Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
- Seite 111 von 121
Das, liebe Frau Doktor, ist nicht Theorie, die ich Ihnen
erzähle, sondern Praxis. Das ist nämlich alles schon passiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich muss Ihnen leider Folgendes sagen, da Sie sich
auf das Argument zurückgezogen haben: Ja, die GRÜNEN haben das alles schon
längst gefordert, wir haben ein so tolles Programm. Ich habe mit Interesse im
Frauenprogramm der GRÜNEN vor der Wahl gelesen, dass dort zum Beispiel
geschlechtersensible Parkgestaltung oder eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes
gefordert wurde.
Wenn ich das Programm der grünen FreundInnen und die
Realität der Frauenpolitik in dieser Stadt vergleiche, dann muss ich Ihnen leider
sagen: Was GRÜNE in ihren Programmen schreiben, haben SozialdemokratInnen schon
längst umgesetzt. Wir sind Ihnen in der Frauenpolitik zwei Schritte voraus! (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir freuen uns aber über alle MitstreiterInnen und in
diesem Zusammenhang unterstütze ich selbstverständlich auch den Antrag, den Sie
hier zur Frage der Familienquote eingebracht haben, denn ich glaube, das ist
auch in sehr hohem Ausmaß ein frauenpolitisches Anliegen. Ich denke, dass wir
dann bei uns im Ausschuss noch im Detail weiterdiskutieren sollten, wie wir
hier wirklich, real etwas erreichen können. Ich habe mich diesbezüglich auch
schon öffentlich geäußert und ich mache das auch gerne hier wieder. Ich glaube,
dass wir uns überlegen müssen, wie wir diese Warteliste - der Begriff
"Rückstau" gefällt mir im Zusammenhang mit Menschen gar nicht -
möglichst rasch abbauen können. Ich glaube, dass es realistischer ist, das über
Sonderquoten zu machen. Deshalb denke ich, wir sollten das im Ausschuss noch
weiter diskutieren, damit wir da zu einer Lösung kommen.
Damit komme ich zu dem Beitrag von Herrn Dr Ulm, der
sich ja sehr stark über die zugegebenermaßen harten Worte, die hier gefallen
sind, echauffiert hat. Der Begriff "unmenschlich" ist ein hartes
Wort, das stimmt, aber es ist hart, Herr Dr Ulm, wenn diese Bundesregierung
wirtschaftliche Notwendigkeiten gegen die Familienzusammenführungsquote und gegen
das Recht der Familien, zusammenzuleben, ausspielt. Ich will nicht darüber
diskutieren, wie das jetzt juristisch ist, aber das zeigt ganz einfach das
Niveau der Freiheitlichen, wenn es um Fragen der Menschlichkeit geht. Es geht
darum, dass wir wollen, dass Menschen zusammen leben können. Die Familienzusammenführungsquote
gegen wirtschaftliche Notwendigkeiten auszuspielen, das ist sehr hart, und da
denke ich, dass der Begriff der Unmenschlichkeit - auch wenn dieser sehr hart
ist - sehr wohl ein passender ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Und von Menschen zu fordern, Herr Doktor, dass sie
die Sprache beherrschen sollen, und ihnen damit zu drohen, dass sie, wenn sie
das nicht tun, des Landes verwiesen werden, aber gleichzeitig keine Sprachkurse
anzubieten, das ist - abgesehen davon, dass es unintelligent ist - sehr hart.
Aber dieser Vorwurf geht nicht in Richtung ÖVP - Sie unterstützen uns da ja
glücklicherweise -, sondern dieser Vorwurf geht in Richtung Freiheitliche: Auf
der einen Seite zu fordern, dass die Menschen die Sprache lernen, und gleichzeitig
gegen alle Sprachkurse zu stimmen, das ist nicht nur falsch, sondern das ist
auch zynisch, und auch dagegen möchte ich mich entsprechend verwahren. (Beifall
bei der SPÖ.)
Sie haben gemeint, Herr Dr Ulm, es geht im Moment in
der Integrationspolitik so viel weiter. - Ich merke nicht viel davon, denn es
gibt keinen Integrationsbeauftragten, wie es zum Beispiel der Integrationsfonds
gefordert hat, und auch die Sprachkurse sind nicht da. Es stimmt schon, es
wurde vom Herrn Innenminister angekündigt - und ich bin auch nicht angestanden,
trotz aller politischen Differenzen, die wir haben, ihm diesbezüglich meine
Unterstützung anzubieten und ihn hier auch zu unterstützen -, Aufenthaltsgenehmigungen
und Beschäftigungsbewilligungen zu vereinbaren. Was ist passiert? - Der Herr
Bundeskanzler hat gesagt: Nein, kommt nicht in Frage. - Es wurde vom Innenminister
weiters die Einführung einer Sonderquote für die Familienzusammenführung angekündigt.
Was ist passiert? - Die beiden Klubobleute Khol und Westenthaler haben gesagt:
Ende der Debatte! Passiert alles nicht!
Das ist die Realität! Ich stehe nicht an, auch wenn
ich mit Herrn Dr Strasser gerade in Sicherheitsfragen sehr unterschiedliche
Auffassungen habe, ihm hier meine Unterstützung anzubieten. Ich habe das auch
öffentlich getan, aber leider erfolglos. Offensichtlich ist die Achse
Khol-Westenthaler besser als die, die sich hier bemüht, vernünftige Lösungen
auch im Interesse der Wirtschaft zu finden. (GR Gerhard Pfeiffer: Alles wird
nicht gleich passieren, Frau Stadträtin!)
Herr Dr Ulm, wenn Sie sagen, die Wartezeit für die
Familienzusammenführung wird derzeit abgebaut, dann - seien Sie mir nicht böse!
- hat diese Bemerkung so viel Realitätsbezug wie die Behauptung des Herrn
Westenthaler, der nämlich gleich gesagt hat, es gibt überhaupt keine und wir
brauchen deswegen keine Sonderquote.
Und nun - weil Sie so ein Herz für die NGOs entdeckt
haben - zur Frage der NGOs im Wiener Integrationsfonds: Es stimmt, die
Zusammenarbeit mit NGOs ist nicht immer einfach, das erleben wir tagtäglich.
Das ist aber auch klar, weil es hier unterschiedliche Positionen gibt und weil
es eben Aufgabe der NGOs ist, sich mit sehr viel Engagement für ihre Themen einzusetzen.
Aber machen Sie sich keine Sorgen: In den wirklich wichtigen Fragen gibt es
eine exzellente Zusammenarbeit zwischen dem Wiener Integrationsfonds und den
NGOs! So unterstützen etwa alle NGOs den Geschäftsführer des Wiener
Integrationsfonds, Kollegen Seitner, in seinen Bemühungen und in seiner
Initiative für eine Protestnote gegen die integrations- und familienfeindliche
Politik der Bundesregierung. Da haben sich alle angeschlossen und haben ihn
vollen Herzens unterstützt. (Beifall bei der SPÖ.)
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular