Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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rigeres Budget zur Verfügung hat, damit auskommen muss und
dazu angehalten worden ist, teure ambulante Leistungen möglichst wirtschaftlich
zu verschreiben. Was heißt aber "wirtschaftlich verschreiben" für den
Einzelnen, der eine dringende Strahlenbehandlung braucht? - Das ist eine
Person, die vielleicht von weit her anreist, sich im Gezerre um
Kostenaufteilung zwischen Niederösterreich und Wien wiederfindet und
feststellt, dass der Linearbeschleuniger überlastet oder schon wieder kaputt
ist und das Geld für ein zweites Gerät nicht vorhanden ist.
Frau Stadträtin! Sie haben einen couragierten Brief geschrieben und
Probleme angesprochen, die wir tatsächlich für maßgeblich, für gravierend und
für dringend auf der Tagesordnung stehend ansehen. Das ist auch der Grund,
warum ich mich nach Kenntnisnahme dieses Schreibens entschieden habe, Sie darin
zu unterstützen, diese Forderungen durchzusetzen, und zu sagen: Wenn Sie unsere
Hilfe, unsere grüne Unterstützung in Ihrem Kampf um das ausreichende Budget
brauchen, dann werden Sie unsere Zustimmung haben.
Das war auch der Grund, warum ich nicht in den Chor jener anderen
Oppositionsparteien eingestimmt habe, die jetzt Ihren Rücktritt fordern, die
irgendwelche Kontrollausschüsse fordern und die hier großen Wirbel machen, nachdem
sie zuerst an diesem Unterausschuss für die Unternehmungswerdung des Krankenanstaltenverbunds
nicht interessiert waren.
Frau Stadträtin! Sie haben jetzt tatsächlich die Chance, Nägel mit
Köpfen zu machen. Sagen Sie laut, was Sie in diesem internen Schreiben Herrn
StR Rieder mit auf die Tagesordnung gegeben haben. Wir machen Ihnen die Mauer,
wenn Sie die Dinge auf den Tisch legen, um die es geht. Es kann nicht so sein -
und das ist jetzt meine Kritik an Ihnen -, dass jetzt, kaum ist der
"Betriebsunfall" passiert, wieder alles unter die Decke gekehrt wird
und alles zum "business as usual" zurückkehrt.
Frau Stadträtin, jetzt erlaube ich mir eine sehr persönliche Bemerkung.
Mit mir dürfte das ein Parteikollege, ein männlicher Parteikollege, nicht machen,
ich sage es Ihnen ganz offen. Herr StR Rieder hat geglaubt, einer
Sozialdemokratin, einer starken Frau, die Sie sind, ausrichten zu müssen: Das
Schreiben war emotional und Sie sind noch neu in Ihrem Job. - Wenn Christoph
Chorherr oder jemand anderer von den Herren der GRÜNEN mir das sagt, dann
kracht es nach Noten! Ich lasse mir nicht in der Öffentlichkeit meine
Reputation als Stadträtin abgraben, ich lasse mir doch nicht sagen, dass ein
sachlicher, ein qualifizierter, ein knallharter Brief, der von Fakten strotzt,
einer wäre, der bloß emotional wäre.
Herr StR Rieder, ich hoffe, Sie hören mich trotzdem, obwohl Sie mir den
Blick verweigern. Es ist ein Brief, der voller sachlicher Fakten steckt. Wenn
die Frau Stadträtin tatsächlich nur emotional gewesen wäre, einen Wutanfall
gehabt hätte - und ich kenne sie gut genug, um das feststellen zu können -,
dann hätte Sie gesagt: Sepp, das ist mir zu wenig Geld. - Dann hätten wir
darüber diskutieren können, ob sie Recht hat oder nicht. Was aber Frau StR
Pittermann gemacht hat, war eine Analyse, die nichts zu wünschen übrig lässt,
aber nach Konsequenzen schreit.
Sie kommen aus einer Partei, in der Frauen wie Frau Dohnal Politik für
Frauen machen und in der es - so habe ich immer gemeint - einen hohen Standard
an Selbstbestimmtheit der Frauen gegeben hat und hoffentlich noch gibt. Da
heißt es für mich, nicht zu sagen: oh, ich bin neu!
Ich muss Ihnen auch sagen - das ist vielleicht noch einmal eine
persönliche Bemerkung, weil ich Sie so sehr schätze -, ich respektiere Ihre persönliche
Freundschaft mit StR Rieder. Freundschaft ist, wenn es sie in einer Partei
geben kann, etwas sehr Wichtiges, weil das Leben hart genug ist. Aber der Herr
Stadtrat soll Ihnen nicht Blumen überreichen - das kann er auch machen, wenn er
Ihnen privat zum Hochzeitstag gratulieren will -, sondern er soll Ihnen das
Geld geben, das Sie brauchen. Bringen wir die Dinge auf die sachliche Ebene und
lassen Sie es sich nicht abkaufen!
Ich habe das - ich sage es ganz offen - eigentlich ziemlich peinlich
gefunden, wie er gestern gemeint hat, Sie durch eine Umarmung in der
Öffentlichkeit so weit an die Brust zu nehmen, dass Ihnen für Ihre Forderungen
die Luft ausgeht. Stellen Sie Ihre Forderungen, Sie finden unsere grüne
Unterstützung! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der Punkt ist, dass Sie jetzt auch eine Chance haben. Es ist ein
"Betriebsunfall", dass man hier öffentlich darüber diskutiert. Aber
nehmen Sie ihn als Chance zu sagen: Ich möchte gute Gesundheitspolitik in der
Stadt machen und dazu brauche ich die Ressourcen. Wir können über Einsparungen
reden. Hier werden Sie in den GRÜNEN sicherlich Partner und Partnerinnen
finden, wenn es darum geht, nach Sand im Getriebe und nach Dingen, die man
tatsächlich einsparen kann, zu suchen. Aber lassen Sie sich nicht die Dotation
abkaufen, die Sie als Basis brauchen.
Sie müssten sich als Sozialdemokratin meiner Ansicht nach auch
überlegen, worüber man nachdenken kann, ohne hier am Auftrag zu verzweifeln
oder zu scheitern. Ich kann mir nicht vorstellen, Frau StR Pittermann, dass Sie
tatsächlich überlegen, den Kostenbeitrag für die ambulante Pflege zu erhöhen,
also für die Leute, die ohnehin wenig Geld haben, die ohnehin wenig Einkommen
haben und jetzt schon ihren Kostenbeitrag zahlen. Da geht es ja um Zahlen, die
für die Masse der Menschen wenig sind, aber im Einzelfall hoch sind, wenn
jemand - um hier ein Beispiel zu nennen, das nicht unrealistisch ist -
6 400 S an Einkommen hat, 3 600 S als Pflegegeld bekommt
und jetzt schon 1 400 S Beitrag aus Pflegegeld zahlt. (GR Dr Elisabeth
Neck-Schaukowitsch: Der zahlt nichts ...!)
Wenn man das hinaufsetzt - und dazu gibt es Berechnungen -,
dass diese arme Person, diese Frau X
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