen -, und das sind zum anderen Menschen, die mit Kinderwägen oder mit quängelnden Kindern in der Stadt unterwegs sind - dies sind, wie gesagt, auf Grund von tradierten Rollenklischees eben mehr Frauen. Gerade für diese in der Mobilität ohnehin etwas eingeschränkten Menschen ist es ganz besonders wichtig, dass wir ihnen öffentliche Verkehrsmittel anbieten, die sie mobil machen, die mit Rollstühlen oder mit Kinderwägen quasi auch befahrbar sind. Gerade für Frauen sind auf Grund ihrer komplexeren Wege, auf Grund dessen, dass sie zwischen Arbeit und Kinderabholen und Einkaufen und Nach-Hause-Fahren auch noch eine ganze Menge anderer Dinge erledigen, Radialverbindungen in der Stadt ganz besonders wichtig.

 

Frauen sind auch zu einem wesentlich höheren Anteil Fußgängerinnen - das vereint sie mit Kindern, mit Jugendlichen und mit älteren Menschen -, ergo ist auch die Qualität und die Sicherheit des Straßenraums etwas, was einen sehr hohen Stellenwert haben muss. Ganz einfache Dinge, wie beispielsweise die Breiten von Gehsteigen, ohne dass Autos, Querparker den Weg verstellen, oder die Abschrägung von Gehsteigkanten bei Kreuzungen, können Fußgängerinnen das Leben leichter machen, ebenso wie Grünphasen, für die man nicht Spitzensportlerin sein muss oder beim Frauenlauf mitgelaufen sein muss, um noch über die Straße zu kommen, sondern die lange genug sind, damit eben auch all die, die mobilitätsbehindert sind, drüberkommen.

 

Wenn ich an Fußgängerinnen und Fußgänger denke, dann fällt mir auch immer ein, dass es doch auch notwendig ist, den Leuten einen Platz an der Sonne zu gewährleisten. Ich glaube, dass wir in letzter Zeit oder überhaupt in der Vergangenheit die Menschen zu oft unter die Erde verdammt haben und oben drüber dann die Autos fahren haben lassen. Ich denke, es sollte doch umgekehrt der Fall sein! (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

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